Die Webseite von Artemisia in deutscher Übersetzung
Foto von Sarah Seagull |
von Milena Rampoldi, ProMosaik e.V. – Für unseren Partner Artemisia aus Berlin und für unsere Kollegin Amelia Massetti, die sich für die Inklusion italienischer Menschen mit Behinderung in Deutschland einsetzt, habe ich entschieden, die wichtigsten Inhalte der Artemisia-Webseite auch in deutscher Sprache vorzustellen. Artemisia ist eine Brücke zwischen der italienischen und deutschen Kultur, wenn es um die Unterstützung und den Kampf um die Inklusion von Menschen mit Behinderung in Deutschland geht. Sehr schön ist der Teil über das Wort Artemisia und seine so vielen Bedeutungen. Artemisia ist auch ein Projekt einer Frau, und diese Verbindung zwischen Frau und Inklusion finde ich großartig.
UNSER PROJEKT
Projekt für ein unterstützendes Netzwerk für italienische und italienisch-deutsche Eltern und Familien mit Kindern mit Behinderung.
Das Projekt richtet sich im Besonderen an italienische und italienisch-deutsche Familien und auch an alleinerziehende Eltern und Familien gleichgeschlechtlicher Paare, die in Deutschland wohnen und in deren Familie eine Person mit Behinderung lebt.
• Das Zentrum sollte für die Mitglieder (Einzelpersonen und Familien) zu einem Bezugspunkt werden, um alltägliche Probleme bezüglich der sozialen, schulischen und Arbeitseingliederung in Deutschland der Menschen mit Behinderung sein und werden.
• Der Grundsatz der Inklusion wird in Deutschland erst seit 2006 gesetzlich umgesetzt. In Italien hingegen gibt es ihn schon seit 40 Jahren. Daher möchten wir zu einem politisch-transversalen Ansprechpartner werden, um europaweit unseren Beitrag an der Gestaltung der politischen Richtlinien und Gesetze für Menschen mit Behinderung zu leisten.
• Das Zentrum könnte einen Bezugspunkt für die teilnehmenden Eltern darstellen, um die erforderlichen bürokratischen Verfahren zu durchlaufen und somit die Zuschüsse für Familien und Personen mit Menschen mit Behinderung zu erhalten.
• Das Zentrum wird zu einer Begegnungsstätte zwischen Eltern und Menschen, die in diesem Bereich tätig sind, um die interne Debatte auszuweiten und somit verschiedene Bildungs- und persönliche Erfahrungen auszutauschen.
Der Tätigkeitsbereich umfasst:
Für die Familie
• Verwaltungsprozedur zwecks Erhalts der Zuschüsse für die Familien mit Mitgliedern mit Behinderung
• Sammlung der Daten und Strukturen vor Ort, die zur Lösung persönlicher Probleme der italienisch-deutschen Familien im Schul- und Arbeitsleben beitragen können.
• Unterstützung der Umsetzung der Inklusion in den Schulen und auf dem Arbeitsplatz
• Erarbeitung von Inklusionsmöglichkeiten auf dem Arbeitsplatz
• Suche nach qualifiziertem italienischen Personal zwecks Begleitung der Eltern und Erleichterung der Beziehung zu ihren Kindern, auch hinsichtlich der unterschiedlichen, sprachlichen und kulturellen Anforderungen
• Anspornung der Eltern durch ein interaktives Verhältnis mit geeignetem Personal zwecks Verbesserung und Förderung der Autonomie der Personen mit Behinderung
• Erarbeitung von Projekten für Familienwohnheime gemeinsam mit den Eltern mit Projektlinien, welche die Besonderheiten und Identität der italienischen Kultur berücksichtigen
Förderung monatlicher Treffen in verschiedenen Städten, in denen Zentren entstehen werden, um durch die Projekteilnehmer eine positive Nachhaltigkeit zu erzielen.
• Erzeugung einer transparenten und sichtbaren Interaktion im stetigen Wandel je nach den Ideen, die die Teilnehmer (Einzelpersonen und Familien jeglicher Art) einbringen, sei es als Menschen mit Behinderung als auch als Akteure und Erzieher im Bereich der Behindertenbetreuung
Organisation von Treffen für Eltern oder Familienmitglieder der Personen mit Behinderung, die die Notwendigkeit verspüren, ihre Erfahrungen in einer Gruppe zu teilen, die ihnen als Bezugspunkt dienen kann, um sich gegenseitig zu unterstützen und einen Informationsaustausch über die verschiedenen Probleme bezüglich der Beziehung zu den eignen Kindern und innerhalb der Familien zu ermöglichen.
• Austausch mit den anderen Zentren in Deutschland, die Familien mit Mitgliedern mit Behinderung unterstützen
• Bereitstellung von Informationen und Kontakte zu spezialisierten medizinischen Zentren im Bereich der Behinderung
• Organisation von Treffen im Lebensmittelbereich mit qualifiziertem Personal zwecks Verbesserung der Lebensqualität der Menschen mit Behinderung
Verstärkung der Autonomie der Menschen mit Behinderung
• Organisation von Austauschgruppen für Personen mit Behinderung zwecks Besuchs kultureller Veranstaltungen wie Kino, Theater, Ausstellungen, Konzerte u.ä. in der eigenen Stadt zwecks aktiver Teilnahme der Menschen mit Behinderung am kulturellen und künstlerischen Leben.
• Abhaltung von Kursen für die italienische Sprache und Kultur für Menschen mit Behinderung, mit der Unterstützung durch geeignetes Personal, das den verschiedenen Anforderungen entspricht
• Organisation von Reisen für Personen mit Behinderung nach Italien, um die Selbständigkeit gegenüber der Familie zu gewährleisten und die kulturellen Kenntnisse über Italien zu verbessern
• Austauschprogramme über Kurzreisen mit verschiedenen Familien in Deutschland, damit sich die Menschen mit Behinderung besser kennenlernen können.
• Erörterung des Themas der Sexualität der Menschen mit Behinderung durch eventuelle Experten zwecks Unterstützung der Familien der Menschen mit Behinderung.
Diese Idee habe ich ausgehend von meiner persönlichen Erfahrung mit meiner Tochter Lia Nadine erarbeitet. Sie ist in Deutschland geboren, ist nun 26 Jahre alt und ist Down. Ich habe im Laufe der Jahre verschiedene Probleme im Umgang mit den deutschen Behörden gehabt, um die soziale Inklusion zu fördern, und habe auch eine Menge Kenntnisse erworben, um gesetzliche und soziale Angelegenheiten zur Erleichterung der Inklusion in Deutschland zu lösen. Daher möchte ich mich gerne austauschen und eventuell andere Menschen beraten, die sich in derselben Situation befinden und gemeinsam mit anderen Eltern ein Netzwerk aufbauen, um uns gegenseitig zu unterstützen und unsere verschiedenen Erfahrungen zu vergleichen. Auf diese Weise können wir mit den Eltern und Erziehern Inklusionsprojekte gestalten, um die Lebensqualität unserer Kinder in Deutschland zu verbessern.
WARUM ARTEMISIA
Der Name „Artemisia“ hallte eines Morgens nach dem Aufwachen von meinem Unterbewussten wider, während ich auf der Suche nach einem geeigneten Namen für mein gerade ins Leben gerufene Projekt war. Als ich dann die Bedeutung nachlas, war ich begeistert, weil sie perfekt zur Idee passte, die ich in mir hatte.
Artemisia geht auf den altgriechischen Namen Artèmis, der griechischen Göttin der Natur, der Wälder und der Jagd zurück und ist auch der andere Name von Diana, der jungfräulichen Göttin, die kranken Frauen zu Hilfe eilt.
Der Name erinnert an den Namen zweier Königinnen, der Dynastin Artemisia I von Karien, der einzigen weiblichen Kommandantin der Flotte von Xerxes, die in der Schlacht von Salamis fünf Dreiruderer anführte.
Die andere Königin Artemisia II von Karien und Ehefrau von Mausolos, in den sie sehr verliebt war und nach dessen Tod sie ein ihm gewidmetes Mausoleum in Halikarnassos, eines der sieben Weltwunder der antiken Welt, erbauen ließ.
Eine andere wichtige Persönlichkeit ist die der italienischen Malerin Artemisia Gentileschi der Schule von Caravaggio, di 1630 nach Neapel zog und zur Verbreitung der Caravaggiososchule beitrug. Sie wurde zu einem Symbol des internationalen Feminismus, weil sie den Mut hatte, die erlittene Vergewaltigung anzuzeigen. Zur Behauptung dieses weiblichen Bildes trugen ihr Drang nach Unabhängigkeit und die eigene künstlerische Behauptung gegen die vielen Schwierigkeiten und Vorurteile, mit denen sie in ihrem harten Leben zu kämpfen hatte, bei.
Der Beifuß (auf Italienisch: „Artemisia“) ist auch eine Pflanze, die im späten Frühjahr und Sommer grellgelbe Blumen erblühen lässt. In der Blumensprache drückt der Beifuß Seelenruhe, Glück und Gesundheit aus. Im Mittelalter galt der Beifuß als „Mutter aller Kräuter“ und wurde genutzt, um weibliche Krankheiten zu heilen; in einer Mischung mit Myrrhe, Feige, Öl und Iris wurde er verwendet, um den Uterus nach der Geburt zu spülen, den toten Fötus nach einer Abtreibung aus dem Uterus zu holen, die Regelmäßigkeit des Zyklus zu begünstigen und Nieren und Gelbsucht zu behandeln.
Zu den magischen Kräften des Beifußes gehört die Fähigkeit, die Müdigkeit zu überwinden, wenn man während einer langen Wanderung ein Ästchen in der Hand hält.
Vom Beifuß glaubt man auch, er würde den bösen Blick und die Dämonen verjagen.
Artemisia ist die heilende Göttin, die die Bedeutung der Pflanze und der Göttin in sich trägt. Artemisia will eine Gemeinschaft italienischer Eltern werden, die in Deutschland leben und Kinder mit Behinderung haben. Das Netzwerk, das aus Solidarität und Wärme besteht, will Menschen mit denselben Problemen unterstützen und einen Treffpunkt einrichten, in dem man verschiedene Lebenserfahrungen und Wege austauscht, um aus der Isolation und dem sozialen Ausschluss zu kommen.
ZIELSETZUNGEN
Die Zielsetzungen von Artemisia
Die Zielsetzung von Artemisia besteht darin, ein Netzwerk italienischer Eltern mit Kindern mit Behinderung zu schaffen, die sich gegenseitig unterstützen können, indem sie persönliche Erfahrungen und nützliche Informationen austauschen. Dieses Netzwerk unterbreitet gemeinsame Vorschläge, die oft auch zur europäischen Diskussion über die Gesetze bezüglich der Menschen mit Behinderung beitragen können.
Artemisia wird auf diese Weise zu einem Treffpunkt für alle Eltern, die sich einerseits gegenseitig über die bürokratischen Verfahren informieren, um für die Menschen mit Behinderung Zuschüsse und Rechte in Deutschland zu erhalten. Andererseits ist Artemisia aber auch ein Ort des Gesprächs und der Diskussion über verschiedene Problemfelder bezüglich der schulischen und Arbeitseingliederung und somit auch bezüglich der Inklusion in die deutsche Gesellschaft.
Artemisia will ein Ort des Austauschs und der gegenseitigen Unterstützung für zweisprachige oder auch nur italienischsprachige Eltern sein, indem man die Besonderheiten der italienischen Kultur wahrt. Die Eingliederungsschwierigkeit in die deutsche Gesellschaft gestaltet sich noch komplexer, wenn man die eigene kulturelle Identität bewahren möchte; ein Ort, in dem diese Unterschiede auf irgendwelche Weise überwunden werden können, ermöglicht eine bessere Anpassung für die gemischten Familien und für alleinerziehende, italienische Eltern. Die Menschen, die an diesem Projekt teilnehmen, werden die Entwicklungsmöglichkeiten desselben festlegen.
Die Tätigkeiten von Artemisia
Es werden monatliche Treffen abgehalten, um gemeinsam die kulturellen Tätigkeiten, die Museumsbesuche, die Konzerte, Kinoabende oder einfach nur einen Besuch in der Pizzeria zu besprechen. Man kann die aktive Teilnahme der Menschen mit Behinderung im kulturellen und künstlerischen Bereich fördern, indem man Tanz-, Musik- oder Malkurse in italienischer Sprache abhält und vereinfachte Theatertexte oder Texte aus der italienischen Literatur vorliest, um die Kenntnisse der italienischen Sprache und Kultur zu begünstigen.
Gemeinsam kann man Themenbereiche bezüglich der Selbständigkeit vertiefen, indem man die Organisation eventueller Gruppenreisen in Deutschland oder nach Italien angeht. Artemisia wird auf diese Weise zu einem Ort, an dem alles möglich sein kann und der sich je nach den Anforderungen der Mitglieder verändern kann; die Teilnehmer selbst werden die Lebensbedingungen der Menschen mit Behinderung verbessern und die Themen der Diversität in der öffentlichen Debatte vertiefen.
Unsere Treffen
Artemisia will die Fragen beantworten, die sich die Gesellschaft oft zum Thema Behinderung stellt. Zu diesem Zwecke möchte Artemisia Interventionen von Experten und Menschen mit ähnlichen persönlichen Erfahrungen organisieren, um eventuelle Zweifel und Vorurteile über dieses heikle Thema zu klären. Artemisia wird Vereine einladen, die seit Jahren in Italien und Deutschland in diesen Themenbereichen tätig sind und interessante Projekte entwickelt haben, mit denen man sich auseinandersetzen kann, indem man die europäischen Inklusionserfahrungen analysiert.
Die Heilgöttin Artemisia wird den Austausch zwischen Menschen mit ähnlichen Erfahrungen begünstigen, die kulturelle Bereicherung von uns allen, Eltern und Kindern mit Behinderung, vorantreiben, indem wir unsere Kenntnisse erweitern und Unterstützung erhalten, um die uns trennenden Barrieren zu überbrücken.
TREFFEN
Am ersten Montag jeden Monats treffen wir uns im Wale Café, um gemeinsam über verschiedene, uns betreffende Themenbereiche zu sprechen, und Tätigkeiten zu fördern, die Selbständigkeit und Inklusion der Menschen mit Behinderung verstärken.
ÜBER UNS
Amelia Massetti
Amelia kam 1988 nach Berlin, wo einige Monate vor dem Mauerfall ihre Tochter Lia Nadine mit Downsyndrom auf die Welt kam. Seit diesem Zeitpunkt hat ihr Leben eine vollkommen neue Wende genommen, als sie sich das zu Beginn vorgestellt hatte. Nach mehreren Versuchen, nach Italien zurückzukehren, ist sie schließlich in Berlin geblieben, wo sie sich intensiv für die Inklusion ihrer Tochter in das Schul- und Arbeitsleben eingesetzt hat. Vor ihrer Ankunft in Berlin, arbeitete Amelia in Rom, zu Beginn im Jugendtheater (in der Gruppe Sole, die u.a. auch Tätigkeiten in Sommer- und Schulcamps in Zusammenarbeit mit der Gemeinde Rom veranstaltete) und dann als Vorstandsmitglied der nationalen, feministischen Vereinigung Arci Donna. Sie setzte verschiedene Projekte im kulturellen und politischen Bereich für Frauen um, die diese in ganz Italien ins Leben rufen wollten. In Zusammenarbeit mit diesem Verein gründete Amelia das erste Babysitting-Zentrum, indem sie die Familien mit den Kinderbetreuerinnen in Kontakt brachte und auch dafür sorgte, die Qualifikation dieser beruflichen Kategorie sichtbar zu machen, um ihr Anerkennung zu verschaffen. Im Jahre 2000 gründete Amelia in Berlin in Zusammenarbeit mit ihrem ex-Mann Alpha Oulare die traditionelle Musikgruppe für traditionelle Musik aus Guinea „Sugè“, die sie bis 2005 managte, indem sie Konzerte, Djembétrommel– und afrikanische Tanzkurse in ganz Deutschland und in Polen organisierte. Von 2006-2009 arbeitete sie mit Yaam als kulturelle Promotorin zusammen und akquirierte Sponsoren für kulturelle Veranstaltungen für Afrika.
Lia Nadine Massetti
Lia arbeitet zurzeit als Künstlerin beim Theater Thikwa.
Ilaria Fioravanti
Ilaria Fioravanti wurde 1988 in Italien geboren. Nach ihrem Bachelor im Fach Sprachen, wirtschaftliche und rechtliche Institutionen Ostasiens an der Universität Ca’ Foscari in Venedig, zog sich nach Berlin, wo sie die Welt des Mindmappings für sich entdeckte. Neben der festen Zusammenarbeit mit der Kommunikations- und PR-Agentur PR Harthcommunications, hält Ilaria Weiterbildungskurse für Lehrer und Workshops in den Schulen, in denen sie die Technik des Mindmappsing unterrichtet und die Lernenden bei der Entdeckung ihres Potentials unterstützt. Als zertifizierte Ausbilderin von ThinkBuzan (ThinkBuzan Licensed Instructor in Mind Mapping) besteht ihrer Berufung darin, eine kreativere und effizientere Denkmethode in den Schulen und in der Arbeitswelt zu verbreiten.