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Für die Abschiebung von Asylbewerbern ist Fliegen erlaubt …

von Christian Müller, Infosperber, 9. April 2020. Kinder in Flüchtlingslagern lässt man
hungern, aber für die Abschiebung von abgelehnten Asylbewerbern gibt es teure
Extraflüge. 
Noch
am 24. Januar hatte Bundesrätin Karin Keller-Sutter angekündigt, die Schweiz
sei bereit,
eine Anzahl minderjährige
Flüchtlinge
aus den überfüllten Flüchtlingslagern auf der
griechischen Insel Lesbos zu übernehmen. Einen Zeitpunkt wollte sie dazu nicht
nennen. Und am 10. Februar liess das Migrationsamt offiziell verlauten,
Griechenland zu unterstützen und sogenannte UMAs, unbegleitete Jugendliche,
übernehmen zu wollen.
Passiert ist natürlich noch nichts. In Corona-Zeiten ist ja alles schwieriger
und komplizierter …



Und
wie ist es in umgekehrter Richtung, mit der Abschiebung von Asylbewerbern in
Zeiten, da fast jeglicher Flugverkehr zum Erliegen gekommen ist?
Die
deutsche Tagesschau hat sich erlaubt, das Thema aufzugreifen
und zu vermelden, dass Deutschland weiterhin komplizierte und teure
Abschiebungen auch zum Beispiel nach Afrika vornimmt. Und sie hat sich auch
erlaubt, zum Fall einer nach Togo in Afrika abzuschiebenden Frau zwei kritische
Kommentare abzudrucken: «‹Ein Stück aus Absurdistan›, sagt ihr Anwalt
Peter Fahlbusch. Weltweite Solidarität sei gefragt. ‹Das bedeutet, dass man
niemanden in Gebiete schickt, wo das Gesundheitssystem jetzt sowieso schon am
Boden liegt. Das gehört sich einfach nicht.›
»
Und
die Tagesschau an anderer Stelle: «Dass überhaupt mitten während der
Corona-Krise Abschiebungen stattfinden, hält Bellinda Bartolucci von Pro Asyl
für unverantwortlich: ‹Ganze Länder fahren gerade ihre Aktivitäten herunter.
Es besteht kein regulärer Flugverkehr. Einreiseverbote werden von Staaten
verteilt. Und Deutschland macht einfach alles möglich, um eine einzelne Frau
nach Togo abzuschieben.›
»
Und
wie sieht das in der Schweiz aus?
Infosperber
hat sich erlaubt, beim Migrationsamt (SEM) nachzufragen. Die wie verlangt
schriftliche Antwort: «Bei Rückführungen in die Herkunftsstaaten prüfen die
zuständigen Behörden von Bund und Kantonen im Einzelfall, ob und unter welchen
Voraussetzungen eine Rückführung möglich ist. Dies ist abhängig von den Einreisebeschränkungen,
den flugtechnischen Rahmenbedingungen sowie allfälligen gesundheitlichen
Risiken für die an den Rückführungsaktionen beteiligten Personen.»
Aha: Die
gesundheitlichen Risiken der «beteiligten Personen» – also der Piloten und der
Polizisten – werden beachtet. Und wann fanden die letzten Abschiebungen denn
statt? Infosperber fragte explizit nach den «genauen Daten» für die
verschiedenen Länder. Die Antwort des Migrationsamtes SEM:
«Mittlerer
Osten: März 2020
Naher Osten: Dezember 2019
Maghreb: März 2020
Subsahara (West- und Ostafrika): März 2020»
Und
die genauen Daten?
Die
Antwort des Migrationsamtes SEM: «Präzisere Angaben darf das SEM hier nicht
zur Verfügung stellen.»
Man
merke: Das Herausholen und die Übernahme von unbegleiteten Kindern aus den
katastrophalen Zuständen in den Flüchtlingslagern zum Beispiel auf Lesbos ist
im Moment nicht möglich, wir haben ja ausserordentliche Reise- und
Flugbeschränkungen. Die Abschiebung von einzelnen abgewiesenen Asylbewerbern
mit teuren Extraflügen und mit polizeilicher Begleitung aber geht sehr wohl –
auch «im März» 2020, ohne genaues Datum. Kann es sein, dass man das genaue
Datum nicht erfahren darf, weil auch noch Abschiebe-Extraflüge stattgefunden
haben, als in der Schweiz zu unserem eigenen Schutz sonst alles schon blockiert
war?
Früher
kannte man noch das Sprichwort: «Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg.» Heute
passender wäre: «Wo ein Wille wäre, wäre auch ein Weg.»