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Die moralischen und intellektuellen Fähigkeiten eines islamischen Führers bzw. einer islamischen Führerin

von Dr. phil. Milena
Rampoldi, ProMosaik e.V.

Wie Bahriye Üçok, Kadriye Hüseyin und auch
andere Autorinnen, die (wie z.B. Fatima Mernissi) über weibliche Führerinnen
im Islam schrieben, hervorheben, verfügen die weiblichen Führerinnen in der
muslimischen Geschichte über bestimmte moralische und intellektuelle
Fähigkeiten, die für die politische Führung von wesentlichem Belang sind [2].  
Zu diesem Thema finde ich das Kapitel des
ägyptisch-kanadischen Islamgelehrten Jamal Badawi
[1] zum Thema der Eigenschaften
eines islamischen Führers bzw. einer islamischen Führerin, sehr aussagekräftig,
gerade weil es sich auf die heutige Zeit und auf das zeitgenössische Management
bezieht und man daraus auch wichtige Schlüsse bezüglich der Staatsführung
ziehen kann. 


Wichtig ist zu verstehen, wie der ursprüngliche
Islam den Muslim als Kalifen anerkannte, der die islamischen Werte lebte und
sich Allah unterordnete, ohne persönliche Macht ausüben und sich die wirtschaftlichen
Ressourcen des Volkes aneignen zu wollen. Diese Utopie der Gerechtigkeit ist
das Ideal, das uns heute im Sinne der Leitgedanken von Sayyid Qutb dazu bewegen
sollte, die muslimische Welt von Grund auf zu reformieren und von Korruption,
Gewalt, Militärputschen, Bürgerkriegen und Habgier zu befreien.

Der beste Führer oder Herrscher ist derjenige,
der dem Volk dient und den das Volk als solchen anerkennt und derjenige, der
sich, ganz im Sinne des Ausspruchs von Bilkis im Koran[3], mit dem Volk berät. 

Den Ansatz von Badawi finde ich innovativ und
interessant, um ihn auf die islamische Politik anzuwenden, weil er von einer
westlichen, moralischen Theorie ausgeht, in der die universalen Kompetenzen
hervorgehoben werden, die auch innerhalb des Islam die des wahren Herrschers
bzw. Führers sein sollten, obwohl der Islam natürlich in Hinsicht auf das
Jenseits und das Jüngste Gericht auch andere Fähigkeiten des Führers erwartet
als der humanistische Westen, der die Möglichkeit stets offen lässt, Gott aus dem
politischen Diskurs auszuklammern.

Der Charakter ist in der islamischen
Weltanschauung eine wesentliche Eigenschaft des Muslims. Ein Führer ohne
Charakter widerspricht der politischen Utopie des Islam.



Die Eigenschaften eines
Führers

Die Eigenschaften eines islamischen Führers
bzw. einer islamischen Führerin beeinflussen sein oder ihr Verhalten[4]. Sie schließen seine oder
ihre Persönlichkeit, den moralischen Charakter (…), Absichten, das Niveau
seiner oder ihrer Kompetenz und die Zielsetzungen ein. In deren Buch The Leadership Challenge befragten
Kouzes und Posner, zwei Leadership-Forscher, 2.615 der berühmtesten Führer bzw.
Leiter der USA, um zu ermitteln, welche Eigenschaften sie so effizient machten[5]. Die Tabelle 3-1
präsentiert eine Liste der acht Haupteigenschaften, welche die Anhänger bzw.
Untertanen bzw. Beherrschten, in einem Führer suchen[6].

Tabelle
3-1: Eigenschaften effizienter Führer

Eigenschaft
Rangordnung
Prozentsatz der Befragten
Ehrlich
Kompetent
Zukunftsweisend
Begeisternd
Intelligent
Aufrichtig
Direkt
Ideenreich
1
2
3
4
5
6
7
8
83
67
62
58
43
40
37
34

Die Eigenschaften effizienter Führer in der
Studie von Kouzes und Posner sind auffallend islamisch. Nun besprechen wir hier
im Folgenden die vier Haupteigenschaften:

·      Ehrlichkeit: Führer gelten als ehrlich in dem Maße, in dem
es eine „Übereinstimmung zwischen Wort und Tat gibt“. In anderen Worten
besitzen sie Integrität und machen das, wovon sie sagen, dass sie es auch
machen werden. Im Koran wird der Prophet Moses (as) von einer jungen Frau[7] als „stark und
vertrauenswürdig“ (al-qawi al-amin)
bezeichnet, und der Prophet Yusuf (as) wird als einer, der vertrauenswürdig
ist, beschrieben[8].
Auf ähnliche Weise sind die beiden Namen des Propheten Mohammed (sas) besonders
relevant. Als er noch jung war, pflegten die Quraish ihn Sadiq (wahrheitsliebend) und Amin
(vertrauenswürdig) zu nennen. Er wurde von allen, sogar von den Führern von
Mekka, respektiert. Diese Qualitäten werden in der folgenden von ‘Adi bin
‘Amira al Kindi überlieferten Hadith betont:

Ich hörte den Gesandten
von Allah (sas) sprechen: „Derjenige von euch, der von uns zu einer leitenden
Position ernannt wird und von uns eine Nadel oder etwas noch kleineres erhält,
so wäre das schon Unterschlagung (öffentlicher Güter), und er (muss) (dies) am
Tag des Gerichtes Rechenschaft abgeben[9]“.



Die muslimischen Führer
müssen ehrlich sein, nicht nur, weil diese Tugend sie zu besseren Führern
macht, sondern auch weil sie vor Allah für ihre Taten in dieser Welt und im
Jenseits Rechenschaft abgeben müssen. Warum sind Ehrlichkeit und Integrität so
wichtig für die Führer? Obwohl Kouzes und Posner (1987) keine Antwort darauf
geben, hat der Islam aber eine Antwort auf diese Frage. Die Führung ist mehr
als ein Auftrag oder eine Arbeit; sie ist Etwas
Anvertrautes
[10]und dies unabhängig von den
Umständen. Sei es im Bereich der Religion
als auch des Lebens im Allgemeinen, kann diese Betonung leicht beobachtet
werden. Zum Beispiel schließt eine Gesellschaft, die Eigentum eines Muslims
ist, amana in den Mittelpunkt
sämtlicher Unternehmenswerte ein und betont, dass die Pflichten, die einem
Manager (oder jeglichem anderen Angestellten) aufgetragen werden, eine
Angelegenheit des Vertrauens betreffen und demzufolge erfüllt werden müssen.
‘Umar (ra) und Abu Bakr (ra) sahen ihre wichtigste Verantwortung im Respekt für
die von der Ummah anvertrauten Sache und waren äußerst ehrlich und fleißig in
der Erfüllung dieses Anvertrauten.

·      Kompetenz: Die Menschen tendieren eher dazu, die
Anordnungen eines Führers zu befolgen, wenn sie glauben, dass diese Person
weiß, was sie tut. Wenn die Anhänger an den Kapazitäten ihrer Führer zweifeln,
so werden sie weniger begeistert sein, seinen Anordnungen Folge zu leisten. Die
Kompetenz bezieht sich nicht nur auf die aktuellen technischen Fähigkeiten des
Führers; der Nachweis seiner Leistungen in der Vergangenheit als Führer
beeinflusst die Wahrnehmung anderer bezüglich seiner Kompetenz. Wie …
besprochen…, könnte ein kompetenter, wenn auch islamisch schwacher Führer,
einem inkompetenten Führer, der aber mehr islamisches Wissen besitzt,
vorgezogen werden. Natürlich wird einem Führer, der sei es kompetent als auch
islamisch stark ist, Priorität eingeräumt.

Im Allgemeinen müssen islamische Führer darauf
achten, nicht von einer schwachen Position aus zu führen. Wie oft haben wir die
Ernennung eines außerordentlichen Imam zur
Position des Präsidenten in einer muslimischen Organisation gesehen, um ihn
dann später nur noch kämpfen zu sehen? Wie man aus der Tabelle 3-1 schließen
kann, kann ein Führer, der in einer Situation kompetent ist, es in einer
anderen nicht sein. Der Prophet (sas) suchte und folgte, außer in den
Angelegenheiten, in denen er eine Offenbarung
erhielt, des Öfteren dem Rat seiner Gefährten. Wie Afzalur Rahman betont[11]: „Dies gibt all seinen
Männern die Möglichkeit, an der Diskussion teilzuhaben und Anregungen zu geben;
und so wurde die beste Lösung durch gegenseitige Beratung gefunden“. Um ein
Beispiel anzuführen: in der Schlacht von Badr sprach Muhammad (sas) mit allen
Parteien, worunter sich sei es die Ansar als auch die Mujahirun befanden, um
sich über den Fortschritt der Streitkräfte der Quraish zu beraten und suchte
das Schlachtfeld auf Anraten von Al Ubab bin al Mundhir aus. Die Strategie, den
dem Feind am nächsten liegenden Schacht auszuheben und ihn dann mit Sand zu
füllen, wurde auch vom selben Gefährten angeraten und fand dann die Zustimmung
des Propheten Muhammad (sas). In Angelegenheiten der Religion darf die
Kompetenz des Propheten (sas) nicht in Frage gestellt werden; in anderen
Angelegenheiten dieser Welt, in der es keine göttliche Führung gibt, suchte und
akzeptierte er Ratschläge anderer[12]. Die folgende
Überlieferung weist auf das Bewusstsein des Propheten (sas) bezüglich seiner
Stärken und Beschränkungen hin[13]:

„Der Gesandte Allahs (sas) und ich gingen an
Menschen vorbei, die sich neben einer Dattelpalme befanden. Der Prophet sagte:
Was machen diese Leute? Sie erwiderten: Sie fremdbestäuben, d.h. sie verbinden
den männlichen mit dem weiblichen (Baum), damit sie mehr Früchte bringen.
Daraufhin sprach der Prophet (sas): Ich finde, dass dies keinen Nutzen hat. Die
Menschen wurden darüber informiert und hörten mit dieser Praxis auf. Der
Gesandte Allahs (sas) wurde daraufhin darüber informiert, dass die Ernte
geschrumpft war, woraufhin er sprach: Wenn es nützlich ist, sollten sie es tun.
Das war nur eine persönliche Meinung von mir. Folgt nicht meinen persönlichen
Meinungen. Aber wenn ich euch etwas im Namen Allahs sage, dann akzeptiert es.
Denn ich ordne Allah, dem Erhabenen und Ruhmreichen, keine Lügen zu“.



Was noch wichtiger ist, ist in diesem
Zusammenhang die Tatsache, dass der Islam zwischen Wissen (‘ilm) und der eigenen Fähigkeit, dieses Wissen in die Praxis
umzusetzen (hikmah), unterscheidet.
Kompetenz bezieht sich eher auf ‘ilm.
Die islamische Perspektive erkennt die Bedeutung beider an und betont, dass ein
Führer über beide verfügen sollte, um effizient zu sein.

„Und als er seine Vollkraft erreicht hatte und
reif geworden war, verliehen Wir ihm Weisheit und Wissen; also
belohnen Wir jene, die Gutes tun.“ (Sure Qassas, 28:14)

Muslimische Führer müssen sich bemühen, sich
praktisches Wissen anzueignen und gleichzeitig auch nach der Fähigkeit zu
streben, dieses in angemessenen Situationen anzuwenden.

·      Eine Vision haben und zukunftsweisend sein[14]: Von den Führern wird erwartet, dass sie über einen Führungssinn
und eine langfristige Vision für deren Organisation oder Gemeinschaft
besitzen…. Safi[15]
behauptet, dass eine gut artikulierte Vision den Anordnungen des Führers
Kontinuität verleiht und die Organisation stabil gestaltet, die Mitglieder der
Organisation inspiriert und das Potential von Konfusion und Konflikt zwischen
allen Stakeholders reduziert. Was noch wichtiger ist: eine Vision fungiert als
kognitiver Bezugsrahmen für die Orchestrierung sämtlicher Tätigkeiten der
Organisation.

Es sei darauf hingewiesen,
dass die Vision an sich nicht eine vollkommen originelle Idee sein muss. Sie
kann sehr einfach sein, aber sie sollte etwas sein, mit dem sich alle
identifizieren können…. Diese Vision sollte, ob nun während der Arbeit oder in
der Freizeit, ob nun bei einer Niederlage oder bei Erfolg, sämtliche Mitglieder
der Organisation vorantreiben. Auch wenn sie diese nicht direkt umsetzen
können, sollten sie sich trotzdem auf die zukünftige Situation, die von der
Vision beschrieben wird, hin bewegen und auf Allah vertrauen, damit er dies
auch geschehen lässt.


·      Inspiration: Die Anhänger erwarten sich, dass ihre Führer
eine positive Einstellung zur Zukunft beibehalten, und dies unabhängig davon,
wie schlecht die aktuelle Lage auch sein mag. Der Führer darf niemals aufgeben
oder die Hoffnung verlieren. Während der Schlachten von Badr, Uhud und Hunain,
schreckte der Prophet (sas) niemals vor größeren Feindeskräften zurück und
geriet auch nicht in Panik, wenn die muslimischen Kräfte in Verwirrung
zurückwichen. Ein anderes Beispiel für die Art und Weise, nach der ein Führer
inspiriert, ist das von Abu Bakr (ra). Nach dem Tod des Propheten (sas),
standen die Muslime unter Schock. ‘Umar (ra) war besonders verzweifelt; er war
fest davon überzeugt, Muhammad (sas) sei nicht verstorben und verkündete dies
laut. Abu Bakr (ra) beruhigte ihn mit den Worten: „Beruhige dich, ‘Umar!
Schweig!“ Daraufhin gab er ihm die folgende Ansprache:

„Leute, wenn ihr Muhammad angebetet habt, so
sollt ihr wissen, dass Muhammad verstorben ist. Aber wenn ihr Allah angebetet
habt, dann sollt ihr wissen, dass Allah lebt und nie stirbt“.

Dann rezitierte er den folgenden Koranvers:

„Mohammed ist nur ein Gesandter. Vor ihm sind
Gesandte dahingegangen. Wenn er nun stirbt oder getötet wird, werdet ihr umkehren
auf euren Fersen? Und wer auf seinen Fersen umkehrt, der fügt Allah nicht den
mindesten Schaden zu. Und Allah wird die Dankbaren belohnen.“ (Sure Al-‘Imran,
3: 144)

Diese inspirierende Ansprache besänftigte den
Zorn des Volkes und versetzte es in die Lage, positiv und zielorientiert zu
bleiben.

Zusätzlich zu den oben angeführten
Eigenschaften der effizienten Führer, die von der aktuellen empirischen
Recherche zum Thema der Leadership abgeleitet werden, spornt der Islam die
Muslime dazu an, einige zusätzliche Eigenschaften nachzuahmen, wenn aus ihnen
effiziente Führer werden sollen. Wenn man davon ausgeht, dass der Führer schon
über einen starken, moralischen Charakter verfügt, so gibt es noch andere
wichtige, islamische Eigenschaften, die ein Führer in sich entwickeln sollte.



·      Charakterstärke: Ein Führer soll Tätigkeiten vermeiden, die von
Islam verboten sind und sich von einer schlechten Gesellschaft distanzieren. Da
es notwendig für ihn ist, ein ausgezeichnetes Vorbild für andere Muslime zu
sein und in guten wie in schlechten Situationen zu verharren und zu
inspirieren, so kann er es sich nicht leisten, weltlichen Versuchungen
nachzugeben. In anderen Worten stellt die Charakterstärke ein Muss für einen
Führer.

·      Geduld (sabr):  Das ist eine der Haupteigenschaften, welche
die islamische Führung ausmachen. In einem Koranvers identifiziert Allah
explizit die Geduld als eine der Schlüsseleigenschaften der Führung:

„Und Wir erweckten Führer aus ihrer Mitte, die
(das Volk) leiteten nach Unserem Gebot, weil sie standhaft waren und fest an
Unsere Zeichen glaubten“ (Sure Sajdah, 32:24)[16].

In der Tat kann ein Führer, wie alle anderen
Gläubigen, auch geprüft werden. Und er muss notwendigerweise diese Prüfungen
ruhig und ohne den Glauben zu verlieren überstehen.

„Wahrlich, Wir werden euch prüfen mit ein wenig
Furcht und Hunger und Verlust an Gut und Leben und Früchten; doch gib frohe
Botschaft den Geduldigen.“ (Sure Al Baqarah, 2:155)[17]

Das Beispiel des Propheten (sas) und der ersten
Konvertiten zum Islam während des Boykotts der Muslime in Mekka zeigt die
Notwendigkeit der Geduld (sabr).

As Safi hebt hervor,
dass Sabr den Typ von Ausdauer
darstellt, den die Führer während der natürlichen Katastrophen, die Allah
befohlen hat, notwendigerweise aufbringen müssen. Falls die Ursache des Leidens
menschlich ist, verleiht Allah den Muslimen Entschlossenheit (‘azm) und Langmütigkeit (hilm). Diese Formen der Geduld werden
von den Propheten (as) in ihrem Kampf gegen Unterdrückung und Korruption unter
Beweis gestellt.


·      Bescheidenheit: Ein Führer muss bescheiden sein und darf sich
niemals von seinem Ego überwältigen lassen. In der Tat beschreibt der Koran
Muslime im Allgemeinen als „diejenigen, die auf dieser Erde mit Bescheidenheit
wandeln“ (25:63).

Auch ‘Ali (ra) ermutigt in seinem Brief an
Malik al Ashtar al Nakha’i diesen stark dazu, in seiner neuen Position als
Gouverneur von Ägypten bescheiden zu bleiben und erklärt ihm, warum Stolz und
Arroganz vermieden werden sollen[18].

„Sag niemals zu dir selbst: „Ich bin deren
Herr, deren Führer… und mir muss unterwürfig und demütig gehorcht werden“. Mit
einem solchen Gedanken verliert dein Denken sein Gleichgewicht, es wird aus dir
einen eitlen und arroganten Menschen machen, deinen Glauben in die Religion
schwächen und dich dazu führen, die Unterstützung einer Macht aufzusuchen, die
nicht Allah ist (vielleicht die deiner Partei oder deiner Regierung). Wenn
deine Rolle dich stolz und eitel über deine Untertanen fühlen lässt, dann denk
an die Schöpfung unseres Herrn, an die Überlegenheit Seiner Macht und Seines
Ruhms. Seine Macht, Dinge zu tun, von denen du nicht einmal träumen kannst, und
Seine Kontrolle über dich ist herrschender, als du oder einer in deinem Umkreis
jemals erreichen kann.

Während er die
Vorbereitungen für die Schlacht von Al Ahzab traf, schloss sich der Prophet
Muhammad (sas) seinen Gefährten an, hob den Graben um Medina aus und trug
Erdschüsseln auf seinem Kopf. Er packte persönlich an. Somit sind die guten
Führer auch in der Lage, selbst den Befehlen Folge zu leisten, die sie ihren
Untergebenen erteilen.


·      Freundlichkeit und Großmut: Die Rolle eines Führers
ist nicht die eines Polizisten, der einen großen Stock handhabt. Der Prophet
Muhammad (sas) sprach:
Vermeide die Verhängung der vorgeschriebenen
Strafen gegen die Muslime so viel du kannst, und wenn es irgendwie einen Ausweg
gibt, so lass einen Mann laufen, denn es ist besser für einen Führer, einen
Fehler zu machen, indem er jemandem vergibt, als einen Fehler zu begehen, indem
er eine Strafe gegen ihn verhängt[19].

‘Umar (ra) sprach zum
Volk:

Ich habe Gouverneure
und Beauftragte über euch gestellt, nicht damit diese eure Körper schlagen oder
euer Geld nehmen, sondern damit sie euch lehren und dienen[20].

Als er feststellte,
dass die Verteilung der eroberten Ländern im Irak, in Syrien und Ägypten an das
muslimische Heer die landwirtschaftliche Infrastruktur dieser Länder
destabilisieren könnte, folgte ‘Umar nicht den historischen Beispielfällen
seiner Zeit. Er erlaubte viel mehr den Bewohnern dieser Gebiete, ihre Ländereien
zu erhalten, erhob aber Steuern: zakat von
den muslimischen und jizyah von den
nicht-muslimischen Bürgern. Diese ausgewogene Politik und dieser milde Ansatz
gewährleisteten regelmäßige Einnahmequellen für den islamischen Staat[21].

·      Selbstverständnis: Das Selbstverständnis besteht in der Fähigkeit,
die eigenen Stärken zu erkennen und die eigenen Schwächen auszugleichen… Abu
Bakr (ra) verstand die Bedeutung des Selbstverständnisses und des Feedbacks.
Bei der Gelegenheit seiner ersten Predigt als Kalif sprach er:

Oh Menschen! Ich wurde
unter euch zum Bevollmächtigten, obwohl ich nicht besser bin als jeder unter
euch. Wenn ich im Recht bin, so leistet mir Gehorsam. Wenn ich irregeführt
werden, so weist mich zurecht.


·      Die Bereitschaft, Beratung heranzuziehen: Abhängig von ihrem
Führungsstil, kann es für Führer einfach oder schwierig sein, die Beratung
anderer heranzuziehen. Der Islam betont auf jeden Fall die Beratung in allen
Angelegenheiten. Durch die koranische Aussage amruhum shura baynahum (der die Angelegenheiten durch gegenseitige
Beratung führt) (42:38) und die Gewohnheit des Propheten (sas), Rat
heranzuziehen und ihn zu akzeptieren, wurden die Beschränkungen der
Machtausübung durch Koran und Sunna festgelegt. Wie Al Buraey betont, spielt
die Shura eine kritische Rolle in der
Verwaltung und im Management, vor allem bezüglich der Entscheidungsfindung; sie
stellt eine Einschränkung der Verwaltungsmacht und -autorität[22] dar. Im Unterschied zu
den elitären Ansätzen (Mehrheit/Minderheit) zum Thema der Entscheidungsfindung,
betont das Konzept der Shura den
Aufbau des Consensus. Dieser Prozess des Aufbaus des Consensus, wie er von den
muslimischen Führern angewendet wird, braucht nicht allein auf eine Elite oder spezielle Interessensgruppe
beschränkt zu werden; er sollte eher ausgeweitet werden, um alle Personen zu
involvieren, die von den erwarteten Entscheidungen betroffen sind, vor allem
wenn der Gegenstand der Beratung kein besonderes „technisches“ Wissen oder
keine besondere Erfahrung erforderlich macht.

·      Fairness und Vorurteilslosigkeit: Eine Schlüsselfähigkeit
eines islamischen Führers besteht in der Fairness und Vorurteilslosigkeit. Im
Umgang mit anderen muss der Führer vorurteilslos zu allen sein, unabhängig
davon, ob sie Muslime sind oder nicht. Das folgende Ereignis über Fayruz al
Daylami, einen bekannten Gefährten des Propheten (sas) beschreibt die Bedeutung
dieser Eigenschaft.

Nachdem er von ‘Umar
(ra) bestellt worden war, begab sich Fayruz al Daylami nach Medina bat um eine
Audienz bei ‘Umar. ‘Umar erteilte ihm seine Erlaubnis. Es befand sich hier
offensichtlich eine Gruppe, die ‘Umar sehen wollte und ein junger Quraysh schob
Fayruz. Fayruz erhob seine Hand und schlug dem jungen Quraysh auf die Nase. Der
Junge ging zu ‘Umar, der ihn fragte, we das getan hätte.

„Fayruz ist an der
Tür“, sagte der Junge. Fayruz ging zu ‘Umar hinein, der ihn fragte:
„Was ist das, Fayruz?“
„O Amir al-Muminin“,
erwiderte Fayruz, „Du hast mir geschrieben. Du hast ihm nicht geschrieben. Du
hast mir die Genehmigung erteilt, hereinzukommen, ihm aber nicht. Er wollte vor
mir an meiner Stelle zu dir hineintreten. Dann machte ich, was du mir gesagt
hast“.
„Al Qisas“, sprach ‘Umar in seinem Urteil aus. Er meinte
damit, dass Fayruz denselben Hieb von dem Jungen als Vergeltung bekommen
sollte. „Muss es so sein“, fragte Fayruz, worauf ‘Umar entgegnete: „Ja, es muss
so sein“.

Daraufhin warf sich
Fayruz auf die Knie, und der Junge stand auf, um seine Vergeltung auszuüben.


·      Bescheidenheit und Einfachheit: Im Gegensatz zu den
westlichen Theorien über die Führung und das Management, in denen die Führung
an der Spitze schweigt, betont der Islam die Bescheidenheit. Als ‘Umar (ra) das
Abkommen für die Eroberung von Jerusalem unterzeichnete, konnte er von seiner
kleinen Gruppe von Begleitern sehr schwer erkannt werden. Anbei eine
Beschreibung von ‘Umar (ra), während er sich Jerusalem näherte:

Seine Kleider waren
schmutzig und voller Flecken. Abu ‘Ubaidah, Khalid bin Walid und andere
Befehlshaber kamen aus der Entfernung, um ihn zu empfangen. Sie trugen kostbare
Kleider. Dies ärgerte ‘Umar (ra). Er warf seinen Generälen (um seine Wut zu
zeigen) Kieselsteine zu und sprach: „Hast du dich in nur zwei Jahren so
verändert? Der einzige Weg, um erfolgreich zu sein, ist der des Heiligen
Propheten (sas)“.

‘Umar (ra) lebte in
einem einfachen Haus. Er hatte keine Leibwachen für seine persönliche
Sicherheit und ging ohne Begleitung durch die Straßen von Medina.

·      Gute Führer und gute Untergebene: Die Führer müssen
gewillt sein, dieselben Vorschriften zu befolgen, die für ihre Untergebenen
Anwendung finden. In der Khandaq-Schlacht arbeitete der Prophet (sas) mit denen
zusammen, die den Graben aushoben. Khalid ibn Walid, einer der besten
militärischen Führer in der islamischen Geschichte war immer bereit, das zu tun,
was normale Soldaten auch tun. Während der Expedition nach Mu’tah kämpfte er
als ordentlicher Soldat unter der Führung von Zaid ibn Thabit. In einer
darauffolgenden Gelegenheit stimmte er auf ‘Umar’s (ra) Anfrage anmutig zu, die
Karriereleiter hinunterzugehen und kämpfte mit derselben Härte in der Rolle
eines ordentlichen Soldaten, wie er schon als Befehlshaber der muslimischen
Armee getan hatte.

·      Verantwortung: Gemäß der islamischen Perspektive der
Leadership ist der Führer für das Wohlergehen seiner Untergebenen
verantwortlich. Indem er seine Position als Führer akzeptiert, nimmt er auch
gewisse Pflichten auf sich. Eine der wichtigsten Pflichten des Führers besteht
in seiner Verantwortung für die Wahrung der legitimen Rechte seiner
Gemeinschaft. Wie wir bezüglich der Rollen des Dieners-Führers[23] und des
Beschützer-Führers angesprochen haben, so steht das Konzept der Verantwortung
in Verbindung mit verschiedenen Aspekten der Leadership im Islam, und der
Führer, der es nicht schafft, sich um seine Mitglieder oder Anhänger zu
kümmern, der muss vor Allah diesbezüglich Rechenschaft abgeben.  


Der Diskurs von al
Badawi über die Fähigkeiten eines Führers bzw. einer Führerin geben uns in
diesem Zusammenhang dann auch die Möglichkeit, die Charakterzüge der einzelnen
weiblichen Herrscherinnen auf dieser Grundlage zu untersuchen und zu
vergleichen. Und dies bietet neue Ausblicke und Perspektiven für die
geschichtliche Annäherung an die Macht der Frau in der muslimischen Geschichte.


[1] Vgl. hierzu: Leadership: an Islamic Perspective, von Rafik I. Beekun und Jamal
Badawi, Amana Publications, Beltsville 1999, S. 38-47.
[2] al-Mawardi spricht beispielsweise von
Wissen und Gerechtigkeit als von zwei wesentlichen Voraussetzungen für den
islamischen Herrscher. In Anlehnung an Syed Muhammad Naquib al-Attas‘ Artikel
mit dem Titel
“Islamic
Philosophy: An Introduction”
in “Journal of
Islamic Philosophy”
1 (2005), S.
12-52, müssen all diese Tugenden oder Fähigkeiten, die dazu notwendig sind,
islamisch zu führen bzw. zu herrschen, in der islamischen Weltanschauung des Tawhid gesehen werden.
[3] Vgl. hierzu Koran 27:32: Sie sprach:
„O ihr Häupter, ratet mir in meiner Sache. Ich entscheide keine Angelegenheit,
solange ihr nicht zugegen seid.“ Im Gegensatz dazu heißt es über die nicht
rechtmäßigen Könige in derselben Sure Vers 34: „Sie sprach: „Fürwahr Könige,
wenn sie ein Land eindringen, sie verwüsten es und machen die höchsten unter
seinen Bewohnern zu den niedrigsten. So verfahren sie.““ Hier möchte ich noch
aus Beyer R., Die Königin von Saba, Engel
und Dämon,
Lübbe, Bergisch Gladbach 1987, die folgende Passage aus dem Werk
von Al-Talabi über den Tyrannenmord zitieren, um zum Ausdruck zu bringen, wie
Bilkis die ideale islamische Herrscherin im Gegensatz zum Tyrannen, der im
Koran durch den König repräsentiert wird, der das Land nach Koran 27:34
verwüstet und die Bewohner versklavt, ist, vgl. hierzu S. 59-60: „Als ihr Vater
starb, soll er kein anderes Kind als sie (Bilqis) hinterlassen haben. Sie aber
strebte offenbar nach der Herrschaft und bat ihr Volk, ihr zu huldigen. Ein
Teil des Volkes willfahrte ihr auch, ein anderer aber gehorchte ihr nicht. Dieser
letztere erwählte einen Mann zum König über sich. .. Doch der Mann, den sie
über sich zum König gemacht hatten, benahm sich schlecht seinen Untertanen
gegenüber. … Das Volk verheiratete sie daher mit dem Manne … Sie versammelten
sich bei Bilqis und sprachen zu ihr: „Du bist der Herrschaft am würdigsten“.
Hierauf machten die Männer sie zu ihrer Königin, und ihr Reich befand sich in
guter Ordnung“. Hier sieht man, wie Weisheit und weibliche Führung der
männlichen Tyrannei gegenübergestellt werden, es aber einer Heiratsstrategie
bedarf, um die Frau an die Macht zu bringen. Solchen Tricks begegnen wir auch
immer wieder im Buch von Bahriye Üçok auf der Bühne der politischen
Männerwelt. 
[4] In diesem Zusammenhang schließt Jamal
Badawi, wie wir auch in seinem Buch Gender
Equity in Islam,
die Frau in die politische Führung ein.
[5] In diesem Zusammenhang bezieht sich
der Autor auf das folgende Handbuch: Kouzes, J. und Posner, B., The Leadership Challenge: How to Get
Extraordinary Things Done in Organizations,
Jossey-Bass, San Francisco
1995.
[6] Dieses Konzept ist auch in meinem
Diskurs von wesentlichem Belang, da der islamische Kalif bzw. der islamische
Herrscher in unserer Zeit nach dem Kalifat Eigenschaften besitzen muss, die vom
Volk anerkannt werden, da sich ohne die Anerkennung des Volkes seine Herrschaft
bzw. Führung in eine unislamische Machtausübung verwandelt, wie wir bereits in
der Gegenüberstellung der beiden Herrschertypen in der Sure „Die Ameisen“
gesehen haben.
[7] In diesem Zusammenhang bezieht sich der
Autor auf den Vers 26 der Koransure „Qassas“.
[8] Vgl. Koran 12:46, wo es heißt:
„Joseph! O du Wahrhaftiger, erkläre uns die Bedeutung von sieben fetten Kühen,
die von sieben magern gefressen werden, und von sieben grünen Ähren und
(sieben) andern dürren, auf dass ich zurückkehre zu den Leuten, damit sie es
erfahren.“
[9] Hier zitiert Jamal Badawi die
Überlieferung des Propheten Nr. 4514 aus Sahih
Muslim
.
[10] Mit „Etwas Anvertrautem“ habe ich
versucht, den zentralen islamischen Begriff amana
ins Deutsche zu übersetzen. Die Vertrauenswürdigkeit ist eine der
wichtigsten Tugenden des Muslims. Vgl. hierzu: Koran 23:8 und 4:58. Je mehr
Veruntreuung auf dieser Erde erfolgt, desto mehr nähern wir uns nach der
Eschatologie des Islam dem Jüngsten Tag. Denn nichts, was wir hier auf dieser
Erde besitzen, gehört uns im absoluten Sinne. Alles gehört Allah. In diesem
Sinne ist die Vertrauenswürdigkeit auch eine der bedeutendsten Eigenschaften
eines wahren, islamischen Führers.   
[11] In diesem Zusammenhang zitiert Badawi
Rahman A., Muhammad as a Military Leader,
Islamic Publications Verlag, Lahore 1990. Afzalur Rahman (1918-1995) ist
ein pakistanischer Gelehrter, der auch bekannt für sein Lexikon über das Leben
des Propheten und verschiedene Lexika über den Koran ist.
[12] Das ist ein wichtiges und wesentliches Element im Koran:
Muhammad ist ein Prophet, kein Zauberer und kein Gott. Es ist nicht
vergleichbar mit dem christlichen Jesus, in dessen Seele im Laufe seines Lebens
das Bewusstsein seiner Göttlichkeit wächst und der im Rahmen der Dreifaltigkeit
göttliche Züge erhält. Muhammad bleibt Mensch und nur in den Versen, die ihm
von Allah geoffenbart wurden, ist die Wahrheit Allahs zu finden. Alles andere
gehört zum menschlichen Sein des Propheten (sas), der keine göttlichen Züge
besitzt, sondern nur als Warner von Allah (swt) ausgesucht wurde. Vgl. hierzu
als Beispiel Koran 47:19: „Wisse drum, daß es keinen Gott gibt außer Allah, und
bitte um Vergebung für deine Fehler und für die gläubigen Männer und die
gläubigen
Frauen. Allah kennt die Stätte eures Aus- und Eingehens und die
Stätte eurer Rast.“
[13] Hier zitiert Badawi eine Überlieferung
von Talhah ibn Ubaydullah in Sahih
Muslim,
Nr. 5830.
[14] Hierzu finde ich die Aussage von
Robert K. Greenleaf genial: “Foresight is seen as a wholly rational processs,
the product of a constantly running internal computer that deals with
intersecting series and random inputs and is vastly more complicated than
anything technology has yet produced. Foresight means regarding the events of
the instant moment and constantly comparing them with a series of projections
made in the past and at the same time projecting future events – with
diminishing certainty as projected time runs out into the indefinite future”.
[15] In diesem Rahmen bezieht sich der
Autor auf den folgenden Artikel des syrisch-US-amerikanischen Islamgelehrten
von Safi Louay, der sich in seinen Schriften vor allem für die Rechte der
muslimischen Bürger in den Vereinigten Staaten einsetzt und sich vor allem mit
Modernität, Islam und Menschenrechten beschäftigt:
“Leadership and Subordination: An
Islamic Perspective”, American Journal of
Islamic Social Sciences
, Sommer, Band 12, 2, S. 204-233. Er setzt sich auch für
die Rechte der Frauen und ihre Beteiligung an der Führung der Moscheen ein. Es
gibt Themen, so Louay, die nur von Frauen behandelt werden können. Die
Teilnahme an der Moscheeführung ist im Islam auch eine politische Tätigkeit, da
der Islam von Grund auf sozio-politisch strukturiert ist. Vgl. hierzu den
folgenden, wegweisenden Artikel von Louay mit dem Titel
“Women and the Masjid between two
Extremes”,

http://louaysafi.blogspot.de/2005/03/woman-and-masjid-between-two-extremes.html,
letzter Abruf, 15.07.2013, 17.58 Uhr. Hier spricht Louay ganz im Sinne Badawi
über die koranische Gleichberechtigung der Frauen, der die Einschränkung des
Raumes in den Moscheen als illegitim gegenübergestellt wird. Zur Zeit des
Propheten nahmen die Frauen aktiv am Leben der Moschee und der Gemeinschaft
teil. Im Namen der sogenannten moralischen Prävention der Verdorbenheit wurden
Frauen immer mehr von ihrem Platz in Politik und Gesellschaft hinausgedrängt.
Louay äußert sich ganz klar gegen
die Abgeschiedenheit der Frauen, wenn er schreibt: “Assigning
women a separate and secluded space does not only go against Qur’anic
injunctions and the practices and directives of the Prophet, peace be with him,
but is detrimental to the spiritual and moral growth of women and the
development of the community.”
Daher plädiert der Autor auch für das
Engagement der Frauen in der Moscheeleitung. Er vertritt auch meine persönliche
Meinung, dass Reformen mehr bringen als Überraschungen wie die von Amina Wadud,
die mitten in einer New Yorker Kirche das Gebet für Männer und Frauen leitete.
   
[16] Die Geduld wird im Koran 90 Mal
erwähnt und ist auch in den Überlieferungen des Propheten des Öfteren genannt.
Hierbei möchte ich ein paar Beispiele aus Riyad
us Salihin,
Band I, anführen. In Kapitel 3 zitieren die Hadithsammler
verschiedene Koranverse über die Geduld wie 3:200, 2: 155, 39:10, 42:43, 2:153,
47:31. Es folgen diverse Hadithe, wie z.B. die von Muslim, in der die Geduld
als der Glanz des Glaubens bezeichnet wird (Nr. 25). „Wer sich geduldet, dem
schenkt Allah Geduld.“ (Nr. 26). „Die wahrhaftige Geduld besteht darin, dass
man schon beim ersten Schlag Geduld aufbringt.“ (Nr. 31). Es gibt auch einen starken
Zusammenhang zwischen der Geduld und Allahs Prüfung (vgl. hierzu: Nr. 43).
Geduld bedeutet auch, sich nicht reizen zu lassen, wie in Nr. 45 von Abu
Huraira (ra) überliefert: „Es ist nicht derjenige stark, der den Gegner zu
Boden schlägt, sondern der, der nicht die Geduld verliert, wenn ihn jemand
reizt“, und nicht wütend zu werden, wie der Prophet (sas) dem Mann in Nr. 48
drei Mal hintereinander anrät. Die Geduld hängt auch stark mit der Tugend der
Standhaftigkeit zusammen, wie wir im Vers gesehen haben, den Badawi
diesbezüglich zitiert.
[17] Hierzu möchte ich die Interpretation
dieses Verses von Ibn Kathir zitieren: Der gläubige Muslim ist geduldig im Leid
und erhält dafür seine Belohnung. Allah prüft Seine Diener (vgl. hierzu:
47:31). Bezüglich der Hungersnot und der Angst als Prüfung, vgl. 16:112.
[18]
Vgl. hierzu: http://www.al-islam.org/nahjul/letters/letter53.htm, letzter
Abruf, 15.07.2013, 17.15 Uhr. Hier findet sich der gesamte Inhalt des Briefes
von Ali (ra) an seinen Gefährten und Gouverneur von Ägypten Malik al-Ashtar.
Der Brief ist für mich großartig, weil er die Eigenschaften des Führers im
Islam sehr klar hervorhebt und aufzeigt, wie die Verwaltung im Islam auf
Gerechtigkeit basiert. Er gilt als inspirierend für unsere politischen Aufgaben
im Islam von heute. Badawi zitiert den Brief aus: Behzadnia, A. A. und Denny,
S., To the Commander in Chief from Imam
Alit to Malik-E-Ashter.
[19] Hier bezieht sich unser Autor auf eine
Überlieferung von Aisha nach der Übertragung von Tirmidhi, Nr. 3570.
[20] In diesem Zusammenhang zitiert Badawi:
Al Buraey M., Administrative Development:
An Islamic Perspective,
KPI Verlag, London 1985, S. 248.
[21] Hier wird erneut auf Al Buraey, S.
250-51 verwiesen.
[22] Hier wird erneut
auf Al Buraey, S. 320 verwiesen.
[23] Ein sehr interessantes Buch, das auch
Badawi zitiert, ist zu diesem Thema das von Robert K. Greenleaf mit dem Titel Servant Leadership: A Journey into the
Nature of Legimitate Power and Greatness,
Paulist Press Verlag, Mahwah
2002. Vor allem im ersten Kapitel geht es dem Autor darum zu sehen, ob, warum
und wie diese beiden gegensätzlichen Rollen in einer Person vereint werden
sollten. Er nimmt in diesem Zusammenhang Bezug auf die Figur von Leo im Roman
von Herrmann Hesse Die Morgenlandfahrt, der
zugleich Diener und die spirituelle Führung des Ordners ist.
Auf Seite 21 schreibt der Autor über
Leo: “Leadership was bestowed upon a person who was by nature a servant”.
In der gleichen Lage befinden sich die
Propheten, so der Autor. Ich finde den Vergleich genial, weil man in der Figur
des Dieners-Führers einfach das Angesprochensein des Propheten Muhammad von
Seiten Allahs und somit auch seinen Weg von der Führung, die ihm von Allah
aufgetragen wurde, indem er stets Allahs Diener blieb, vorfindet. Wenn die
Herrscher der muslimischen Welt über dieses einfache Prinzip der Führung im
theologischen Rahmen des politischen Islam nachgedacht hätten und nachdenken
würden, hätte diese gewalttätige und eitle Welt ein vollkommenes, ja vielleicht
utopisches Gesicht. Der Autor spricht hier (S. 23) von einem moralischen
Prinzip der Autorität, das im Islam in der Geschichte der Realpolitik ab den
Umayyaden wohl in Vergessenheit geraten ist.