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Wilhelm Langthaler: Entwurf für ein Österreichisches Personenkomitee Frieden für die Ukraine


Liebe Leserinnen und Leser,
 gestern hatten wir das Interview mit Dr. Wolfgang Bittner über den Ukraine-Konflikt als Ergebnis des US-Neoimperialismus in Europa vorgestellt.

Zum Nachlesen siehe hier:

http://www.promosaik.blogspot.de/2015/05/promosaik-ev-im-gesprach-mit-dr-bittner.html 

Anbei finden Sie die Forderungen von Wilhelm Langthaler an die österreichische Regierung zwecks Gestaltung des Friedens in der Ukraine auf der Grundlage der Selbstbestimmung. Der Frieden basiert auf der Selbstbestimmung des ukrainischen Volkes und kann nicht von Außen aufgedrängt werden.

Danke fürs Lesen und Teilen

Um mehr über Herrn Wilhelm Langthaler zu erfahren, gerne die Seite der AIK besuchen:

http://www.antiimperialista.org/de/about


 
Demokratie und Selbstbestimmung als Schlüssel für den Frieden in der
Ukraine
Forderungen an die österreichische Regierung
Seit vergangenem Jahr erleben wir
in der Ukraine einen Konflikt, der zeitweilig bereits zum Bürgerkrieg eskaliert
ist. Er droht abermals auszubrechen und birgt die Gefahr der Ausbreitung über
die Grenzen des Landes hinaus, in dem er Russland gegen Westeuropa stellt.
Allzu schnell wird hierzulande der
Bösewicht dingfest gemacht und an das traditionelle Feindbild aus dem Kalten
Krieg angeknüpft. Der Blick auf die inneren Ursachen und vor allem auf die
Beteiligung des „Friedensprojekts Europäische Union“ bleibt verstellt.
Wir rufen zur Besonnenheit und
Selbstreflexion auf. Gleichzeitig wollen wir den offiziellen Antifaschismus beim
Wort nehmen. Warum das Schweigen, wenn es um das Wiederaufleben historischer
Konfliktlinien geht, in denen der deutsche Nationalismus und insbesondere der
Nationalsozialismus eine gewichtige Rolle spielte und Kontinuitäten nicht von
der Hand gewiesen werden können?
Unterschiedliche Definitionen der
Ukraine
Der ukrainische Nationalismus ist
eine der wesentlichen historischen Strömungen in der Geschichte und der
Gegenwart des Landes, zu dem sich beträchtliche Teile der Bevölkerung – vom
Nordwesten in den Südosten mit abnehmendem Gewicht – bekennen. Er steht für
eine Integration in die westlichen Machtzentren und war historisch mit dem
deutschen Imperialismus verbunden. Dies schlägt sich heute in starken
rechtsradikalen Tendenzen nieder, über die man hierzulande tendenziell schweigt.
Auf der anderen Seite steht ein
gewichtiges russisches oder prorussisches Bevölkerungssegment, das sich als
Teil der „Russischen Welt“ versteht. Er war nicht bereit unter einem
rechtsnationalistischen Regime zu leben, das ihm die elementaren Menschenrechte
verweigerte – symbolisiert durch die umgehende Aberkennung des Status des
Russischen als einer offiziellen Sprache. Sie probte den Aufstand.
Was weniger bekannt ist: eine
Mehrheit wollte sich nicht zwischen Ost und West entscheiden, sich nicht
entweder als russisch oder als ukrainisch bekennen müssen. Dieser schweigenden
Mehrheit wird vom neuen nationalistischen Regime die Artikulation verweigert.
Dafür sorgt der Terror der rechten Milizen, die zur Einschüchterung nicht davor
zurückschrecken kritische Journalisten zu ermorden wie zuletzt Oles Busina. Die
westlichen Medien reagieren fast mit Verständnis, denn die Opfer wären
prorussisch gewesen – was im Falle Businas nicht einmal zutrifft.
Dass dies System hat, zeigt die offizielle
Reaktion Kiews: Oppositionelle mögen sich doch bei ihren Äußerungen
zurückhalten, denn man könne für ihre Sicherheit nicht garantieren. Das ist
auch der tiefere Sinn des Massakers von Odessa vom 2. Mai 2014. Dort
verbrannten Mitglieder des „Rechten Sektors“ rund 50 Oppositionelle – bis heute
ohne Strafverfolgung. Den demokratischen Westen kümmert das wenig. Für seine
freien Medien sind beide Seiten gleichermaßen Schuld. Tatsächlich ging es
darum, oppositionelle Meinungsäußerung mit aller Gewalt im Keim zu ersticken.
Dort sind Neonazis insbesondere dann zweckdienlich, wenn die ukrainischen
Nationalisten wie in Odessa in der Minderheit sind – denn sonst drohte ihnen
ein Aufstand wie in Donetsk und Lugansk.
Ausländische Einmischung
Geschwindigkeit und Tiefe des
Konflikts wurde jedoch stark vom ausländischen Eingreifen bestimmt. Und auch
dabei wird sofort auf Russland gezeigt.
Doch das erste massive Eingreifen
was das Assoziationsabkommen mit der EU selbst, das eine einseitige
wirtschaftliche Orientierung auf den Westen vorsah. Für ein zerrissenes Land
zwischen Großmachtinteressen kam die europäische Politik der Provokation einer
Teilung gleich und musste natürlich auch die Mobilisierung der russischen
Interessen auf den Plan rufen (wie die Annexion der Krim). Dass Russland die
Nato auf Distanz haben will, ist aufgrund der Weltkriege und des Kalten Krieges
allemal verständlich.
So korrupt die Vorgängerregierung
war (die die neoliberalen Vorgaben aus Brüssel und Moskau durchsetze und sich
dabei gehörig bereicherte), so sehr verstand sie sich auf eine Schaukelpolitik
zwischen den Machtzentren. Retrospektiv betrachtet ergibt sich daraus die
scheinbar paradoxe Situation, dass unter der alten Regierung für alle Seiten
mehr Meinungsfreiheit herrschte, als unter der neuen prowestlichen.
Friedensabkommen
Seit Anbeginn des Konflikts kennt
Kiew nur ein Rezept der Rebellion zu begegnen – annexionistischer Krieg. Es
wird dabei vom Westen unterstützt. Es ist kein Zufall, dass die beiden
Friedensabkommen Minsk I und II jeweils dann zustande kamen, als die
ukrainischen Truppen schwere Niederlagen einstecken mussten. Es ging um die
Verhinderung des weiteren Vorrückens der Donbass-Rebellion.
Folgt man den westlichen
Staatskanzleien sowie den Medien, dann brächen die prorussischen Kräfte immer
wieder das Abkommen. Vermutlich wird das für beide Seiten stimmen, je nach
lokalen Bedingungen.
Der politische Grund für das
Scheitern ist aber ein anderer: Minsk II sah im Kern einen Autonomiestatus für
den Donbass vor – der Schlüssel zum Frieden. Kiew hat indes mehrfach und
martialisch klargemacht, dass der Donbass ganz allein ihnen gehöre. Sie rüsten
zu einem neuerlichen Angriff nun mit anhebender amerikanischer Militärhilfe, zu
dem es wohl bald kommen wird.
Was in Minsk jedoch gar nicht zur
Sprache kam, sind die demokratischen Rechte der schweigenden Mehrheit zumindest
im Süden und Osten weit über den Donbass hinaus.
Unsere Forderungen gegen den Krieg
Die Zweite Republik Österreich und
ihre verfassungsmäßige Neutralität sind aus einem Staatsvertrag zwischen Ost
und West hervorgegangen. Schon allein unser antifaschistischer Auftrag
prädestiniert uns für eine neutrale Vermittlerrolle. Daher müssen auch die
Sanktionen gegen Russland aufgehoben werden. Aus den historischen Katastrophen
des vergangenen Jahrhundert lernen wir: niemals mehr Krieg gegen Russland.
Für die Ukraine selbst bedeutet
nicht nur die Anerkennung der Vertreter der Donbass-Revolte als Konfliktpartei,
sondern noch viel mehr die Forderung nach der Widerherstellung der demokratischen
Rechte der Mehrheit, die zwischen ukrainischem und russischem Nationalismus
steht.
Wilhelm Langthaler
Wien, im Mai 2015
Entwurf für ein Österreichisches
Personenkomitee Frieden für die Ukraine