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Das Prinzip Dave Davis

Von Sami Omar, 15.
August 2017. Kennen Sie noch die Äthiopier-Witze aus den 80’er und 90‘er
Jahren? Ich spare mir ein Zitat! In meiner Schule waren sie eine Zeit lang
populär. Manchmal habe ich auch welche erzählt, oder über sie gelacht. Nicht,
weil ich sie lustig fand – sie schmerzten mich häufig.  Ich wollte mit Nebo und Daniel in der Mensa
an einem Tisch sitzen.



Sie waren große Humoristen,
wenn es um Hungersnöte und N*-Witze ging. Ich wollte zu ihnen gehören. Wenn es
klappte und ich für einige Zeit mit ihnen an einem Tisch aß, in einem
Basketballteam spielte und wir gemeinsam Julia Holzapfel nachstellten, dann war
es das schlechte Gewissen und das Gefühl wert gewesen, etwas Falsches getan zu
haben. Etwas, mit dem ich mir selber wehgetan hatte. Andere Kinder aus unserer
Schule, die sich des Anstandes wegen mit solchen Witzen zurück gehalten hatten,
waren meine größten Fans. Sie hatten abgewartet, bis ich durch meine Auftritte
in der großen Pause den N*-Witz an sich legitimiert hatte. Nun war er ohne
jeden Makel und konnte auch von ihnen erzählt werden. Denen, die es dann noch
wagten, sich zu empören, konnten sie sagen: Macht euch mal locker! Wir haben da
einen, der ist selber schwarz und dem macht das gar nichts aus. Im Gegenteil –  der findet das lustig!

Ich kann ja jetzt nicht sehen,
ob sie verständnisvoll nicken oder befremdet den Kopf schütteln, aber ich habe
ihnen gerade das Grundprinzip der Karriere des Comedian Dave Davis erklärt.
Dave Davis ist ein schlauer
Kopf. In etlichen seiner Nummern macht er sich über die ungläubige
Wahrnehmung  weißer Deutscher seiner
akzentfreien deutschen Aussprache lustig. Er arbeitet grobschlächtig aber
konsensfähig heraus, dass alle Menschen gleich seien und es auf Hautfarbe und
Herkunft nicht ankomme. Dazu ein wenig rheinländischer Lokalpatriotismus, etwas
Solidarität mit Frauen an sich – 
niemandem wäre geschadet, niemandem wäre geholfen.
Aber Dave Davis will unbedingt
mit Nebo und Daniel abhängen. Er nutzt gezielt seine Hautfarbe als das
Alleinstellungsmerkmal, als das es manchen gilt. Manchmal sieht es so aus, als
mache er sich über die lustig, die seine Hautfarbe zu wichtig nehmen. Meist
aber mach er sie zu der wichtigsten Sache an sich selbst.
Mit seiner Rolle als Motombo Umbokko,
in der er den Toilettenmann spielt, der stets die Wahrheit auf der Zunge trägt,
wurde er berühmt. Er stellte sich zunächst vor, seinen angeblichen Heimatort
und dessen Umgebung: „Afrika, kennse, ne? Viele Elefante, viele Lowe, Hyäne –
was ma so kennt, ne. Jetzt lebe ich aber in Deutschland und abeit isch bei Mc
Donalds, in Toilette. Das stinkt, aber mach Spaß!“

Wenn das Publikum ihn mit Applaus
begrüßt, bremst er sie mit den Worten: „Nicht zu viel, weil sonst werde ich
noch rot!“ Sie lieben das. Der Applaus schallt befreit auf.  Besonders oft spielt Dave Davis auf seine Hautfarbe
an, wenn er merkt, dass manche seiner Nummern nicht funktionieren. Er schiebt
dann kleine Gags ein, nennt sein Publikum „Albino-Äffchen“ und sich selbst
„maximalpigmentiert“. Es sind kleine Zündkapseln, die seine Show wieder auf
Fahrt bringen sollen. Hautfarbe und Stereotype sind da eine sichere Bank,
lehrte schon der große Roberto Blanco. Den Preis, den er dafür bezahlt, sind
die Kommentare unter seinen Youtube-Videos. Sie sind nicht schlimm, allein,
weil sie teils rassistisch sind. Sie sind schlimm, weil Menschen sie aus dem
Glauben heraus posten, sie träfen genau seinen Humor. Sarah JuNJR gratuliert in
einer Kommentarspalte der Online-Plattform zu seinem Auftritt: „Gut gemacht,
Prinz Nugat.“ Und Enrico Fischer legt nach: „Ich habe auch einen Witz: Die
Hundescheiße vor meinem Haus und die Haut von Dave Davis haben die selbe Farbe.
“ 

Das Prinzip Dave Davis
entwaffnet das Publikum mit Witzen über die eigene Hautfarbe und das Lachen der
Menschen ist ein erleichtertes. Es trägt die Freude darüber in sich, von der
verhassten political correctness entbunden zu sein, durch einen, der sie doch
sicher einfordern würde, wenn sie von Nöten wäre. Während schwarze Deutsche
darüber sprechen, wie sie sich in unserer Gesellschaft als normaler Teil des
pluralen Spektrums zeigen und behaupten können, lädt das Prinzip Dave Davis zum
Othering und zur Betonung der Unterschiedlichkeit ein. Nicht mit der Absicht
zur Spaltung von schwarz und weiß, sondern mit der fahrlässigen Inkaufnahme der
Fremdmachung schwarzer Menschen. Wenn er in einem Interview
mit der HNA
gefragt wird, ob man ihn auch N* nennen könne, so antwortet er:
„Nur weil der Begriff von Menschen benutzt wird, die meinen, anderen Rassen
überlegen zu sein, heißt das nicht, dass ich ihn nicht verwenden darf. Ich will
jetzt aber niemanden dazu ermutigen, jeden Schwarzen einen Neger zu nennen.“

Das ist das Beste, was man von
ihm erwarten kann.