Südafrikanische Corona-Variante in Kuba aufgetaucht
Von Marcel Kunzmann, Amerika21,
4. Februar 2021. Kuba meldet erstmals vierstelliges Niveau bei den
Neuinfektionen. Südafrikanische Variante festgestellt. Erste Impfstoffe kurz
vor der Marktreife. Angesichts
weiter steigender Fallzahlen und des Auftretens der Mutation aus
Südafrika hat das sozialistische Kuba neue Maßnahmen zur Eindämmung des
Coronavirus ergriffen. Wie die Gesundheitsbehörden bekanntgegeben haben, werden aufgrund der
“nationalen, regionalen und internationalen epidemiologischen
Situation” ab dem 6. Februar die Flugverbindungen weiter reduziert
und die Quarantäneprotokolle für ankommende Besucher verschärft (amerika21 berichtete).
Mit 1.012 Neuinfektionen erreichten
die Corona-Zahlen der Insel am Samstag zum ersten Mal ein vierstelliges Niveau.
Ende Januar wurde bei ankommenden Reisenden erstmals die südafrikanische
Variante des Virus festgestellt.
Seit der
weitgehenden Lockerung für den Tourismus Ende Dezember stiegen die
Corona-Zahlen auf Kuba wieder exponentiell. Trotz des Mitte Januar verhängten
“weichen” Lockdowns in vielen Provinzen konnte der Trend bisher noch
nicht gebremst werden. In der Mehrzahl der Regionen sind mittlerweile Schulen,
Restaurants und öffentliche Einrichtungen wieder geschlossen. Gottesdienste und
Feste jeder Art sind untersagt, der Konsum von Alkohol im öffentlichen Raum
verboten. In Havanna und anderen Provinzen mit vergleichbarer Inzidenz gilt ab Freitag 21 Uhr eine nächtliche Ausgangssperre.
Anders als im April vergangenen Jahres wird die wirtschaftliche Aktivität des
Landes jedoch weitgehend aufrechterhalten. Boulevards und Geschäfte sind
weiterhin stark frequentiert und der ÖPNV wird bis 21 Uhr beibehalten, um
Berufspendlern das Fortkommen zu ermöglichen.
Am 22.
Januar wurde in Kuba erstmals die deutlich infektiösere südafrikanische Mutante
des Virus bei Stichproben von ankommenden Passagieren nachgewiesen. Wie weit sich die Variante
bereits auf Kuba verbreitet hat ist noch nicht bekannt, soll jedoch durch
gezielte Stichproben systematisch untersucht werden. Bereits seit dem 10.
Januar müssen ankommende Besucher einen negativen PCR-Test mitbringen. Jetzt hat die Regierung die
Reißleine gezogen und versucht, die internationalen Besucherströme auf ein
Minimum zu beschränken, wobei der klassische Sonne-und-Strand Tourismus davon
möglichst wenig betroffen werden soll.
Der Bus-
und Zugverkehr zwischen den Regionen ist weitgehend eingestellt. Das stärkste
Infektionsgeschehen herrscht derzeit in der Hauptstadt Havanna, gefolgt von
Santiago de Cuba und Guantánamo. Die 15-Tage-Inzidenz stieg von
zehn Fällen pro 100.000 Einwohner zum Jahreswechsel auf mittlerweile 82
an. Mit 0,87 Prozent liegt die Sterblichkeitsrate auf Kuba weiterhin deutlich
unter dem regionalen und internationalen Durchschnitt. Seit Beginn der Pandemie
sind auf der Insel 214 Personen an den Folgen des Virus gestorben, 68 von ihnen
in diesem Jahr.
Hoffnung
macht indes die Erprobung der vier kubanischen Impfstoffkandidaten. Als erstes
und bisher einziges Land in Lateinamerika ist es Kuba gelungen, eigene Vakzine
gegen das Coronavirus zu entwickeln. Der aussichtsreichste Kandidat,
“Soberana 02”, wird derzeit im Rahmen eines Abkommens mit dem
Pasteur-Institut im Iran und Kuba getestet. Er wurde vom Finlay-Institut für
Impfstoffentwicklung in Havanna entwickelt. An der laufenden Phase-III-Studie
sollen mehr als 150.000 Personen teilnehmen. Das vom Zentrum für Genetik und
Biotechnologie (CIGB) entwickelte Vakzin “Abdala” startete jüngst in die zweite der drei
Studienphasen. “Soberana 01” und der ebenfalls vom CIGB stammende
“Mambisa” Impfstoff werden weiter erprobt. Alle vier Vakzine zählen
zu den sogenannten proteinbasierten Impfstoffen.
Laut
Berichten der Parteizeitung Granma verläuft auch die Anwendung des in Kuba
entwickelten monoklonalen Antikörpers “Itolizumab” zur
Behandlung von Corona-Pantienten vielversprechend. Mit dem entzündungshemmenden
Mittel, das inzwischen auch in Brasilien und den USA erprobt wird, soll die Häufigkeit von
schweren Krankheitsverläufen reduziert werden. Darüber hinaus wird
ankommenden Besuchern angeboten, präventiv den nasal verabreichten
Immunmodulator “Nasalferon” zu applizieren, der Ergebnis der seit
vielen Jahrzehnten betriebenen Interferon-Entwicklung auf Kuba ist. Zuletzt
hatte das Land Ende Januar die klinischen Behandlungsrichtlinien für
Corona-Patienten auf den neuesten Stand der Forschung gebracht.
Kuba plant, seine Bevölkerung in diesem Jahr vollständig zu
immunisieren. Wenn die Studien weiterhin gut vorankämen, könne die Impfkampagne
bereits im April beginnen, erklärte der Leiter des staatlichen Pharmakonzerns
BioCubaFarma. Mit der Produktion von 100 Millionen Dosen “Sobarana
02” soll darüber hinaus bis zum Ende des Jahres auch genügend
Kapazität für den Export in andere Entwicklungs- und Schwellenländer verfügbar
sein. Bisher meldeten Venezuela, Indien, Iran und Vietnam Interesse am Erwerb
des Impfstoffs an.