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Der AfD fehlen die «richtigen» Flüchtlingsbilder

Von Jürg Müller-Muralt,
Infosperber, 1. Juni 2017 – AfD-Spitzenmann Alexander Gauland jammert,
dass es zu wenig knackige Flüchtlingsbilder gibt, um den Leuten Angst zu
machen.
Alexander Gauland hat ein Problem: Ihm sind die Bilder abhandengekommen.
Das sei mit ein Grund, weshalb die AfD derzeit nicht mehr ganz so en vogue ist
wie auch schon, findet der Spitzenkandidat der Alternative für Deutschland
(AfD), und sagt in einem 
Interview mit dem Bund:
«Uns fehlen die dramatischen Bilder im Fernsehen: Flüchtlinge auf der
Balkanroute oder an der griechischen Grenze.» Gauland weiss: «Wenn die Bilder
fehlen, droht die Angst vor Überfremdung zu verschwinden».
Das ist natürlich schlimm für eine Partei, welche die Angst zu ihrem
Geschäftsmodell gemacht hat. Denn «bei der AfD steht das A für Angstmacherei»,
schreibt Heribert Prantl, Inlandchef der Süddeutschen Zeitung, in
seinem neuen Buch «Gebrauchsanweisung für Populisten». Eine gute Politik,
findet Prantl, «müht sich, die Ängste der Menschen zu verkleinern, der
Extremismus heisst die Ängste willkommen». Aber eben: Wie soll man Ängste
bewirtschaften, wenn das dazu nötige Bildmaterial fehlt? Da müsse man, sagt
Gauland, «viel mehr erklären, um sie (die Ängste, J.M.) wieder sichtbar zu
machen.» Das ist erstens mühsam und zweitens, so muss man daraus schliessen,
lesen die AfD-Wählerinnen und -Wähler nicht so gerne.
Man kann es Alexander Gauland wohl einfach nicht recht machen. Als das
Flüchtlingselend auf der Balkanroute sichtbar war und nicht nur Schlagzeilen,
sondern auch entsprechend verwertbares Bildmaterial generierte, forderte die
AfD Grenzschliessungen und die Vorsitzende Frauke Petry konnte sich auch einen
Schiessbefehl auf Flüchtende vorstellen. Und jetzt, nachdem die EU mit der
Türkei den Flüchtlingsdeal abgeschlossen hat und die Populisten aller
Schattierungen südlich von Deutschland die Balkanroute erheblich schwieriger
begehbar gemacht haben, ist es auch wieder nicht recht. Denn mit dem
Flüchtlingsstrom ist auch der Nachschub an aussagekräftigem Propagandamaterial
zurückgegangen.
Die «falschen» Flüchtlingsbilder
Zwar gibt es immer noch Flüchtlingsbilder, aber andere: Da die Flüchtenden
wieder vermehrt über das Mittelmeer kommen, werden erneut kenternde Boote und
dramatische Rettungsaktionen zwischen Libyen und Sizilien gezeigt. Aber solche
Bilder, das spürt Gauland wohl instinktiv ganz richtig, eignen sich für eine
wirkungsvolle Angstpropaganda kaum. Ums nackte Überleben kämpfende,
durchnässte, erschöpfte Menschen, ertrinkende Frauen, Kinder und Männer,
Leichensäcke auf den Schiffen der italienischen Küstenwache: Mit solchen
Bildern jagt man den Deutschen einfach keinen nachhaltigen Schrecken ein, der
dann auch noch politisch etwas hergibt. Im Gegenteil: Bei einigen Leuten könnte
das gar so etwas wie Empathie, Mitleid, vielleicht sogar einen Helferimpuls
auslösen. Und das sind nun weder die Ziele noch die Kernkompetenzen der AfD.