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Ein Interview mit Eva Böller, Sprecherin des Bremer Friedensforums

von Milena Rampoldi, ProMosaik e.V. – Anbei ein wichtiges Interview mit Frau Eva Böller, Sprecherin des Bremer Friedensforums. Der Aufbau einer Kultur und Gesellschaft für den Frieden ist vor allem in diesem Moment wichig wie noch nie. Der Friede beginnt in unserem Umfeld. Die Frage nacht dem Frieden ist eine Frage nach der sozialen und politischen Gerechtigkeit. Kriege werden von Lobbys organisiert. Die Drahtzieher aller Kriege sind Menschen, die am Krieg verdienen und für die sich der Tod von Zivilisten immer wieder auszahlt. Daher wiederholen sich die falschen Kriegsszenarien immer wieder. Immer neue Feinde werden erschaffen und bewaffnet. Es fliehen immer mehr Menschen vor den Kriegen. Kriege erschaffen Flüchtlinge. Der Pazifismus hingegen baut eine tolerante, bunte und offene Gesellschaft auf, die gerecht und dynamisch gestaltet ist. 

Milena Rampoldi: Was bedeutet für Sie das soziopolitische Engagement für die Friedensbewegung?

Eva Böller: Der
Frieden ist nicht nur die Frage der Verhinderung von heißen Kriegen, sondern
auch von Wirtschaftskriegen. Wenn die 
Probleme des Klimas, des Hungers, der ungleichen Verteilung der
Ressourcen und des Reichtums nicht positiv gelöst werden, kann es keinen
Frieden geben.
D.h.
Friedensbewegung ist ohne sozialpolitisches Engagement nicht denkbar.

MR: Wie können wir uns als Bürger am besten gegen den Krieg und die Rüstungslobby
stellen?

EB: Die
Verursacher der Kriege, des Hungers und des Elends müssen benannt werden. Das
sind die Rüstungskonzerne und die großen US-amerikanischen und europäischen
Agrar-, Lebensmittel- und Erdölkonzerne.

MR: Wie wichtig ist die Flüchtlingsarbeit in der Friedensbewegung und warum?

EB: Die
Menschen flüchten vor Krieg, Hunger und Armut. Sie flüchten, weil wir ihre
Länder und Lebensgrundlage zerstören. Fluchtursachen bekämpfen heißt, die
barbarische Weltordnung anzuklagen, die für Macht und Profit Hunderttausende
hungern und sterben lässt. Die Menschen fliehen aus ihren Ländern, weil
Ausbeutung der Bodenschätze vergiftetes und unfruchtbares Land hinterlässt, die
Fischgründe leergefischt sind, die lokale Industrie und zerstört ist, die
Lebensmittelmärkte überschwemmt werden mit den Abfällen der reichen Länder.
Religiöse und ethnische Konflikte werden vom Westen geschürt.

MR: Was kann man in Deutschland im Moment für die Flüchtlinge tun?

Neben
praktischer Solidarität und Unterstützung muß man sich der Politik der
deutschen Bundesregierung entgegenstellen. Deutschland ist der viertgrößte
Waffenexporteur der Welt, mit deutschen Waffen werden die Kriege am Laufen
gehalten. Wir brauchen eine ehrliche Willkommenskultur. Wir müssen die
Flüchtlinge schützen und unterstützen und vielleicht sogar dankbar sein, dass
sie durch ihren Lebensunterhalt unsere Binnenwirtschaft unterstützen.

MR: Wie kann man sich als Pazifist heute gegen Rechtsradikalismus und für Toleranz
einsetzen?

EB: Durch
Aufklärung, Demonstrieren, gelebtes Vorbild sein, durch politische Aktivität,
Leserbriefe, Stammtischparolen widersprechen, nicht zulassen, dass Flüchtlinge
und arme Einheimische gegeneinander ausgespielt werden.
Kleiner
Einschub: Wussten Sie zum Beispiel das: Bundesrichter Prof. Dr. Thomas Fischer:
“360.000
Quadratkilometer für 82 Millionen angebliche Deutsche macht 4.300 m² pro
deutschen Menschen (220 pro km²). Kämen nun, sagen wir mal 60 Millionen dazu
(derzeit geschätzte Zahl der Kriegsflüchtlinge auf der Welt), blieben für jeden
gerade einmal noch 2.600 m², die Dichte stiege auf 360 pro km² an. Das
entspricht ziemlich genau der Bevölkerungsdichte von Israel (370), Indien (370)
oder Japan (340) und liegt zwischen den Niederlanden (400) und Belgien (350).
In Bangladesch (1070) gilt das als gähnende Leere; auch in Südkorea (520) ist’s
ein bisschen enger. Trotzdem – und auch dies muss man einmal sagen dürfen: Die
schaffen das.”
Quelle:
http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2015-10/fluechtlinge-fischer-im-recht/komplettansicht

MR: Was haben Sie mit Ihrer Arbeit schon erreicht und was wünschen Sie sich für die
nahe Zukunft?

EB: Erreicht
haben wir – und das ist nach wie vor eine Daueraufgabe – dass die Mehrheit der
Bevölkerung gegen Krieg ist.
(Belege:
Kanzler Schröder hat mit seinem (brüchigen) NEIN zum Irakkrieg eine
Kanzlerschaft gewonnen.
Die
Kriegsministerin stellt 60 Millionen für eine Pro-Bundeswehr-Kampagne zur
Verfügung, weil die Bevölkerung nicht kriegsbereit ist.)

Wo
ist die Messlatte. Was wäre die Welt ohne Friedensbewegungen?
Was
ich mir wünsche?
Mehr
Solidarität
Mehr
Aufklärung
Mehr
politisches, zivilcouragiertes Engagement im Kleinen und im Großen.

Anbei noch eine Rede von Eva Böller anlässlich der Mahnwache von 2014 für Hiroschima:
http://www.bremerfriedensforum.de/pdf/RedeHiroshima2014_Eva_Boeller.pdf