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Khulud Khamis von Isha L’Isha Haifa: „Wir widersetzen uns Militarismus, Rassismus und Besatzung und glauben, dass diese Fragen eng miteinander und mit der Sicherheit und dem Schutz der Frauen verbunden sind“

Von Milena Rampoldi, ProMosaik. Deutsche Übersetzung von Beyza
Ünver. Nachstehend möchte ich den Leserinnen und Lesern die Organisation
Isha

L’Isha – Haifa Feminist Center vorstellen. Ich sprach mit Khulud Khamis, der Koordinatorin,
darüber, wie das Zentrum eingerichtet wurde, über seine Struktur und die
Hauptbereiche, mit denen es sich befasst.

Das Ziel, das ich mit diesem Interview erreichen möchte, besteht
darin aufzuzeigen, wie wichtig der Feminismus in allen Kulturen, Religionen und
Gemeinschaften ist. Und dass es nur einen Feminismus geben kann, der durch Vielfalt
und Toleranz gekennzeichnet ist. 
Das Ziel von Isha
L’Isha’s besteht in der Förderung des Status und der Rechte von Frauen und
Mädchen und des Friedens, der Sicherheit und der sozio-ökonomischen Gerechtigkeit
aus feministischer Perspektive durch Bildung, Forschung, Verbreitung von Wissen,
Förderung der Gesetzgebung und öffentliche Veranstaltungen. Mit der Gründung im
Jahre 1983 sind wir die älteste feministische Organisation in Israel und eine
der führenden Stimmen der Frauenrechte im Lande. Wir bieten Frauen ein
sicheres, unterstützendes Umfeld, in dem sie ihre Bedürfnisse ansprechen können
und Raum für Selbstdarstellung und Entwicklung haben. Parallel dazu arbeitet Isha
L’Isha auf nationaler Ebene und setzt sich für die Rechte der Frauen in allen
Bereichen ein. Im Laufe der Jahre haben wir tausende von Frauen stark gemacht und
ihnen die Kompetenz vermittelt, die Kontrolle über ihr Leben zu erlangen. Derzeit
gehören zu unseren Haupttätigkeiten die Bekämpfung des Frauenhandels und der Prostitution;
Frauen und Medizintechnik und der Aufbau einer starken und selbstbewussten
Gemeinschaft von Frauen. Wir beherbergen auch das feministische Institut Haifa
mit der Aufgabe, die Geschichte des feministischen Aktivismus in Israel von
1970 bis heute zu erfassen und zu dokumentieren, um den sozialen und
politischen Beitrag der Frauen sichtbar zu machen und zukünftige Generationen
zu inspirieren. Unser Ziel ist eine Gesellschaft, in der alle Frauen –
unabhängig von Religion, ethnischer Herkunft oder kulturellem Hintergrund – in
allen Bereichen, einschließlich des wirtschaftlichen, sozialen oder politischen,
gleichberechtigt sind; eine Gesellschaft ohne geschlechtsspezifische Gewalt; eine
Gesellschaft, in der die Stimmen der Frauen gehört werden und in denen Frauen
einen vollen und gleichberechtigten Zugang zu allem haben.
Organisationsstruktur: Isha
L’Isha ist eine nicht-hierarchische Mitgliedsorganisation, die von einem
Kollektiv geleitet wird, das alle seine Mitglieder einschließt und allen Frauen
offen steht. Unsere Mitglieder sind jüdische Mizrahi- und Ashkenazy-Frauen, palästinensische
Frauen, die Bürgerinnen Israels sind, lesbische Frauen, transsexuelle Frauen,
Frauen aus schwierigen sozio-ökonomischen Verhältnissen, Forscherinnen,
Leiterinnen von Gemeinden und Aktivistinnen. Das Kollektiv trifft sich einmal
im Monat, um ideologische Fragen zu diskutieren und langfristige Strategien festzulegen.
Alle Entscheidungen werden im Konsens in diesen Sitzungen getroffen. Das
Kollektiv ist einer der einzigartigen Aspekte, der
Isha L’Isha zu einer Basisorganisation macht. Unsere
Beschäftigten arbeiten alle in Teilzeit und für dasselbe Grundgehalt. Ein
weiterer einzigartiger Aspekt von Isha L’Isha ist die Betreuung unserer
Angestellten. Jeder Mitarbeiter erhält individuelle Betreuung von einem Veteranenmitglied,
das mit all unseren Aktivitäten und Prozessen vertraut ist. Sie treffen sich
regelmäßig, um Probleme im Zusammenhang mit der Arbeit und den interpersonalen
Beziehungen zwischen den Mitarbeitern zu diskutieren und monatliche
Arbeitspläne auf der Grundlage spezifischer Bedürfnisse und Entwicklungen zu
entwerfen. Wir haben ungefähr 100 Mitglieder, und sie werden gebeten, jedes
Jahr eine kleine Gebühr zu bezahlen, jedoch haben wir niemals einer Frau die Mitgliedschaft
verweigert, weil sie nicht zahlen konnte (oder sie aus anderen Gründen
ausgeschlossen). Die Mitglieder werden dazu ermutigt, aktiv und freiwillig am Projektleitungskomitee,
an den Ausschüssen für besondere Veranstaltungen und dem Vorstand teilzunehmen.
Jedes Projekt hat einen Lenkungsausschuss, der aus dem Koordinator und den
Mitgliedern von Isha L’Isha besteht. Die Lenkungsausschüsse treffen sich
regelmäßig, um die Fortschritte und Schwierigkeiten der Projekte zu diskutieren
und Entscheidungen über zukünftige Tätigkeiten zu treffen. Wir haben auch einen
Finanzausschuss, der sich alle zwei Monate trifft, um die finanziellen Aspekte
der Organisation zu verfolgen und den Vorstand zu beraten. Freiwillige
Mitarbeiter sind entscheidend für die Organisation; sie sitzen im Vorstand und planen
Lenkungsausschüsse, wo sie an Entscheidungen teilnehmen und in der täglichen
Arbeit der Organisation aktiv sind. 
Wann nahm die
Bewegung ihren Anfang? Und welcher „Funke“ entzündete sie?  
Unsere
Bewegung geht auf die „zweite Welle“ des israelischen Feminismus in den 1970er
Jahren zurück. Viele feministische Organisationen wurden in diesen Jahren
gegründet, aber nur wenige überlebten und haben radikale Ideen erfolgreich umgesetzt.
Diese Bewegung war ursprünglich Teil der weltweiten feministischen Leidenschaft
der 1960er und 1970er Jahre. Vor Ort sprang der Funkt über, weil die Frauen von
der staatlichen Propaganda über den idealen Status der Frauen in Israel
enttäuscht waren. So war die Einrichtung des feministischen Zentrums
Isha-L’Isha- Haifa die logische Folge des Basisaktivismus der Feministinnen und
eine Antwort auf die Bedürfnisse feministischer, jüdischer und
palästinensischer Frauen in Israel. 
Welche sind
die wichtigsten Forderungen, die Ihre Bewegung stellt? An wen stellen Sie diese
Forderungen? (z.B. Regierungen, Körperschaften, internationale Gremien,
Konzerne, andere Akteure, die Gesellschaft insgesamt)?
Die
wichtigsten Forderungen der letzten Jahre sind die Gesundheit der Frauen, die Sexualität,
der wirtschaftliche Wohlstand, Staatsbürgerschaft und Status, sowie die
Sicherheit. Zu unseren aktuellen Projekten gehören die Bekämpfung des
Menschenhandels, die Rechte von Frauen mit Behinderungen, die politischen und
moralischen Auswirkungen der Reproduktionstechnologien und die Abtreibungsrechte.
Im ökonomischen Bereich fordern wir das Recht auf Erwerbstätigkeit, den Schutz
vor wirtschaftlicher Gewalt und rassistischer, alters- und klassenbedingter
Diskriminierung. Schließlich haben wir als Teil unseres kontinuierlichen
Kampfes für Frieden und Konflikttransformation und im Einklang mit der
Resolution 1325 der Vereinten Nationen versucht, integrative Definitionen der
Sicherheit zu verbreiten und die unsichtbaren Unsicherheiten von Frauen,
Mädchen und Minderheiten hervorzuheben. Unsere Adressaten sind Behörden (die
Polizei, lokale Gemeinden oder Ministerien) und die öffentliche Meinung. Aber
am meisten arbeiten wir mit Frauen und Mädchen über Empowerment Sitzungen,
Kurse und offene Diskussionen.
  
Welche sind
die wichtigsten Ideen und Konzepte, die von/in Ihrer Bewegung verwendet wurden?
Und wie definieren Sie diese?
Wir
befürworten eine intersektionale, radikal-feministische Perspektive, die genderspezifische
Ungerechtigkeiten als eingebettet in die lokale Besatzungsgeschichte,
Militarisierung und ein rassistisches nationales Erbe der jüdischen, westlichen
und heterosexuellen Vorherrschaft sieht. Dementsprechend engagieren wir uns für
eine gleichwertige Selbstvertretung der palästinensischen, lesbischen, Mizrahi-
und Ashkenazy-Frauen während unserer Projekte, Diskussionen und öffentlichen
Äußerungen.

Wo ist Ihre Bewegung aktiv?
Isha L’Isha
befindet sich in Haifa, dem Zentrum vieler feministischer Aktivisten und
verschiedener feministischer Organisationen. Wir leiten Basistätigkeiten auf
örtlicher Ebene, aber unsere Reichweite ist national, denn wir arbeiten auch
daran, das Bewusstsein und die Interessenvertretung zu stärken und nehmen an
verschiedenen Regierungsausschüssen teil, um Gesetzesänderungen voranzutreiben,
die Frauen und anderen entrechteten Gruppen zugutekommen. 
Welche Haupterfolge
haben Sie bereits als Bewegung erzielt?
Unsere Errungenschaften
betreffen vor allem die Veränderung der öffentlichen Meinung über Fragen rund
um das Leben von Frauen, wie die Gewalt gegen Frauen. Es handelt sich hierbei
um langfristige Veränderungen, die oft nur im Nachhinein sichtbar werden. Zwei
wesentliche Bereiche, in denen wir direkten Einfluss auf den Gesetzeswandel und
das Leben der Frauen hatten, sind die Beseitigung des Frauenhandels und die Frage
der Fruchtbarkeitsrechte. Insbesondere im Frauenhandel ist Isha L’Isha die
führende Kraft hinter den Gesetzesänderungen sowie Veränderungen in der
Behandlung von Frauen seitens der Behörden, vor allem der Polizei. 

Was würde ihre Bewegung stärken?
Finanzielle
Stabilität könnte wesentlich zu unserer Bewegung beitragen. Sichtbarkeit und eine
starke öffentliche Stimme könnten die Veränderungen in unserer Gesellschaft
beeinflussen. 


Wie
definiert Ihre Bewegung die Solidarität? Wie würde mehr Unterstützung und
Solidarität für Ihre Bewegung aussehen?  
Solidarität
bedeutet für uns in erster Linie die Fähigkeit, über nationale, ethnische, klassen-
und sexuelle Unterschiede hinaus zu arbeiten. Die Solidarität zwischen
palästinensischen und jüdischen Frauen ist das Kernstück unseres Aktivismus. Wir
sehen uns als Teil einer Widerstandsbewegung gegen die Unterdrückung und würde
sehr davon profitieren, wenn unsere Gesellschaft weniger zersplittert und
weniger rassistisch wäre.
Wo kann man
mehr über Ihre Bewegung erfahren?
Im Jahre
2007 haben wir einen Artikel über die Teilnahme unserer Organisation an allen
nationalen, feministischen Konferenzen und die Implementierung eines Systems der
gleichberechtigten Vertretung in der Awid-Publikation „Aufbau feministischer Bewegungen
und Organisationen“ veröffentlicht. Wir laden Sie ein, unsere Webseite 
www.isha.org.il 
und unsere Facebookseite  
https://www.facebook.com/IshaLishaHaifaFeministCenter/ zu besuchen. Sie
können uns gerne für jede Zusammenarbeit oder Informationen über unsere Entwicklungs- und Outreach Koordinatorin bei
isha.haifa[at]gmail.com kontaktieren.