General

Emanuel Hinterbauer von Ute Bock – Den Flüchtlingen Respekt und Interesse entgegenbringen

Von
Milena Rampoldi, ProMosaik. Anbei mein Interview mit Emanuel Hinterbauer, dem Leiter der Deutschkurse bei der Flüchtlingsinitiative Ute Bock in Wien, die wir im Januar interviewt hatten. Hier lernen 600 SchülerInnen mit 60 DeutschlehrerInnen die deutsche Sprache. Mit ihm habe ich mich über die Herausforderungen der
Flüchtlingslehrer unterhalten und u.a. auch über den Zugang zu traumatisierten
Menschen und über die Einbindung „weiblicher“ Themen in den Unterricht. Der
Flüchtlingslehrer ist oft der einzige Ansprechpartner, vor allem wenn Menschen
alleine aus ihren Ländern geflohen sind und ganz neu in Österreich ankommen.

Für mich persönlich ist der
Flüchtlingslehrer eine wichtige Bezugsperson für die Menschen, die neu in ein
Land kommen und den Krieg und die Verfolgung hinter sich gelassen haben. Wie
siehst du da?

Da stimme ich dir zu. Vor allem ist es so, dass die/der DeutschlehrerIn auch
die erste und oft einzige Bezugsperson ist.
Welche
Grundkompetenzen  versuchst du den Menschen zu vermitteln?

Vor allem Deutsch (hören, sprechen, lesen, schreiben), aber auch praktische
Infos, was das Leben in Österreich betrifft, z.B. wer Respektpersonen sind, wie
man sich am Amt verhält, wie man Formulare ausfüllt, wie man eine Wohnung
sucht, wie wichtig Pünktlichkeit ist, etc.
Wie wichtig ist es, das Thema „Frau“
aufzuarbeiten?

„Aufarbeiten“ ist vielleicht nicht das passende Wort. Ist die unterrichtende
Person eine Frau findet automatisch eine Auseinandersetzung mit der Thematik
Geschlechterverhältnisse statt. Zudem wird das Verhältnis von Männern und
Frauen mittlerweile auch in einigen Lehrwerken thematisiert und viele unserer
Unterrichtenden bauen dieses Thema in ihren Unterricht ein. Prinzipiell gilt
aber, dass wir die Gestaltung des Unterrichts unseren Lehrenden überlassen und
keine Vorgaben machen. In erster Linie soll es doch darum gehen, Deutsch zu
lernen.



Wie stärken wir das Selbstbewusstsein der
Lernenden, um aufnahmefähiger für die neue Kultur und Sprache zu sein?
Indem wir ihnen Respekt und Interesse
entgegenbringen. Denn nur durch einen Austausch kommt man sich näher, das
Interesse sollte auf keinen Fall einseitig sein. Viele unserer LehrerInnen
interessieren sich für den arabischen/persischen Lebensraum, die Kultur und
Sprache, nicht wenige lernen auch Arabisch oder Farsi/Dari.
Wie gehen wir mit traumatisierten
Jugendlichen um?

Dafür bieten wir unseren LehrerInnen keine Unterstützung. Sie sollen einfach
mit allen gleich umgehen. Wenn sie Probleme bei KursteilnehmerInnen
feststellen, dann empfehlen wir die/den KursteilnehmerIn in unsere Sozialberatung
zu schicken, wo sie professionell beraten und ggf. an zuständige Stellen (z.B.
Traumaberatung) weitergeschickt werden.
Welche
Tipps würdest du aus deiner Erfahrung heraus anderen Lehrerinnen und Lehrern
geben?

Bindet die KursteilnehmerInnen stark in den Unterricht ein, ihre Interessen,
ihren Hintergrund etc. Seid aktiv, macht Exkursionen, lehrt anhand des
praktischen Lebens, aber auch mit Theater, Malerei, Literatur etc. (sowohl der
eigenen Kultur, als auch der der Teilnehmer). Versteift euch nicht auf trockene
Grammatik-Progression, sondern versucht diese in die Interaktion einzubauen und
eher indirekt zu vermitteln. Learning by doing… Trotz der Nähe, die dabei
entsteht, passt aber auch darauf auf, eine gewisse Distanz zu wahren, denn die
oft sehr tragischen Geschichten können auch die eigene Psyche beinträchtigen.
Vergesst nicht, in erster Linie seid ihr DeutschtrainerInnen, für z.B.
psychologische Probleme gibt es professionelle Beratungsstellen, ihr helft oft
mehr, wenn ihr die betroffenen Personen an diese Stellen weitervermittelt.