Ein trostloses Weihnachten ruft die Katastrophe wach, die Bethlehem heimsuchte
Illusion von Normalität an Jesu Geburtsort ist durch den Anblick der
Mauer, die die Stadt abwürgt, zerbrochen – und der Siedlung rittlings
auf dem naheliegenden Hügel.
Stadt. Die Melancholie ist allgegenwärtig: in den verschlossenen
Souvenirläden, in den noch offenen aber leeren Läden, in den gästelosen
Hotels, in den niedergeschlagenen Gesichtern der Einheimischen. Es
stimmt, dass am Nachmittag der Obst- und Gemüsemarkt voller Leben ist
und der Verkehr sich staut. Die Stadt ist für Weihnachten auch festlich geschmückt worden: seine bunten Lichter leuchten in der Nacht. Sonst ist hier nicht viel los.
Marktes leitet gibt eine Illusion von Normalität und einen Anschein von
Souveränität. Aber jede Illusion zerbricht beim Anblick der
Mauer, die die Stadt am Ende der Hauptstraße erdrosselt und der
Siedlung Har Homa, ein jüdischer Vorort, der der Stadt aufgezwungen
wurde, rittlings auf dem naheliegenden Hügel.
möglicherweise da, wo wir das letzte Wochenende verbrachten: das
Jacir-Palast-Hotel, früher das Intercontinental, die scheinbare
Kronjuwele von allen Bethlehemer Hotels. Ein
Gebäudekomplex aus Stein mit einer feinen, ornamentalen Fassade; dieses
teure Hotel hat ein großes Schwimmbecken, eine Menge öffentliche
Plätze, Tanz- und Konferenzsäle, Suiten, Cafés, Bars und Restaurants, und ist ein großes Brachland. Lange gedämpfte
Korridore, die nirgendwohin hinführen, seit Langem ungenutzte Räume
.Ein fünf-Sterne-Hotel mit mehr als 200 Zimmern, das verfällt.
ein Palästinenser aus Ramallah und ein arabisches Paar aus Haifa. Das
Frühstückbuffet war üppig, aber die Tische rund herum waren menschenleer. Eine Tourismus-Agentur aus Nazareth bot in dieser Woche drei Übernachtungen mit Frühstück während der Weihnachtswoche für 1050 Shekel [= 260 €] pro Person. Aber es ist unwahrscheinlich, dass das Hotel selbst zu diesem Preis voll wird.
Vor beinahe fünfzehn Jahren, im März 2002 überfiel die israelische Armee
die Stadt im Rahmen der Operation „Schutzschild“. Die Armee übernahm das Hotel und
brachte seine Soldaten dort unter. Dies war wahrscheinlich das letzte
Mal, dass das Hotel keine freien Zimmer hatte. Seitdem wurden die
Räumlichkeiten alle renoviert und alle Schäden, die der IDF verursachte, repariert, doch jetzt ist keine Seele zu sehen.
durch die Mauer, Rachels Grab, brandgeschädigt und matschig von
aufgebrachten Demonstrationen, die hier gehalten wurden.
Mitglied der palästinensischen Nationalen Sicherheitskräfte steht
während einer Weihnachtsbaumbeleuchtung Zeremonie außerhalb der Kirche
der Geburt in Bethlehem am 3. Dezember 2016. Foto Mussa Qawasma /
Reuters
worden, als sie die Soldaten im befestigten Turm, der Rachels Grab
beschützt, .in der Vergangenheit provozierten. In den letzten paar
Monaten, zwischen der Armee- Splitterschutzzelle und der Installation des großen Metall-Heimkehr-Schlüssels,
der direkt über dem Lager-Eintrittstor errichtet wurde, entlang der
örtlichen Friedhofmauer , wurden
große Mengen von Tränengasbomben verteilt, auch viel scharfe Munition
abgefeuert und nicht wenig Blut vergossen. Und all dies nur wenige hundert Meter vom Jacir-Palast-Hotel, wo an einem Dezember-Wochenende äußerste Stille herrschte.
die Besatzung konzentriert. Das Thema dieser Jahreskonferenz war
„Glaube, Sumud (Standhaftigkeit) und kreativer Widerstand“. Die
zweitägige Veranstaltung wurde von der früheren Ministerin
für Jerusalem-Angelegenheiten der Palästinensischen Behörde moderiert,
Hind Khouri; der palästinensische Geistliche Rev. Mitri Raheb hielt die
Eröffnungrede.
der der Eintritt nach Israel vor ein paar Tagen verwehrt wurde, weil
das WWC (Weltkirchenrat) den internationalen Boykott Israels
unterstützt. Der WCC-General-Sekretär, Rev. Olav Fykse Tweit, ein Norweger, dem es erlaubt war, nach Israel zu kommen, sprach auch bei
der Veranstaltung. Der Affront gegen seine Kollegin, die abgewiesen
wurde und der Ärger, der von seiner Organisation empfunden wurde, war
offensichtlich in seinen Bemerkungen, obwohl er sehr zurückhaltend war,
wie es sich für einen skandinavischen Geistlichen gehört. Die WCC-
Aktivisten in ihren braunen Westen sind ein familiärer Anblick in Bethlehem: die vom Morgengrauen bis zur Abenddämmerung am Checkpoint 300 stehen, um die anhaltende Situation dort zu beobachten. Dies ist die große harte Übergangsstelle,
an der Tausende von Arbeitern stehen, die die Genehmigung haben, Israel
zu betreten und jeden Morgen gedemütigt werden. Die Zeugenberichte der
Beobachter an ihre Kirchen sind ihre Sünde.
Hoffnung aus, wie man es auch von christlichen Geistlichen erwarten
kann. Ein Orchester und Sänger führten bewegende religiöse Hymnen auf
Arabisch auf, nachdem „Biladi,Biladi“ die palästinensische National-Hymne gesungen wurde.
nach Bethlehem verhaftet worden und zwar am sogenannten
Container-Checkpoint, der den südlichen Teil vom nördlichen Teil der
Westbank teilt. „Seine Stimme blieb am Checkpoint“, sagte der Moderator
poetisch.
Yassir-Arafat-Str.. Auf dieser Straße war ich im März 2002 auf der Höhe
der verlängerten Ausgangssperre, den die IDF über die Stadt verhängt hatte. Damals schrieb ich: „So
sieht die Stadt aus, die von der IDF (wieder)besetzt wurde: Die
Hauptstraßen sind verlassen und mit Trümmern bestreut. Mächtige
Panzerwagen stehen an allen Kreuzungen. Alle Türen, Fenster und Tore
sind verschlossen. Die Straßen sind von den Raupen der Panzer
verschrammt. Autos, die von den Panzern zerquetscht wurden, wurden zur
Seite der Straße geschoben. Telefonzellen, Strommasten und
Verkehrsinseln – alles zerstört. Steine, Ziegel, Haushaltsgegenstände,
verbrannte Reifen, verrostete Kessel und alte elektrische Geräte liegen
auf der Straße, vielleicht die Reste einiger schwacher
Widerstandsversuche … Die Todesstille, die in die Stadt eingetreten
ist, wird periodisch durch den Austausch von Schusswaffen gebrochen. Ab
und zu, knallt es in der Gegend … Der Anblick erinnert an Sarajevo im
Jahr 1993“.
der Ecke der St.-Paul-V.- Straße und auf der Marktstraße sah ich die
Errungenschaften dieses Krieges … Ich war schon auf Straßen unter
Ausgangssperre, aber niemals habe ich so eine Stille erlebt. Keine menschliche Stimme überquerte die Schwelle der Häuser, tödliche Stille, gespenstische Straßen. Die Stadt der Geburt (Jesu) ist die Stadt des Todes geworden.“
Seitdem haben sich die Dinge natürlich geändert. Es
gibt keine israelischen Soldaten, keine Panzer, nur die Mauer, Har Homa
– buchstäblich “der Hügel der Mauer” – und die Depression. Am Freitagmorgen, dem Ruhetag der Muslime, erinnert die Atmosphäre in den Straßen der Stadt an einen Schabbat-Morgen in Israel. Eine Aura der Ruhe. Alles
gibt Ihnen das Géfühl, sich im Ausland zu sein – schwer zu glauben, Sie
nur ein wenig mehr als eine Autostunde von Tel Aviv sind. Der Gebrauch des Schekels ist eine schlichthaltige Erinnerung daran, wer hier das Sagen hat ist, wer souverän ist. Ein
Tourist aus Venezuela zahlt einen Straßenverkäufer aus dem
Deheishe-Flüchtlingslager mit einem Geldschein, der die Abbildung des
Dichters Shaul Tchernikhovsky trägt. Könnte etwas verrückter sein?
Es
sind diese seltsamen Szenen, die an einem schönen Freitagmorgen kräftig
auf die schneidigen Fragen hinweisen: Was macht Israel hier? Mit welchem Recht fährt es fort, das Leben der Menschen hier zu verwalten? Mit welchem Recht?
Der Krippenplatz, vor der Kirche der Geburt, brummt mit Touristen. Gruppen von Pilgern aus Ghana und den Philippinen, aus Russland und Kolumbien strömen in die Kirche, die restauriert wird. Sehr wenige Pilger bleiben über Nacht in Bethlehem, zum Ärger der lokalen Hoteliers, Kaufleute und Straßenverkäufer. Aus dem Gepâckraum eines alten Opel, mit einem Generator auf dem Dach, bereitet ein Mann süße rosa, Zuckerwatte. Er dreht den Stock und bereitet mehr und mehr Bündel, in Plastik gewickelt, die er am Auto hängt. Es ist nicht wahrscheinlich, dass so viele dieser Süßigkeiten heute in dieser traurigen Stadt verkauft werden.
Restaurant Aftim Al-Yafawi, einem touristischen Lokal, das stolz darauf
hinweist, dass es im Jahre 1948 gegründet wurde, kostet eine Mahlzeit
von Hummus, Salat, Falafel mit einer Dose Sprite unglaubliche 15 Schekel
[=3,75 €]. Und
hier ist das Peace Center Restaurant, ein Souvenir aus den Tagen der
Wahnvorstellungen, die sich rasch in die Vergangenheit zurückziehen und
zu verblassenden Erinnerungen werden.