General

Rohingya Muslime “Ein schleichender Völkermord” – unser Artikel auf Islamiq

Rohingya Muslime

“Ein schleichender Völkermord”

Die
prekäre Lage der verfolgten Rohingya Muslime spitzt sich dramatisch zu.
Der Versuch der ethnischen Säuberung ist in vollem Gange. Wie es soweit
kommen konnte und welche perversen Strategien dem zugrunde liegen. Ein
Kommentar von Milena Rampoldi.

Flüchtlinge © kisakuyruk auf shutterstock, bearbeitet by IslamiQ

Flüchtlinge © kisakuyruk auf shutterstock, bearbeitet by IslamiQ
 

Rohingya Muslime: ein schleichender Völkermord, ethnische
Säuberung, buddhistischer Terrorismus, wie man diese Katastrophe auch
benennen mag. Es geht auch hier in Myanmar, unabhängig von jeglicher
religiösen Haltung und jeglicher politisch-ideologischen Einstellung, um
etwas viel Größeres: und zwar um die narrative Entmenschlichung und die
darauffolgende vollständige Eliminierung des Anderen. Indem man
Menschen einer anderen Religion und Volksgruppe entmenschlicht, erklärt
man sie für vogelfrei, für freies Vieh, das man töten kann. Was aber
immer Grundlage jedes Völkermordes ist, ist das Narrativ desselben. Und
da sind die Völkermörder immer sehr kreativ, und so sind sie es auch in
Myanmar. Die Rohingya wären späte Einwanderer und nicht schon seit
tausend Jahren hier und vor einem Jahrtausend durch arabische Händler
zum Islam übergetreten.

Erst wenn wir sie im Meer sehen, weggeschoben und verdrängt von allen
Ländern, die sie aufnehmen sollten, verstehen wir die Tragik dieses
Völkermordes, der schon mehrfach versucht wurde, zuletzt durch die
Junta. Aber nach dem Fall des Militärregimes und dem Aufbau der neuen
Regierung, der sogenannten „Menschenrechte“ und des sogenannten Friedens
dachten viele, es wäre das Ende des Endes der Rohingya-Muslime. Die
Hoffnung gab uns natürlich die neue Regierung Suu Kyi. Aber Suu Kyi ist
geradezu die Befürworterin dieser Verfolgung, da sie sich nicht für die
Rohingya einsetzt. Sie spricht öffentlich den Völkermord ab, und auf
diese Weise lässt sie die buddhistischen Terroristen walten, denn die
Welt schweigt. Denn Buddhisten als Täter zu bezeichnen, gegen Muslime
als Opfer, ist für viele schwer nachvollziehbar, vor allem auch aufgrund
der großen Medienauftritte des Islamischen Staates und seiner
Brutalität gegen Zivilisten und des dauernden Echos des 11. September
2011, der in den Medien so oft vorkommt wie die Judenverfolgungen der
NS-Zeit.

Wie sieht nun dieses Narrativ aus, nach dem die Rohingya kein Recht
auf die Staatsbürgerschaft von Myanmar haben? Dies erklärt uns Harun
Yahya in einem Artikel zum Thema vom Dezember 2014, in dem er wie wir
das Schweigen der Welt denunziert und hervorhebt, wie es um einen
dauernden und schleichenden Völkermord gegen diese ungeschützte und
international bewusst in den Schatten gedrängte Volksgruppe geht. Ihr
wird die Staatsbürgerschaft in Myanmar verwehrt. Die einzigen
Alternativen in dieser Situation sind die Aufenthalte in den maroden
Flüchtlingslagern oder die Flucht ins Ausland. Der türkische Theologe
Harun Yahya spricht aber das Grundproblem, das jenseits des
territorialen Streits an die Oberfläche tritt, klar an, wenn er
schreibt: „Das Volk eines Landes wird seit Jahren verfolgt und ermordet.
Dieser Völkermord geschieht unter den Augen der Welt. Und die Welt weiß
es, aber sie sagt nichts. Das bedeutet, dass es ein Gewissensproblem
und nicht ein Problem der Beweisführung ist“. Denn es zählt nicht, ob
das Narrativ nun glaubwürdig ist oder nicht. Es zählt nur, dass es das
einzige Narrativ der Buddhisten im Lande ist, die eine Minderheit
ausschalten wollen. Und das ist ein ethisches Problem der Menschen ohne
Gewissen, ja einer ganzen Völkergemeinschaft ohne Gewissen. Wie am
Beispiel von Palästina, Darfur, der Uiguren, zeigt sich auch hier das
gewissenlose Ignorieren des Anderen, des Menschen, da seine
Entmenschlichung zum Narrativ gehört und nur noch so oft wiederholt
werden muss wie nötig, um wahr zu klingen und das Gewissen der Mehrheit
auszuschalten.

Welche Aufgabe haben wir als Muslime heute für die Rohingya? Wir
müssen das Schweigen brechen, über dieses Volk schreiben, die Bilder
dieses Volkes verbreiten und alle gemeinsam gegen die Regierung in
Myanmar protestieren. Des Weiteren müssen wir über den buddhistischen
Terrorismus sprechen, der natürlich der pazifistischen Seele des
Buddhismus vollkommen widerspricht, aber nun mal existiert. Die
Fokussierung auf den islamischen Terrorismus, als gehöre er zum Islam,
und das vollkommene Schweigen über den buddhistischen Terrorismus gegen
die Minderheit der Rohingya in Myanmar soll auch thematisiert werden..
Die internationale Gemeinschaft muss Druck auf Myanmar ausüben und die
sogenannte Demokratie von Myanmar boykottieren und international
delegitimieren. Das Ganze sollte dann auch mal von einer
ökonomisch-kolonialistischen Perspektive gesehen werden: wer profitiert
von der Leere der Rohingya-Region? Wer wird den Platz der Rohingya dort
einnehmen? Ich finde immer den neoimperialistischen Ansatz sehr
nützlich, um das Phänomen des Völkermords zu analysieren und zu
erklären. Es geht mit Sicherheit auch bei den Rohingya nicht um einen
Religionskrieg, sondern um Macht, um Ausschaltung des Anderen zwecks
Machtvergrößerung der buddhistischen Mehrheit, um wirtschaftliche
Vorteile, um finanzielle Vorteile durch Enteignungen und Landraub. Das
Ganze hat sehr wohl etwas Nazi-Faschistisches an sich und ein Kalkül,
dass Religionen nur manipuliert werden, um den Völkermord zu
rechtfertigen und gleichzeitig ihn zu ignorieren, während er geschieht.
Denn im Buddhismus ist es sogar erlaubt, Buddhist und Muslim
gleichzeitig zu sein. Und genau das sollte uns zum Nachdenken anregen
und uns dazu führen, das Thema auch mal wirtschaftlich und geopolitisch
zu analysieren.