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Die europäischen Regierungen möchten den Terrorismus durch Abtrennung im Gefängnis und Einzelhaft bekämpfen


‘Die Gefängnisse werden nie die Lösung des Problems
des Terrorismus sein. The Guardian warnt in einem Leitartikel davor. ‘Aber man
kann schon erwarten, dass die Gefängnisse das Problem nicht noch verschlechtern.’

Ein Häftling bedeckt
sein Gesicht, während er durch das sogenannte „Bohnenloch“ sieht, das genutzt
wird, um Essen und andere Sachen in die Zellen der Häftlinge zu reichen, Camp
Delta, Gefangenenlager in Guantanamo Bay U.S. Naval Base auf Kuba. (AP/Brennan
Llinsley)
AUSTIN, Texas — Britische und französische Haftanstalten
könnten sehr bald kontroverse Methoden wie Einzelhaft und „Nur für Terroristen“-Einheiten
anwenden, um zu versuchen, den Radikalisierungsbemühungen in den Gefängnissen
Einhalt zu gebieten und zu vermeiden, dass die anderen Insassen zu Terroristen
werden.
Im Vergleich zu den
Gesamtanzahlen, gibt es in den Gefängnissen in England, Wales und Frankreich
unverhältnismäßig viele muslimische Häftlinge. Eine im März 2015 durchgeführte
Studie fand, dass die Anzahl der
muslimischen Häftlinge in den Gefängnissen in England und Wales zwischen 2002 und 2014 um 122 Prozent zugenommen hat, während die
Gesamtanzahl der Häftlinge im selben Zeitraum nur um 20% zugenommen hat.
Und obwohl die französischen
Gesetze eine genaue Zählung der muslimischen Häftlinge unterbinden, geht man
davon aus, dass 
70 Prozent der 67.500 Häftlinge in Frankreich Muslime sind.

Im Juli wurde  Anjem Choudary, ein selbsternannter
muslimischer Prediger in Großbritannien, angeklagt, den Islamischen Staat zu
unterstützen. Sein Urteil wird am 6. September erlassen. Er riskiert bis zu 10
Jahren Haft. Die Verurteilung von Choudary wirft Bedenken in Regierungskreisen
auf. Denn er oder andere wie er könnten extremistische Weltanschauungen unter
den anderen Insassen verbreiten.
Eine vor kurzem vom britischen
Justizministerium durchgeführte Studie schlug Alarm über das Problem, dass der
Terrorist im Gefängnis andere rekrutieren könnte. Die Studie stellte auch unter
Beweis, dass die „muslimische Gangkultur“ immer mehr gedeiht und die Unterstützung
des IS in den Gefängnissen zunimmt. Demzufolge spricht man immer mehr darüber,
besondere Einheiten
einzurichten,
die sich nach dem Modell der niederländischen
Gefängnisse
 richten; hier werden jene Insassen, die
sich aufgrund von mit dem Terrorismus in Verbindung stehenden Delikten in
Untersuchungshaft befinden oder bereits verurteilt wurden, getrennt von den anderen
Insassen des Gefängnisses untergebracht.
Denn diese Einheiten, die auf der
Grundlage von Bemühungen im Bereich des religiösen Profilings gefüllt werden, „schaffen
eine wichtige Anlaufstelle für öffentliche Proteste und Forderungen eines
‘British Guantanamo,’“ wie es im Bericht von Rajeev Syal auf
The Guardian am 22. August heißt. Sie
könnten des Weiteren auch dazu beitragen, gefährliche Gruppen zu stärken,
anstatt deren Wachstum zu bremsen.
„Die Erfahrungen im Gefängnis von
Maze in Nordirland in den 1980er Jahren, in
dem sich die republikanischen und loyalistischen Gefangenen selbst nach militärischen
Linien organisierten und ihre entsprechenden H-Blöcke einrichteten, wird oft
als das Hauptargument gegen eine separatistische Lösung angeführt“, so Syal.
Ein anderer Vorschlag des
Justizministeriums würde vorsehen, dass bestimmte Insassen — im Besonderen
diejenigen, die man als gefährlicher einstuft — konstant zwischen
Einzelhafteinheiten in verschiedenen Gefängnissen wechseln, berichtete
The Guardian des Weiteren am 22.
August.
Die Methode, Häftlinge in
Bewegung zu halten, hat eine lange Tradition. Im UK-Jargon nennt sie sich „Zauberkarussell“
(magic roundabout) oder „shared misery circuit“ (Kreislauf des geteilten Leids).
In den USA spricht man hingegen von der „
Dieseltherapie. Aber es gibt sehr große
Bedenken diesbezüglich, was die Menschenrechte betrifft.
Transithäftlinge bleiben Stunden lang auf
Bussen mit einer schlechten Klimaregulierung und werden oft gefesselt gehalten,
um auch ihre mindeste Bewegung zu vermeiden.


Die britische Kate, Herzogin
von Cambridge, besucht das Gefängnis Ihrer Majestät in Send in der Nähe von
Woking, in England, am Freitag, den 25. September 2015.
Im Februar begann Frankreich mit
der Einrichtung getrennter „Antiradikalisierungeinheiten“ für die Insassen, die
verdächtig werden, für den Terrorismus zu sympathisieren. Einem Bericht von
The Guardian zufolge fokussieren diese
Einheiten auf die Vermittlung von Erziehung und kulturellen Alternativen zum
Terrorismus.
„Die Routine für diese Männer
beinhaltet Theaterworkshops, politische Diskussionen und Unterrichtseinheiten
in der Schule des Gefängnisses – Lesen und Schreiben für diejenigen, die
schlecht lesen und schreiben können, Japanisch für Akademiker“, berichtete Christopher
de Bellaigue im März.
In einem Leitartikel vom 22
August warnte The Guardian vor den Nachteilen der Strategien wie den „Zauberkarussells“
und getrennten Einheiten.
„Keine dieser Maßnahmen ist ein
sicherer Erfolg,“ 
schrieben sie. „Keine dieser Maßnahmen ist
günstig. Jede dieser Maßnahmen wird auch zusätzlich dadurch komplizierter
gestaltet, dass die Strategie auch auf (Häftlinge in U-Haft), junge Häftlinge
und Frauen angewendet werden muss.“
Schließlich behaupteten sie, dass
die Lösungen des Problems des Terrorismus und des Extremismus von außerhalb der
Gefängnismauern kommen müssen:
‘Die Gefängnisse werden nie die
Lösung des Problems des Terrorismus sein. The Guardian warnt in einem
Leitartikel davor. ‘Aber man kann schon erwarten, dass die Gefängnisse das
Problem nicht noch verschlechtern.’