General

Das Trump-Kabinett: Milliardäre, Generale – der Ausschuss des 1%

Von
Conrad Schuhler, ISW
München
, 21. Dezember 2016. 
Trump – Kabinett der MilliardäreIn „Der Ursprung der Familie, des
Privateigentums und des Staats“ schreibt Friedrich Engels, der Staat „ist in der Regel Staat der
mächtigsten, ökonomisch herrschenden Klasse, die vermittelst seiner auch
politisch herrschende Klasse wird und so neue Mittel erwirbt zur Niederhaltung
und Ausbeutung der unterdrückten Klasse
“. 


Danach hat in den USA mit
dem Trump-Triumph das superreiche 1% der Bevölkerung die Macht in Washington
übernommen. Und im Gegensatz zu den Beschwörungen der Medien, nun müsse man
erstmal sehen, wohin die Reise Trumps und der Seinen gehe, hat die
Kabinettsriege längst kundgetan, dass es im Kern darum geht, die „Niederhaltung
und Ausbeutung der unterdrückten Klasse“ noch zu verschärfen, sowohl im
nationalen wie im globalen Maßstab.

Die
Washingtoner Insider-Zeitung „Politico“ rechnet vor, dass an Trumps Kabinettstisch
rund 35 Milliarden Dollar Privatvermögen sitzen. Dazu zählt in erster Linie die
Trump-Familie selbst. Ob der neue Präsident, wie er selbst behauptet, 10
Milliarden US-Dollar schwer ist, wird von manchen bezweifelt. Aber auch
Skeptiker schätzen sein Vermögen auf 2 bis 3 Milliarden US-Dollar. Sein
Schwiegersohn Jared Kushner, der zusammen mit seiner Frau Ivanka zum engsten
Beraterkreis Trumps gehört, hat ein Immobilienvermögen von mindestens 7
Milliarden US-Dollar aufzuweisen.
Als
nächste auf der Milliardärsliste ist die Bildungsministerin Betsy DeVos zu
nennen. Sie gibt ein Vermögen von 5 Milliarden an. Ihr Vater Prince hinterließ
bereits ein Milliardenvermögen. Der Bruder Erik Prince hat die von ihm
gegründete Blackwater USA, das größte private Sicherheits- und
Militärunternehmen der Welt, für mehrere Milliarden Dollar verkauft.
Handelsminister
Wilbur Ross wird auf 2,9 Milliarden US-Dollar geschätzt, Arbeitsminister Andrew
Puzder auf weit über eine Milliarde. Einen hohen Milliardärsrang kann auch Steven
Mnuchin beanspruchen, der neue Finanzminister. Außenminister Rex Tillerson,
bislang Boss des größten Ölkonzerns der Welt, ExxonMobil, kann da mit einigen
hundert Millionen Dollar nicht mithalten.
Die
Symbiose Milliardenvermögen – US-Regierung ist noch inniger, als die
Namensliste zunächst vermuten lässt. Es gibt keinerlei Spendenbeschränkung mehr
für reiche Unternehmer, die politische Ämter und Figuren kaufen wollen. So
haben die Brüder Charles G. Koch und David Hamilton Koch, die zusammen über ein
Vermögen von 80 Milliarden Dollar verfügen, dem neuen Präsidenten unter anderem
den Chef der Umweltbehörde, Scott Pruitt, „gespendet“.
Die
Namen und Vermögen sind Programm. Bildungsministerin DeVos tritt für
Steuererleichterungen für Eltern ein, deren Kinder auf Privatschulen gehen. Es
geht ihr um die Zurückdrängung des öffentlichen Bildungswesen, das möglichst
umfassend privatisiert werden soll. Arbeitsminister Puzder, bislang Chef von
Fastfood-Ketten, kämpft in erster Linie gegen die Erhöhung des Mindestlohns.
Gesundheitsminister Tom Price, auch er ein Empfänger von Spenden der
Koch-Brüder, sagt: „Es gibt zu viele staatliche Regelungen im
Gesundheitswesen“, er werde alles „ausmisten“ und Obamacare beenden. Scott
Pruitt ist für die Konzerne der Verschmutzungsindustrie der richtige Mann auf
dem Posten des Leiters der Umweltbehörde, denn er leugnet militant den
Klimawandel. Dazu muss man wissen, dass seine Gönner, die 80 Milliarden
US-Dollar schweren Kochbruder, ihr Vermögen vornehmlich im Öl- und Gasgeschäft
machen und vermehren. Außenminister Tillerson, vormals ExxonMobil, wird ihnen
dabei behilflich sein. Handelsminister Wilbur Ross, der den Ehrentitel „König
der Pleiten“ trägt, weil er als Hedgefonds-Heuschrecke sanierungsbedürftige
Firmen aufkaufte und sie dann mit hohem Profit wieder verscherbelte, hat als
vorrangiges Ziel angegeben: Steuervergünstigungen für Unternehmen als Anreiz
für Investitionen.

Die Wall Street-Connection

Im
Wahlkampf hatte Trump noch Hillary Clinton scharf angegriffen wegen ihrer Nähe
zur den Finanzmagnaten der Wall Street. Nun hat er selbst eine Neuauflage von
Government Sachs – wie Goldman Sachs auch genannt wird – produziert. Drei
ehemalige hohe und schwerreiche Goldman Sachs-Manager bekleiden höchste
Regierungsposten: Mnuchin, der Finanzminister; Gary Cohn, bisher Chief
Operating Officer von Goldman Sachs, besetzt die Spitze des Nationalen
Wirtschaftsrates; Stephen Bannon, bekennender Rechtsextremist und ebenfalls
reich geworden bei Goldman Sachs, wird Trumps Chefstratege mit Sitz im Weißen
Haus. Die Drei werden sich besonders liebevoll um die Anliegen der Wall Street
kümmern. Mnuchin hat angekündigt, er werde die Regulierungen, die Obama der
Finanzindustrie auferlegt hat, wieder zurückdrehen.

Die Stunde der Generale

Trump,
der sich selbst vor dem Wehrdienst gedrückt hat, macht seine Regierung zu einem
Tummelplatz bedrohlich skurriler Generale. Michael Flynn, der vormalige Chef
des militärischen Nachrichtendienstes Defense Intelligence Agency, wird
Nationaler Sicherheitsberater. Obama hatte ihn wegen „Managementfehlern“
entlassen, woraufhin Flynn den Präsidenten einen Lügner und das US-Justizsytem
korrupt nannte. Im Wahlkampf twitterte er, die demokratische Kandidatin Clinton
und ihr Wahlkampfmanager Podesta würden aus einer Pizzeria in Washington heraus
einen Kinderpornoring betreiben. Flynn hält den Islamismus für die größte
Bedrohung Amerikas und zählt den Iran zu den Hauptgegnern der USA. In Moskau hielt
er einen von der russischen Regierung bezahlten Vortrag und trat gemeinsam mit
Putin auf, weshalb ihn die „liberalen“ Medien für einen Putinversteher halten,
was für diese Art „liberaler“ Medien der denkbar härteste Vorwurf ist.
Wer
meinen sollte, General Flynn, der Geheimdienstler, wäre übergeschnappt, soll
warten, bis er Näheres über den neuen Verteidigungsminister hört, den General
James „Mad Dog“ (Verrückter Hund) Mattis. Er hat 44 Jahre bei den Marines
gedient, was offenbar zu geistig-seelischen Schäden erster Ordnung geführt hat.
Er erklärte öffentlich, dass er Gewalt im Krieg genieße. Über den Gegner in
Afghanistan sagte er:
„Es bringt eine Menge Spaß, sie zu erschießen.
Tatsächlich, es macht richtig Spaß zu kämpfen.“ ~ James Mattis
Er
ist ein entschiedener Gegner des Iran-Nuklear-Abkommens. Es bedeute bloß eine
Pause im Aufbau der Atommacht des Iran, keinen Stopp. „Wir brauchen einen Plan
für das Schlimmste“, ist seine Devise zu Iran und Nahost.
Der
Dritte im Bund der Generale ist John Kelly, der das „Heimatschutzministerium“
übernimmt. Kelly war sogar 45 Jahre bei den Marines, zuletzt war er Kommandeur
von Southcom, verantwortlich für die US-Streitkräfte in Süd-, Mittelamerika und
der Karibik. Als solcher war er auch zuständig für das Foltergefängnis der USA
auf Guantanamo. Er wehrte sich gegen alle Vorschläge, Guantanamo zu schließen.
Er griff auch den nach seiner Meinung zu weichen Standpunkt der Obama-Regierung
in Sachen illegale Immigration aus Lateinamerika an. Auf dieser Bahn würden
islamische Terroristen in die USA geschleust. Trump hat in Kelly auf jeden Fall
einen Mit-Kämpfer, wenn es darum geht, die elf  Millionen Immigranten ohne
Papiere zurück nach Lateinamerika zu deportieren. Auch Kelly spricht ständig
vom wachsenden Einfluss Irans in der Weltpolitik, den es zu bekämpfen gelte.

Eine neue
Außenpolitik der USA?

Folgende Linien der Außenpolitik
der Trump-Regierung lassen sich erkennen:

1 . Der Hauptfeind ist China, Russland soll eher zum
“Partner“ werden

Schon
die Obama-Regierung hat eine Kehrtwende zum neuen Schwerpunkt Pazifik
vollführt. Die damalige Außenministerin Clinton prägte den Begriff des
„Schwenks auf den Pazifik“. Dies treibt Trump weiter voran, allerdings offenbar
mit einer wichtigen Änderung, was die Haltung zu Russland betrifft. Seit kurz
nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs war es der US-Regierung klar, dass auf dem
„eurasischen Schachbrett“, wie Präsident Carters Sicherheitsberater Brzezinski
es nannte, nicht die beiden Hauptmächte Russland und China zusammenkommen
dürfen. Deshalb gab es mit Nixon-Kissinger eine Annäherung an China, deshalb
wurde das Schisma in der kommunistischen Weltbewegung nach Kräften geschürt.
Unter Obama wurde die diplomatisch-wirtschaftliche Aufrüstung gegen China – siehe
TPP – begleitet von einer Geringschätzung und Zurückweisung Russlands. Obama
nannte Russland abfällig eine „Regionalmacht“. In der Ukraine gingen die
europäischen NATO-Staaten massiv gegen russische Interessen vor. Bis heute wird
in Europa das Umschwenken der USA zum Pazifik als Impuls verstanden, die eigene
Aufrüstung gegen Russland zu intensivieren, besonders in Deutschland, wo sogar
offen über die Notwendigkeit einer eigenen Atomwaffe diskutiert wird.
Die
Trump-Regierung fördert diese Bemühungen nicht. Sie will Russland von einem
Zusammenrücken mit China abhalten und sie braucht Russland zur Wahrung ihrer
Interessen im Nahen Osten und zum erfolgreichen Bekämpfen des Islamismus. Im
letzten Punkt bestehen in der Tat Interessenübereinstimmungen zwischen den USA
und Russland. Dies gilt auch für den Aufbau „partnerschaftlicher“ Beziehungen
auf dem Feld der globalen Energiepolitik, insbesondere bei Öl und Gas. Dass
Exxon-Tillerson jetzt das US-State Department leitet, ist kein Zufall, sondern
eine logische Folge dieser Interessenlage.
Trump
ändert also die Haltung der USA zu Russland, und zwar in Richtung Kooperation
statt Konflikt. Dies wird die deutsche Politik vor Herausforderungen stellen –
sie möchte bislang eher den Konflikt mit Russland zuspitzen, um ihre dominante
Rolle in Europa zu festigen und nach Osten auszudehnen. Zu fragen ist, ob nicht
auch das herrschende deutsche Kapital im neuen Kräftespiel USA-Russland
Vorteile im Kooperationsgeflecht zwischen Russland und der EU sehen kann. Ein
weiteres Zuspitzen des Konflikts könnte Berlin im Machtspiel der
Trump-Regierung vielleicht isolieren.

2. Im Nahen Osten stehen die Trump-Truppen gegen den Iran,
gegen die Palästinenser – dies würde zum Konflikt mit Russland führen

Trump
wird nicht müde zu wiederholen, er wolle mit Russland gemeinsam den Hauptfeind,
den IS, besiegen. In diesem Punkt kommen die Russen und die US-Amerikaner
sicher auch zusammen und wir werden bald erleben, wie die mediale Dämonisierung
des Assad-Regimes nachlässt. Dennoch bleiben viele wichtige Fragen dieser
behaupteten Kooperation ungeklärt.
Die
wesentlichen Akteure der Trump-Regierung sehen den Hauptfeind im Iran. Der Iran
ist gerade dabei, mit Russland und der Türkei Grundzüge für eine Beendigung des
Kriegs in Syrien zu legen, die ein Überdauern der Assad-Regierung beinhalten.
Für Russland ist dies offenbar eine conditio sine qua non, eine Bedingung, ohne
die es kein Weitermachen gibt. Für den Iran selbstverständlich sowieso. Die
Trump-Strategen zielen darauf ab, den schiitischen Iran prinzipiell aus der
Welt zu schaffen. Dies wird nicht mit dem Einverständnis Russlands geschehen.
Hier bahnt sich ein großer Konflikt an, der unter Umständen die
Verpflichtungen, gemeinsam gegen den IS vorzugehen, beschädigt. Im Hintergrund
dieser Frage steht der Kampf um die regionale Vorherrschaft zwischen Iran und
Saudi-Arabien, oftmals dargestellt in der Form des religiösen Kampfs zwischen
Schiiten und Sunniten. Die Russen haben bisher klargemacht, dass sie sich mit
dem Iran, mit Assad gegen den saudischen, sunnitischen Dominanz-Anspruch zur
Wehr setzen. Die US-Politik wird sich entscheiden müssen, in wieweit sie sich
diesen Vorgaben beugen will. Eine gemeinsame Position einzunehmen gegen die
IS-Teile in Syrien und Irak wäre eine tragfähige Linie für die nächste Zeit.
Ein
zweites Problem, das sich mit der Trump-Regierung verschärft, ist die Frage
Israel-Palästina oder genauer: das Entschwinden der Zwei-Staaten-Lösung. Noch
im letzten Jahr haben die UN bekräftigt, dass sowohl die Israelis wie die
Palästinenser Anspruch auf einen eigenen Staat haben. Der neue Botschafter der
USA in Israel David Friedman leugnet dies. Friedman war als Insolvenz-Anwalt in
die Geschäfte Trumps mit seinen Spielcasinos in Atlantic City verwickelt. So
macht Trump seine Bekanntschaften und seine Personalverpflichtungen. Friedman
hat eine Zweitwohnung in Jerusalem und er will die US-Botschaft aus Tel Aviv,
der Hauptstadt, verlegen nach Jerusalem, „Israels ewiger Hauptstadt“, wie er
sagt. Wessen Hauptstadt Jerusalem ist, wäre gerade die Frage für eine
Zwei-Staaten-Lösung: wem gehört Jerusalem? Friedman steht rechts von Netanjahu,
was eine politisch-akrobatische Leistung ist, aber verheerend für den
Friedensprozess im Nahen Osten.
Trumps
Team hat keine Schwierigkeiten, seine Präferenzen offenzulegen. Diese geben
aber, die Außenpolitik betreffend, kein widerspruchsfreies Bild ab. In der
Innenpolitik gibt es keine Widersprüche: Keine Erhöhung des Mindestlohns;
runter mit den Gewerkschaftsrechten; runter mit den Steuern für Unternehmer und
Reiche; Privatisierung, wo immer es geht; Schluss mit der Propaganda vom
Klimawandel, hoch mit den fossilen Energien. Und endlich weg mit Ausländern und
allem Fremden. Die USA nehmen volle Fahrt auf in Richtung Faschismus.