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Flüchtlingsprojekt Ute Bock – Dass wir einmal überflüssig werden….

Von Milena
Rampoldi, ProMosaik. Anbei mein Interview mit Ariane Baron von FrauBock.at, das Flüchtlingsprojekt von Ute
Bock in Wien. Ich habe mit Ariane über Ihre Organisation gesprochen, über die
Mythen rund um Flüchtlinge und über das Ziel, eines Tages als
Flüchtlingsorganisation überflüssig zu werden (Bilder
Flüchtlingsprojekt
Ute Bock
)
Wie
wichtig sind Bücher wie Fluchtwege – Der Herbst 2015 in Österreich, um den
Menschen die Welt der Flucht und der Fluchtursachen zu zeigen?
Bücher, wie
diese sind gerade für die Dokumentation und die Aufklärung der Menschen von großem
Wert. Im Alltag sehen wir aber, dass Projekte wie dieses meist nur Menschen
ansprechen, die sich bereits für die Thematik interessieren und ihr Wissen
vertiefen wollen.
Welche sind die Hauptmythen
der Bevölkerung, wenn es um Flüchtlinge geht?
Wir hören immer wieder die
Meinung, Flüchtlinge kämen nur wegen unseres guten Sozialsystems und um uns
wertvolle Jobs weg zu nehmen. Sehr beliebt ist auch die Feststellung, dass es
in den Krisenländern nicht so schlimm sein kann, da ja nur die Männer kämen und
ihre Familie ohne Schutz zurückließen. Konkret zu diesem Vorwurf lässt sich
sagen, dass die Männer diese gefährliche Reise oft bewusst alleine antreten.
Der Weg nach Europa ist gefährlich, in vielen Fällen kostet er das Leben, da
ist die Überlegung, die Familie geordnet nachzuholen nur legitim.
Mittlerweile kursiert auch
das Gerücht, dass ein Grundstück an Wert verliere, wenn sich in der Nähe ein
Flüchtlingsheim ansiedle. All diese Mythen bestätigen sich in unseren
Erfahrungen nicht und lassen sich durch Kontakt mit den Betroffenen meist
leicht aus dem Weg räumen. Gegen Mythen und Halbwahrheiten hilft nur Aufklärung
und besser noch Begegnung.
Welches sind die
Haupthindernisse in Österreich, wenn es um Flüchtlingsarbeit geht?
Ein großes Problem in
Österreich stellen die von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich geregelten
Grundversorgungsmaßnahmen und die sich divergierenden Kriterien für
Unterbringung dar.
Viele Asylwerber sind in
unwirtlichen Gegenden untergebracht, ohne soziale Kontakte, ohne ausreichende
Verkehrsanbindung. Gezwungen zum Nichtstun, verfallen deshalb viele in
Depressionen.
Die Landesregierung in der
Hauptstadt Wien ist hier sehr bemüht, Flüchtlinge zu unterstützen, was vielen
Flüchtlingen wiederum bekannt ist. Dazu kommt noch die große Community, denn am
meisten helfen sich die Flüchtlinge natürlich untereinander. Die logische Folge
ist: Die meisten wollen nach Wien.
Wie wichtig sind Deutschkurse
für Flüchtlinge und welche sind die besten Strategien für den Erfolg im Deutschkurs?
Wir wünschen uns Deutschkurse
ab dem ersten Tag. Sie sind das Um und Auf, um sich schnell in einer neuen
Gesellschaft zurecht zu finden. Unser Ideal wäre ein halbjähriger
Intensivsprachkurs mit 20 Wochenstunden mit einem anschließenden Praktikum bei
einer Firma. So schnell können Sie gar nicht schauen, wie das
Generationenproblem gelöst wäre. Am Beispiel Österreich fehlen ja derzeit
jährlich 50.000 Steuerzahler um das Pensionssystem aufrechterhalten zu können,
mit der Welle an Flüchtlingen bietet sich die Chance auf eine Lösung. Nutzen
wir sie!
Bei uns im Verein besuchen
derzeit um die 550 Menschen einen Deutschkurs. Die Niveaus liegen von
Alphabetisierung bis hin zu B2. Wer beim Flüchtlingsprojekt Ute Bock einen
Platz im Deutschkurs bekommt, behält ihn solange bis er Niveau B2 erreicht hat.
Das heißt jedem ist die Möglichkeit gegeben in seinem eigenen Tempo die Sprache
zu erlernen. Leider sind wir, soweit wir wissen, bislang die einzigen in
Österreich bei denen ein einmal erworbener Deutschkursplatz, bis zum
erfolgreichen Abschluss der Stufe B2 garantiert ist. Unsere Schüler schließen
mit dem Österreichischen-Sprach-Diplom ab.
Mit welchen Hauptproblemen
haben Flüchtlingsfrauen und -mädchen zu kämpfen und wie helfen Sie ihnen?
In unserer Vereinsarbeit
machen wir keine Unterscheidung zwischen den Geschlechtern. Wer bei uns
untergebracht ist, wird durch die Sozialberater unserer Hausbetreuung und einem
Team an ehrenamtlichen Helfern im Alltag begleitet. Das startet bei
ehrenamtlichen Nachhilfeunterricht und endet beim gemeinsamen Besuch bei Ämtern
und Ärzten.
Welche sind die
Tätigkeitsbereiche in der Flüchtlingsarbeit? Warum reicht ein Dach über dem
Dach nicht aus?
Wir bieten Wohnraum für
Flüchtlinge, deren Verfahren auf humanitäres Bleiberecht am Laufen ist. Dieser
Prozess kann oft Jahre dauern. Während dieser Zeit haben die Flüchtlinge nur
Anspruch auf Grundversorgung und keinen Zugang zum Arbeitsmarkt.
Jeder, der möchte kann unsere
Sozialberatung in Anspruch nehmen, wir bieten kostenlose Deutschkurse, Menschen
können sich bei uns mit Kleidung und Grundnahrungsmitteln versorgen.
Um die 600 Personen sind
einfach nur bei uns gemeldet, um eine gültige Postadresse – die Vorraussetzung
für ein laufendes Asylverfahren – vorweisen zu können.
Sie sehen, die Arbeit des
Vereins umfasst alle Lebensbereiche, Menschen brauchen Unterstützung, um ab dem
ersten Moment optimal den Weg in eine neue Gesellschaft zu finden. Ein
einfaches Dach über dem Kopf, kann da nicht ausreichend sein.
Was haben Sie bisher erreicht
und was wünschen Sie sich für die Zukunft?
An dieser Stelle bleibt mir
nur unsere Obfrau und Vereinsgründerin Frau Ute Bock zu zitieren: Dass wir
einmal überflüssig werden.