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Das Schweigen der Wahlkämpfer zu Palästina reicht uns!

Von Evelyn Hecht-Galinski, Sicht vom Hochblauen, 16. August 2017. Es ist Wahlkampf und eine Frage bleibt außen vor:
wie halten es die Parteien und ihre Spitzenkandidaten mit Völker-  und
Menschenrechtsverbrechen? Warum werden im Fall von Russland Sanktionen
verhängt, während der „Jüdische Staat“ straffrei bleibt? Warum ist die Annexion
der Krim angeblich völkerrechtswidrig, während die illegale Besetzung
Palästinas hingenommen, ja noch finanziell unterstützt wird?


Sind Völkerrecht und Menschenrechte nicht unteilbar
und gelten für alle Staaten, zumal der „Jüdische Staat“ immer wieder für sich
in Anspruch nimmt, als „einzige“ Demokratie im Nahen Osten zu gelten? Also
sollten dann auch diese Kriterien als Maßstab dienen. Während das jüdische
Staatsterror-Regime ein ganzes Volk besetzt, unterdrückt und vertreibt, hat
sich nach einem Referendum die Bevölkerung der Krim für den Verbleib in
Russland ausgesprochen, zumal die westliche „Wertegemeinschaft“, angeführt von
den USA, nach der Nato -Osterschleichung und vielen Millionen für den
Ukraine-Umsturz ausgab und damit Russland zum Handeln zwang.
In Zeiten, in denen nach Gutsherrenart
Veranstaltungen, wie die Nakba-Ausstellung oder Israel-kritische Vorträge und
Konferenzen verboten und einfach Räume gekündigt werden von
philosemitischen SPD, CDU/CSU, FDP, Grünen und Linken Gefolgsleuten
der Israel-Lobby, sollten wir die Parteien auffordern, dazu Stellung zu
beziehen.



Nitzan Horowitz (Journalist, Knesset-Abgeordneter New Movement Meretz),
Marieluise Beck (MdB, Bündnis 90/Die Grünen, Berlin), Ulrich K. Preuß
(Staatsrechtler, Hertie School of Governance, Berlin), Naomi Chazan (New Israel
Fund, Prof. em. Hebrew University of Jerusalem, ehem. Knesset-Abgeordnete
(Meretz)), Ralf Fücks (Vorstand Heinrich-Böll-Stiftung) Photo by boellstiftung 
https://i1.wp.com/sicht-vom-hochblauen.de/wp-content/plugins/wp-inject/images/cc.png
Wenn an den Holocaust, dem Völkermord im Namen
Deutschlands und Jahrhundert-Verbrechen, erinnert wird, dann sollte
auch das Gedenken an die Nakba, die erzwungene Vertreibung des
palästinensischen Volkes und die Folgen in einem Kontext gesehen werden müssen,
untrennbar verbunden bis zum heutigen Tag.
Gerade für uns Deutsche sollte das Thema
Vertreibung und Besatzung ein Thema sein, egal von wem sie ausgeht. Warum fällt
gerade in Deutschland immer wieder die propagandistische und alles andere als
wahre Behauptung auf fruchtbaren Boden, dass es keine zionistische
Vertreibung während und vor der Nakba gegeben habe, sondern alles ganz
„freiwillig“ geschah? Ebenso wie es das „Jüdische Besatzer Regime“ immer wieder
vermeidet von Besatzung zu sprechen.
Unkritische Lobbyarbeit der Parteien fördert gerade
im Falle des „Jüdischen Staates“ das Misstrauen gegen jüdische Funktionäre und
Bürger, die schnell mit dem Begriff Antisemitismus um sich werfen, um von
dieser Lobbyarbeit abzulenken, die die Rechte der unterdrückten Entrechteten
verweigert, während sie sich mit dem „Jüdischen Besatzerstaat“ solidarisiert,
der Kolonisation und Geschichtsrevisionismus vollzieht und bedingungslose
Solidarität mit diesen Verbrechen einfordert.
Die Luft ist stickig geworden in deutschen Landen
und Amtsstuben und das liegt nicht nur am Dieselfeinstaub, sondern an der
miefigen Politik. Waren es nach Kriegsende die letzten braunen Amtsträger, die
diesen braunen Mief damals verbreiteten, so sind es heute die Nachfahren, die
ihren Hass lieber an Russland abarbeiten. Die Russland-Sanktionen werden
verstärkt, während legitime gewaltfreie BDS-Aktionen als kriminell verdammt
werden sollen. Ganze Städte, von München bis Frankfurt, machen mit in dieser
undemokratischen Rally.
Die Doppelstandards, wenn es um den „Jüdischen
Staat“ geht, sind unglaublich und mit dem Grundgesetz nicht vereinbar. Obwohl
sich nach einem Referendum eine Mehrheit der Bürger auf der Krim für Russland
entschied, wird dies von deutschen und europäischen Politikern als kriminell
und gegen das Völkerrecht verstoßend eingestuft, während unter den Augen genau
dieser Politiker und der „Weltgemeinschaft“ der „Jüdische Staat“ seit
Staatsgründung 1948 das Völkerrecht, die Menschenrechte und alle Werte mit
Füßen tritt, und seit Jahrzehnten verbrannte Erde im besetzten Palästina
hinterlässt.
Gerade protestierten Aktivisten der „Frauen in
Schwarz“ vor dem Wiener EU-Büro gegen die Unterstützung des „Jüdischen
Apartheidstaates, es sind diese Protestaktionen, die so wichtig sind im Kampf
für ein freies Palästina. (1)
In Berlin findet Ende August ein Pop-Kulturfestival
statt, das maßgeblich von der Botschaft des „Jüdischen Staates“, der
Europäischen Union, sowie der Berliner Senatsverwaltung mitfinanziert wird. Als
drei Bands und Künstler, Mohammad Abu Hayar von der syrischen Rap-Band
Mazzaj, Abu Hajar, sowie die ägyptische Band Islam Chipsy, sowie der
syrische DJ und Produzent Samer Salem davon erfahren hatten, verzichteten
sie auf ihre Teilnahme, weil sie sich nicht an Pinkwashing für Apartheid und
Rassismus beteiligen wollen. Diese Zivilcourage vermisse ich bei deutschen
Künstlern, wenn es um Palästina geht! (2)
Gleich äußerte sich Berlins Kultursenator Klaus
Lederer in der „Springernden Morgenpost und nannte den Boykott „widerlich und
entsetze ihn“. Ich allerdings finde Linke Politiker entsetzlich, die die
illegale Besatzung Palästinas unkritisch hinnehmen und Israel-Kritiker, die
sich für ein freies Palästina einsetzen, deswegen kritisieren. Lederer fand
sogar, dass mit der Übernahme der Reisekosten für die Künstler die israelische
Botschaft zum „Gelingen“ des Festivals beitrage. Soll und kann man solche
Politiker noch wählen? Ich für meinen Teil sage NEIN, denn prüfe, wer und was
man wählt! Schon 2014 nannte mich Pascal Beucker in der TAZ „eine
„inakzeptable Israel-Hasserin“, nach meinem Kommentar: „Der Tag des Zorns wird
kommen“; diese Bemerkung ließ Lederer unkritisiert durchgehen. Ja, der Tag des
Zorns wird kommen! Übrigens fühlte ich mich in bester Gesellschaft, da Lederer
auch gegen Sarah Wagenknecht polemisierte und dafür warb, sich von Ken Jebsen,
als angeblich „Neurechten Ideologen“ zu distanzieren. Ich jedoch distanziere
mich von Linken und Politkern aller Parteien, wie Klaus Lederer!  (3) (4)
Woche für Woche treibt mich dieses Thema und die
Folgen um. Manchmal frage ich mich schon, wofür und für was? Denn die
politische Parteienlandschaft hat sich immer weiter von Palästina entfernt und
sich nur noch auf den „Jüdischen Staat“ konzentriert. Die Sicherheit Israels,
das Existenzrecht, das besondere Verhältnis, alles immer wiederkehrende
Phrasen, gebetsmühlenartig wiederholt, dadurch keineswegs wahrer, sondern
verlogen wie die ganze politische Gesellschaft und ihre medialen Helfer.
Die immer tiefere Verbundenheit mit dem „Jüdischen
Besatzer Staat“ ist ein unerträglicher Rechtsbruch und mit dem Grundgesetz
nicht vereinbar, ebenso ein „besonderes“ Verhältnis, das sich nur aus einem
traumatisierten Schuldgefühl heraus über Jahre entwickelt hat und die Enkel
Generation zu neuer Schuld führt. Philosemitismus, der den Antisemitismus
abgelöst hat und sich zu einer ansteckenden Epidemie entwickelt hat, an der
sich alle Parteien und viele Medien angesteckt haben, ist zu einem wirklichen
Problem geworden. Gibt es eine Impfung gegen Philosemitismus? Eigentlich
müssten gesunder Menschenverstand und Gerechtigkeitssinn reichen. Weit gefehlt,
bei so einer propagandistischen Gehirnwäsche, die angetrieben von „Springernden
Organen“ zu einer Bildung geworden scheint. In Zeiten, in denen Anpassung
die Zivilcourage abgelöst hat, kein Wunder bei den vielen
Einschüchterungsversuchen, scheint Hopfen und Malz verloren.
Schon seit Jahren versuche ich, Menschen
aufzurütteln und an ihre Verpflichtung gegenüber Palästina und den
Palästinensern zu erinnern, was wurde ich dafür angegriffen, wenn ich dabei
Worte wie Israel-Lobby, Judaisierung, Ghetto oder Konzentrationslager
verwendete. Heute habe ich immer mehr Mitstreiter auf Blogs und in Zeitungen
und fühle mich bestätigt und freue mich darüber, dass sich Fleiß lohnt. Niemals
wollte ich auf Kosten der Palästina- Solidarität verdienen, bzw. Geld
eintreiben, kein Kommerz auf Kosten eines gedemütigten und besetzten Volkes.
Woher nehmen sich deutsche Politiker das Recht
heraus, das palästinensische Volk, das sich seit 69 Jahren Freiheitskampf
nach dem Ende der illegalen Besatzung sehnt, zu kritisieren, ja, ihnen das
legitime Recht auf Widerstand gegen die illegale Besatzung abzusprechen,
während den jüdischen Besatzern ein fragwürdiges Recht auf „Selbstverteidigung“
– besser: Recht auf Besatzung! – zugestanden wird. Was kann man von solchen
Politikern erwarten, die von „jüdisch-christlicher Wertegemeinschaft“ sprechen,
während sie bei Palästinensern von Terror und Verbrechen reden, die
natürlich nicht in diese ihre Wertegemeinschaft passen. Muslime scheinen immer
mehr zu einem Fremdkörper und einem Feindbild zu werden, gerade in Zeiten des
Wahlkampfs. Tauschen wir doch nur das Wort Juden gegen Muslime aus oder
Judentum gegen Islam. Mich erinnert das nur allzu sehr an vergangene furchtbare
Zeiten. Dieser gefährliche Entwicklung sollten wir Einhalt gebieten und sie
stoppen.
An der Wahlurne können wir entscheiden, was und wen
wir wählen, eines der wenigen Recht,e die wir noch haben, in diesen Zeiten von
Gleichgültigkeit und Perspektivlosigkeit.
Es sollte uns eben nicht gleichgültig sein, wie die
Parteien mit den Menschenrechten und Regimen umgehen. Der Staatsterrorismus,
der vom Jüdischen Besatzer-Regime ausgeht, um die Judaisierung Palästinas immer
weiter voran zu treiben, muss angesprochen werden und sollte kein Tabuthema,
sondern zu einem wichtigen Wahlkampfthema werden.
Kanzlerin Merkel hat es geschafft, dem deutschen
Michel die bedingungslose Solidarität mit dem „Jüdischen Staat“ als deutsche
Staatsräsonund aufgrund unserer „besonderen Verpflichtungen“ zu verordnen.
Diese allerdings sollte uns verpflichten, endlich dafür einzutreten, dass
Gerechtigkeit für Palästina und Freiheit für das palästinensische Volk
deutsche Staatsräson sein sollte.
Wir, und ich glaube die Mehrheit der deutschen
Bürger, verlangen Auskunft und eine offene Diskussion aller
demokratischen Parteien darüber, wie die zu wählenden
Abgeordneten/Politikern mit diesem Thema umgehen werden. Auch das
wird ein wichtiges Kriterium für unser Wahlverhalten sein.
Das Schweigen der Wahlkämpfer zu Palästina, reicht
uns und muss beendet werden.