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Nach Urteil gegen Auslieferung an USA: Mexiko bietet Julian Assange politisches Asyl an

Von Philipp Gerber, Amerika21,
05.01.2021.
Der mexikanische Präsident, Andrés Manuel López
Obrador, hat dem WikiLeaks-Gründer, Julian Assange, gestern wenige Stunden nach
dem Entscheid, dass dieser nicht an die USA ausgeliefert wird, politisches Asyl
angeboten.

 

“Ich bin froh, dass Großbritannien die
Auslieferung an die USA nicht genehmigt“, sagte López Obrador in seiner
morgendlichen Pressekonferenz am Montag. “Assange ist Journalist. Er hat
eine neue Chance verdient. Ich bin dafür, dass er begnadigt wird”. Er
werde seinen Außenminister Marcelo Ebrard deshalb bitten,
“Vorkehrungen zu treffen, damit seine Freiheit beantragt wird, und dass
Mexiko ihm politisches Asyl anbietet”.

López Obrador begründete sein Angebot mit der
historischen Tradition des Asylrechts. Darauf hatte er sich schon
mehrmals berufen, wie zuletzt auch im Fall des früheren bolivianischen
Präsidenten Evo Morales. Dieser hatte nach dem Putsch in Bolivien im November
2019 in Mexiko politisches Asyl erhalten.

Vor genau einem Jahr setzte sich López Obrador schon
einmal öffentlich für die Freilassung von Assange ein und nahm dabei Bezug auf
die von WikiLeaks in der Tageszeitung La Jornada veröffentlichten geheimen
Nachrichten der US-Botschaft in Mexiko: “Ich weiß nicht, ob Assange
anerkannt hat, dass er gegen die Regeln und gegen ein politisches System
gehandelt hat, aber diese internen Nachrichten haben gezeigt, wie das
Weltsystem in seiner autoritären Natur funktioniert”. Der mexikanische
Präsident gab bei der Pressekonferenz am Montag seiner Hoffnung Ausdruck, dass
Assange “nicht weiter gefoltert und freigelassen wird”.

Die britische Richterin Vanessa Baraitser hatte
gestern einen Auslieferungsantrag der USA abgelehnt. Sie bezeichnete eine
Auslieferung von Assange an die USA wegen seines psychischen
Gesundheitszustands als “beklemmend” und betonte die
Gefahr, dass er Selbstmord begehen könnte, sollte er in die USA ausgeliefert
werden. Die US-Regierung hat angekündigt, gegen das Urteil Berufung einzulegen.
Beobachter äußerten, die Entscheidung werfe ein klares Licht auf die
unmenschlichen Haftbedingungen in den USA, blendeten jedoch die Rolle Assanges
als Journalist aus.

Assange hielt sich von 2012 bis April 2019 in der
ecuadorianischen Botschaft in London auf. Er wollte damit einer schon damals
drohenden Auslieferung an die USA entgehen. Die Regierung des amtierenden
Präsidenten von Ecuador, Lenín Moreno, entzog Assange schließlich das
Asyl und gewährte der britischen Polizei Zugang zur Botschaft. Seitdem sitzt er
in London im Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh.