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NSU ABSCHLUSSBERICHT IN NRW Ausschuss kritisiert Rassismus bei Ermittlern


Von MiGAZIN, 7.
April 2017
. Nach zwei Jahren Ermittlungen hat der nordrhein-westfälische
NSU-Untersuchungsausschuss seinen Abschlussbericht vorgestellt. Darin wird eine
Reformen im Sicherheitsapparat angemahnt sowie eine stärkere Bekämpfung des
Rechtsextremismus.

 


Mit scharfer Kritik an der Arbeit der nordrhein-westfälischen
Sicherheitsbehörden hat der parlamentarische NSU-Untersuchungsausschuss am
Donnerstag im Düsseldorfer Landtag seinen Abschlussbericht vorgestellt. Bei den
Ermittlungen gegen die rechtsextreme Terrorgruppe „Nationalsozialistischer
Untergrund“ (NSU) habe es „Fehleinschätzungen“, eine „Vielzahl von
Unzulänglichkeiten“ sowie eine „unprofessionelle Zusammenarbeit“ gegeben, so
die parteiübergreifende Bilanz der Ausschuss-Mitglieder.

In den vergangenen zweieinhalb Jahren befasste sich der Ausschuss mit den
Ermittlungen zu drei Gewaltverbrechen, die dem NSU zugerechnet werden. Dabei
handelt es sich um den Bombenanschlag im Jahr 2001 in der Kölner Probsteigasse,
den Nagelbombenanschlag im Jahr 2004 in der Kölner Keupstraße und den Mord an
dem Dortmunder Kioskbesitzer Mehmet Kubasik im Jahr 2006. Der Bericht legt auf
1.150 Seiten dar, dass Hinweise auf rechtsextreme Täter weitgehend ignorierten
wurden. Stattdessen seien die betroffenen Familien der Opfer kriminalisiert
worden.
Mangelhafte Spurenverfolgung
„Unsere Gedanken sind bei den körperlich und seelisch Verletzten“, sagte
der Vorsitzende des Ausschusses, SPD-Rechtsexperte Sven Wolf. Er forderte einen
besseren Informationsaustausch der Sicherheitsbehörden: „Der Verfassungsschutz
muss mehr denn je ein Dienstleister für die Demokratie werden.“ Die rechte
Szene sei und bleibe gefährlich: „Wir müssen alle gemeinsam wachsam bleiben und
unsere Demokratie dagegen verteidigen.“
FDP-Ausschussmitglied Yvonne Gebauer rügte: „Wichtigen Spuren und Hinweisen
wurde nicht mit der nötigen Sorgfalt nachgegangen.“ Es habe grundlegende
Probleme in der NRW-Sicherheitsarchitektur gegeben, weil immer noch am
Terrorismusbegriff der 70er und 80er Jahre festgehalten werde: „Der
Rechtsterrorismus arbeitet aber nicht mit Bekennerschreiben.“
Institutioneller Rassismus
CDU-Ausschusssprecher Heiko Hendriks sagte, das Schicksal der Opfer müsse
eine Mahnung sein, den Rechtsstaat so aufzustellen, dass er auch dem
Rechtsterrorismus die Stirn bieten könne. Notwendig sei für die weiteren
Ermittlungen die Einrichtung einer zentralen elektronischen Bibliothek, die
alle Erkenntnisse zusammentrage und auf die alle Ermittler Zugriff hätten.
Grünen-Ausschussmitglied Verena Schäffer warf den Behörden „institutionellen
Rassismus“ im Zusammenhang mit den Fehleinschätzungen zum Täterhintergrund vor.
Mit Blick auf die beiden Kölner Sprengstoffanschläge heißt es in dem
Bericht unter anderem, über Jahre habe das Polizeipräsidium Köln versucht, den
Angehörigen „das nicht vorhandene Wissen abzupressen“ und dafür auch V-Leute
und Finanzermittlungen „als Druckmittel eingesetzt“. Fast ausschließlich sei
„diffusen Andeutungen auf Konflikte zwischen Türken und Kurden, Türsteherszene,
Zuhälter und insbesondere Schutzgelderpressung nachgegangen“ worden. Auch beim
Mord an dem Kioskbesitzer in Dortmund seien Anhaltspunkte auf eine
rechtsextreme Tat nicht gesucht worden.
Acht Untersuchungsausschüsse
In dem Untersuchungsausschuss wurden seit November 2014 in 54 Sitzungen 75
Zeugen gehört. Das Gremium reiht sich in eine ganze Reihe bundesweiter
parlamentarischer Aufarbeitungen zum Thema NSU ein. Entsprechende Ausschüsse
wurden seit 2012 bislang im Bundestag und in sieben Landesparlamenten
eingesetzt, um deutschlandweite Mord- und Gewalttaten des NSU sowie das damit in
Zusammenhang stehende Verhalten von Behörden des Bundes und der Bundesländer
aufzuklären.
Darüber hinaus wird seit inzwischen drei Jahren vor dem Oberlandesgericht
München der NSU-Prozess verhandelt. Angeklagt sind die mutmaßliche
Rechtsterroristin Beate Zschäpe sowie vier mutmaßliche Helfer. (epd/mig)