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Daniela Toupane von der Stiftung Glückskette: Menschen brauchen Perspektiven


Daniela Toupane von Glückskette

Von Milena Rampoldi, ProMosaik. Anbei
mein Interview mit Daniela Toupane, Kommunikationsbeauftragte bei der Stiftung
Glückskette mit Sitz in Genf. Mit ihr habe ich mich über das Konzept der
Glückskette unterhalten und nachgefragt, wie Glückskette hilft und wie die
Unterstützung von Projekten mit Flüchtlingen im Inland und die Finanzierung von
Hilfeprojekten in Kriegsregionen und deren Nachbarländern zum Aufbau einer solidarischeren
Gesellschaft im eigenen Land beitragen können.
Milena Rampoldi: Welche sind die
Hauptziele der Stiftung Glückskette?
Daniela
Toupane: Die Glückskette ist eine humanitäre Stiftung, welche seit 70 Jahren
besteht und ursprünglich von zwei Radiomoderatoren gegründet wurde. Sie hat
sich zum Ziel gesetzt, ein verantwortungsvoller Geldgeber zu sein und mit den
Spenden wirksame und sinnvolle Projekte von kompetenten Partnern umzusetzen,
damit den Opfern von Katastrophen bestmöglich geholfen werden kann.
Ausserdem
ist es für die Glückskette wichtig, mit den Entwicklungen in der humanitären
Hilfe mitzuhalten und ihre Partner im Feld zu Best Practices zu animieren. Sie
fördert zudem den Austausch unter den Partnerorganisationen, damit für die entsprechenden
Kontexte die jeweils besten Lösungen gefunden werden können.
Die
Glückskette war und ist Ausdruck der Solidarität der Schweizer Bevölkerung mit
Opfern von Katastrophen und will dies auch in Zukunft bleiben.
Milena Rampoldi: Wie funktioniert
Glückskette konkret?
Daniela
Toupane: Nach grossen Katastrophen im In- und Ausland ruft die Glückskette über
ihre eigenen Kanäle und über die SRG (schweizerischen Radio-und
Fernsehgesellschaft) zu Spenden für die Opfer der Katastrophe auf. Dies macht
sie jedoch nur, wenn sie genügend Partner hat, die im entsprechenden Kontext
aktiv sind oder es werden können und wenn das betroffene Land um internationale
Hilfe bittet.
Die
Glückskette verfügt über ein mehrstufiges System zum Spendensammeln, die
höchste Stufe ist der nationale Sammeltag an dem die Radio- und
Fernsehstationen der SRG von 6 Uhr bis Mitternacht in der ganzen Schweiz zu
Spenden aufrufen.
Die
Partnerhilfswerke reichen bei der Glückskette Projektanträge zur Finanzierung
ein welche von der Projektabteilung und im Anschluss von einer
Projektkommission geprüft werden. In dieser Kommission sitzen Experten aus
allen Fachbereichen der humanitären Hilfe, Vertreter von Hilfswerken und der
Glückskette.
Akzeptierte
Projekte finanziert die Glückskette bis zu 80% der Projektkosten und begleitet
und überprüft den Projektfortschritt mittels Besuchen, Evaluationen und Audits.
Über
die mit den Spendengeldern umgesetzten Projekte informiert die Glückskette die
SpenderInnen laufend.
Milena Rampoldi: Was finden Sie vor
allem wichtig für die Flüchtlingsarbeit in der Schweiz?
Daniela
Toupane: Die Glückskette engagiert sich vor allem an den Orten, welche die
meisten Flüchtlinge aufnehmen. Das sind im Syrienkontext allen voran Libanon
und Jordanien. Diese Staaten kommen in Bezug auf die Aufnahme von Flüchtlingen
an ihre Grenzen und die Glückskette und ihre Partner versuchen hier mit
Nothilfe- aber in der Zwischenzeit auch längerfristigen Projekten die Not zu
lindern.
In der
Schweiz unterstützt die Glückskette über den Fonds «Jugendliche in Not» junge
Flüchtlinge dabei, Fuss zu fassen und sich zu integrieren, in dem sie Projekte
finanziert, welche solchen Jugendlichen die Chance auf eine Berufsausbildung
bieten.
Darum
geht es auch primär bei der Flüchtlingsarbeit in der Schweiz, die Menschen bei
der Integration zu unterstützen und ihnen Perspektiven bieten.
Milena Rampoldi: Was bedeutet für
Sie eine solidarische Schweiz und wie kann man daran arbeiten?
Daniela
Toupane: Die Glückskette ist der Ausdruck der Solidarität der Schweizer
Bevölkerung mit den Opfern von Katastrophen im In- und Ausland. Das zeigt sich
daran, dass bei nationalen Sammeltagen der Glückskette eine wahre Welle der
Solidarität durchs Land geht. Menschen jeden Alters, Einkommens, ob von Land
oder Stadt und aus allen vier Landesteilen fühlen mit den Opfern mit und
bringen diese Solidarität in Form von Spenden zum Ausdruck. Im internationalen
Vergleich sind die Schweizerinnen und Schweizer sehr spendenfreudig und
grosszügig.
Für
die Glückskette ist wichtig, dass die humanitäre Tradition der Schweiz und der
Funke der Solidarität auch an die Jungen weitergegeben werden. Dazu führt sie
Informationskampagnen durch, ist Partner der Aktion „Jeder Rappen zählt“ und
versucht dieses Zielpublikum über die Sozialen Medien spezifisch zu erreichen.
Milena Rampoldi: Wie kann man durch
effektive und sinnvolle Hilfsarbeit eine tolerante und bunte Welt zu Hause und
eine gerechtere Welt in den armen Zielländern aufbauen?
Daniela
Toupane: Einerseits, in dem das Gedankengut der Solidarität gelebt und an die
späteren Generationen weitergegeben wird. Die Glückskette setzt in ihrer Arbeit
vor allem auch auf kompetente Partner, sei es in der Kommunikation oder in der
Umsetzung der Projekte, wo sie mit 25 renommierten Partnerhilfswerken
zusammenarbeitet. Nur in dem ein solides und kompetentes Netzwerk besteht, in
dem sich alle Partner gegenseitig befruchten und ergänzen, kann dieses Ziel
erreicht werden.
Milena Rampoldi: Was hat die
Glückskette in ihrer langen Geschichte schon erreicht?
Daniela
Toupane: Die Glückskette wird dieses Jahr 70 Jahre alt und hat es geschafft,
eine Stiftung zu werden, die einen enorm hohen Bekanntheitsgrad in der Schweiz
hat. Sie steht für Qualität, Kontinuität und Solidarität. Zudem hat es die
Stiftung geschafft, sich den vielen Veränderungen in der humanitären Welt
anzupassen. Ein Schlüsselmoment in der Geschichte der Glückskette ist sicher
der Tsunami von 2004. Die Glückskette hatte damals 227 Millionen Franken
Spendengelder erhalten. Die Umsetzung der Spendengelder war eine grosse
Herausforderung für die Stiftung, die sie aber mit den richtigen Massnahmen
sehr gut gemeistert hat.
Das
Erreichte kann auch monetär ausgedrückt werden, in 70 Jahren hat die
Glückskette 1,7 Milliarden Franken Spenden erhalten.
Milena Rampoldi: Wie orientieren Sie
Ihre Syrienhilfe?
Daniela Toupane: Die Syrienhilfe stellt die
Glückskette und ihre Partner vor eine grosse Herausforderung. Die normalerweise
kurzfristig angelegte Nothilfe dauert nun seit über vier Jahren und ein Ende
der Krise ist nicht in Sicht. Deshalb geht es darum, gemeinsam mit den
Partnern, nach mittelfristigen Lösungen zu suchen, denn die Menschen brauchen Perspektiven.
Ansätze wie Cash-Assistance mit Debitkarten, Zusammenarbeit
mit Hausbesitzern und die Unterstützung der armen lokalen Bevölkerung stehen
dabei im Fokus. Die reine Nothilfe wie medizinische Versorgung, psychosoziale
Hilfe mit Fokus auf Kinder und die Deckung der Grundbedürfnisse muss dabei
selbstverständlich weitergehen.