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ProMosaik e.V. interviewt Frau Mutterer von der Deutschlandstiftung


Liebe
Leserinnen und Leser,
und
weiter geht es heute aus unserer Redaktion mit einem zweiten Interview mit Frau
Mutterer von der Deutschlandstiftung, die sich in unserem Lande für eine
solidarische und multikulturelle Gesellschaft einsetzt und jegliche Art von
Diskriminierung und Rassismus bekämpft.
Vor
allem in diesen PEGIDA-Wochen finde ich die Worte von Frau Mutterer wegweisend,
denn in unserem Lande muss sich etwas ändern… hin zu einer Kultur der Toleranz
und der Solidarität mit dem Anderen.
Dankend
Dr.
phil. Milena Rampoldi
Redaktion
von ProMosaik e.V.
ProMosaik
e.V.: Wie würden Sie Alltagsrassismus beschreiben und warum ist seine
Bekämpfung so wichtig für uns als multikulturelle deutsche Gesellschaft?
Frau
Mutterer: Deutschland ist das zweitbeliebteste Zuwanderungsland in der Welt.
Nur in die USA wandern mehr Menschen ein. 16,5 Millionen Menschen mit
Migrationshintergrund leben hier. Es ist wichtig für Deutschland aufgeschlossen
zu sein und eine positive Kultur des Miteianders zu schaffen. Dazu gehört Ängste
gegen Fremdheit abzubauen, über Vielfalt zu diskutieren und die Mehrheitsgesellschaft
zu sensibilisieren. Denn Alltagsrassismus ist für uns oft unüberlegte Ignoranz
gepaart mit Arroganz.
Menschen
sprechen gerne mal trennend von „bei euch” und „bei uns”. Darauf
wollen wir hinweisen.

ProMosaik
e.V.: Welche Strategien setzt Ihre Stiftung um, um Chancengleichheit für
Menschen mit Migrationshintergrund zu erreichen?
Frau
Mutterer: Die Deutschlandstiftung Integration fördert mit diversen Projekten
Vielfalt in der Bundesrepublik. Dabei setzen wir auf unterschiedliche Ansätze.
Mit der Social-Media-Kampagne #AuchichbinDeutschland zum Beispiel soll eine
Diskussion zu den Themen “Deutschsein” und
“Alltagsrassismus” angestoßen werden und sie spricht bewusst nicht nur
Menschen mit Migrationshintergrund an. Außerdem
fördern wir
mit unserem Stipendienprogramm GEH DEINEN WEG Schüler, Auszubildende und
Studenten mit Migrationshintergrund. Sie wollen wir mit Mentoren aus
Wirtschaft, Politik und Kultur auf ihrem Karriereweg unterstützen. Zu ihnen
gehören unter anderem der ehemalige Bundespräsident Christian Wulff,
Regierungssprecher Steffen Seibert oder Doris Schröder-Köpf. Ergänzt
wird das
Stipendienprogramm GEH DEINEN WEG durch ein Berufsorientierungsprogramm.
Die bundesweite Veranstaltungsreihe wendet sich an Haupt-,
Real- und Gesamtschulen, die von besonders vielen Schülern mit
unterschiedlichen kulturellen Hintergründen besucht werden. Erwiesenermaßen
haben es Schüler mit Migrationshintergrund bei der Ausbildungsplatzsuche oft
schwerer und sollen deshalb mit dem Programm besonders gefördert werden. Ziel
von Berufsorientierung GEH DEINEN WEG
ist es somit, ortsansässige Unternehmen frühzeitig mit Kandidaten für eine
Ausbildungsstelle zu vernetzen. Durch den persönlichen Rahmen der Veranstaltung
an einer Schule ist ein besonders intensiver Kontakt zwischen Schülern und
Unternehmen möglich.

ProMosaik
e.V.: Wenn Sie die Hindernisse, die Sie auf Ihrem Weg finden, in Form eines
Brainstormings aufzählen sollten, was denken Sie käme da raus?
Frau Mutterer: Von Hindernissen möchten wir gar nicht
sprechen, aber wir kämpfen aktuell auf unserer #AuchichbinDeutschland-Facebookseite
sehr mit Neonazis und rassistischen Parolen.

ProMosaik
e.V.: Wie wichtig ist für Sie das Prinzip von ProMosaik e.V., nach dem es nicht
nur interkulturelle und interreligiöse Kommunikation, sondern einer wahren
Empathie bedarf, um miteinander leben zu können?
Frau Mutterer: Auf dieses Prinzip setzen wir auch. Bei
#AuchichbinDeutschland wollen wir diese Empathie fördern, den Blick verändern
und zum Nachdenken anregen. Der Wert eines fürsorglichen Miteinanders und
daraus folgendes Engagement  ist zudem
maßgeblich für unser Stipendienprogramm GEH DEINEN WEG. Bei uns wird nur
Stipendiat, wer diesen Wert lebt.

ProMosaik
e.V.: Was würden Sie einem NPD-Politiker antworten, der Ihnen sagt:
„Deutschland den Deutschen. Denn die Ausländer bereichern unser Land keineswegs.
Sie bringen nur Probleme zu uns“.
Frau Mutterer: Obwohl ich Diskussion schätze, weiß ich
nicht, ob diese zu einem Ergebnis führen würde. Jedenfalls würde ich auf die
Fakten verweisen, die belegen, wie wichtig Zuwanderung für unser Land ist und
an unsere europäische Kultur erinnern, die auf der Menschenwürde fußt.


ProMosaik
e.V.: Welche Hauptziele verfolgt Ihre Stiftung mit der Kampagne gegen
Alltagsrassismus „Auch ich bin Deutschland“?
Frau
Mutterer: Wichtig ist uns, dass es überhaupt zu einer Auseinandersetzung mit
dem Thema Alltagsrassismus kommt. #AuchichbinDeutschland möchte sensibilisieren,
zur Diskussion anregen und aufzeigen, dass Deutschland und „Deutschsein” sich
wandeln und die verbreiteten „ethnischen” Zuschreibungskriterien nicht mehr die
demografische Realität widerspiegeln.

ProMosaik
e.V.: Könnten Sie uns kurz Ihren Standpunkt über die Sarazzin-Debatte erörtern,
über die Ihre Stiftung auch ein Buch veröffentlicht hat?
Frau
Mutterer: Wir sind gegen polemische Äußerungen, also auch gegen die Thesen von
Thilo Sarrazin. Dennoch haben wir immer eine konstruktive Auseinandersetzung damit
als wichtig erachtet. Es war uns wichtig, die Debatte dazu zu nutzen, das
Bewusstsein für Integration und ihre Rahmenbedingungen zu schärfen und die
richtigen Handlungsempfehlungen daraus abzuleiten. Mit unserem Buch „Sarrazin.
Eine deutsche Debatte“ haben wir dafür eine Plattform geschaffen.