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Die Presse manipuliert die Öffentlichkeit in Sachen Antisemitismus

von Abi Melzer, Der Semit, 25. April 2018. Antisemitismus, Antisemitismus, Antisemitismus – man kann es fast nicht mehr hören. Antisemitismus hier und Antisemitismus dort; früher versteckt in den Gassen und heute ganz laut in den Straßen und selbst die Vögel zwitschern das leidige A-Wort von allen Bäumen. 

Früher sprach man vom traditionellen christlichen Antisemitismus, dann vom rassistisch-ethnischen und vom Israel bezogenen Antisemitismus und heute ist man beim muslimischen Antisemitismus angekommen, der an die Stelle des deutschen Judenhasses treten soll. Es scheint, als ob man endlich die Quelle und Ursache für die seit Jahren grassierende Hysterie gefunden hat und man damit Deutschland endlich entlasten kann. Deutschland liebt seine Juden. In Deutschland gibt es seit neuestem auch einen Antisemitismus-Beauftragten, eine Art Judenreferent, der uns Juden vor Antisemitismus schützen soll. Aber wie?
Da gibt es inzwischen die absurdesten Ideen, wie zum Beispiel vom Boss der Gewerkschaft der Polizei, Rainer Wendt, der vorgeschlagen hat, dass man beim Verdacht von Antisemitismus Kinder ihren Eltern wegnehmen soll. Das haben schon die Nazis gemacht und die Kommunisten in Ostdeutschland haben es ihnen nachgemacht. Kinder von Dissidenten wurden an parteitreue Funktionären übergeben. Das Problem liegt weniger darin, dass Rainer Wendt eine solch schräge und irrsinnige Idee hatte, und sie sogar öffentlich machte, sondern dass die Öffentlichkeit inklusiv Medien dazu geschwiegen haben, dass es keinen Protest-Tsunami gab, dass man ihn nicht mit Schimpf und Schande aus seiner Position entfernt und wegen Volksverhetzung vor Gericht gestellt hat. 
Man spricht schon von der Israelisierung Deutschlands und meint mögliche Selbstmordattentate von Moslems. Aber die Israelisierung Deutschland liegt eben darin, dass man hier inzwischen fürchterlich rassistische und menschenverachtende Ideen verbreiten kann und dass Vorsitzende von Gewerkschaften und Parteien zynische und grundgesetzwidrige Aussagen machen können, ohne dass die Bevölkerung aufsteht und dagegen demonstriert.
Demonstrieren tut aber die Öffentlichkeit gegen einen Antisemitismus, der zum überwiegenden Teil fast nur in der Presse stattfindet. Man ruft die Bevölkerung auf, mit Kippa zu demonstrieren im Glauben und in der Überzeugung, dies sei ein Zeichen der Verbrüderung mit den Juden. Ja, aber mit welchen Juden? Mit den rassistisch-national-religiösen Juden, die in den besetzten Gebieten mit Kippa rumlaufen und Palästinenser schlagen, Olivenbäume entwurzeln und arabische Häuser besetzen. Das sind aber in den Augen vieler religiös-orthodoxer Juden gar keine Juden, sondern Nationalisten, oder, wie Jeschajahu Leibowitz sie nannte, Judeo-Nazis. Der Frankfurter Stadtkämmerer Uwe Becker ruft also auf sich mit Judeo-Nazis zu identifizieren. Das aber ist das absolut letzte, was Juden wie ich machen wollen und werden. Übrigens: Die wirklich gläubigen Juden tragen die Kippa nur in der Synagoge, in der Öffentlichkeit tragen sie einen Hut, um sie zu verdecken.
Ein „Jude“ ist in Berlin von einem Palästinenser verprügelt worden. Wer oder was dieser Palästinenser war, bleibt unklar, aber auch wer oder was dieses angebliche Opfer war, wird erst viel später nach und nach aufgeklärt. Zuerst heißt es, es handelte sich um einen Israeli, später um einen arabischen Israeli. In einem kurzen Interview bei der ARD hatte ich den Eindruck, dass es sich um einen perfekt ohne den geringsten Akzent sprechenden Deutschen handelt, der bewusst provoziert hat. Rolf Verleger meinte, dass ein Türke, der in einem von Kurden bevölkerte Wohngebiet spazieren gehen wird, auch Gefahr läuft verprügelt zu werden. Und ein säkularer Israeli, der am Freitag durch Mea Shearim, dem Ghetto der Ultra-Orthodoxen Juden, mit einem PKW fahren sollte, wird mit Sicherheit mit Steinen beworfen. Es war in den 60er und 70er Jahre auch für Weiße gefährlich nach Harlem zu fahren,  und für viele Schwarze ist es lebensgefährlich, sich in gewisse Gegenden in den USA aufzuhalten.
Da macht man aus einigen wenigen Vorfällen einen Skandal und ein Geschrei, dass man glauben möchte, Deutschland hat gar keine anderen Probleme außer Antisemitismus. Dieser findet aber hauptsächlich in der Presse statt, von links bis nach rechts berichten fast alle Zeitungen von den selben Vorfällen, wiederholen die Berichte mehrmals und es entsteht sehr schnell der Eindruck als handele es sich um eine Epidemie.
In einer Anna Will-Talkshow über Antisemitismus sind alle fünf Gäste einer Meinung: Der Antisemitismus kommt von rechts und kommt von links aber hauptsächlich kommt er aus dem Orient. Die hunderttausenden von Flüchtlingen haben ihn mitgebracht. So schlecht steht es also inzwischen um Deutschland, dass es auch Antisemitismus importieren muss, wo es doch jahrhundertelang Judenhass exportiert hat, und es waren gerade die Länder, aus denen die Flüchtlinge kommen, die aus Deutschland, Spanien und Frankreich geflüchtete Juden aufgenommen und gerettet haben.
Die offiziellen Statistiken der Bundesregierung sagen ganz deutlich, dass mehr als 90 Prozent der antisemitischen Straftaten aus dem rechten politischen Spektrum kommen und unter den mehr als 1400 antisemitischen Straftaten 2017 nur 34 von Menschen mit Migrationshintergrund begangen worden sind. Das aber ignoriert der Antisemitismus-Versteher Michael Wolffsohn und behauptet, es besser zu wissen. Ohne Quellen und statistische Erhebungen vorlegen zu können behauptet er, dass der moderne Antisemitismus mit den Geflüchteten zu uns gekommen ist. Das ist ein Freibrief für alle Antisemiten bei der AfD und auch für diejenigen, die nicht bei der AfD sind.
David Ranan, der ein ausgezeichnetes Buch über „Muslimischen Antisemitismus“ geschrieben hat (Dietz Verlag) bezweifelt die Qualität solcher Statistiken. Und Rainer Wendt von der Polizeigewerkschaft bezweifelt sie auch, womit er ausnahmsweise Recht hat. Es kann doch nicht sein, dass jedes Graffiti in einer heruntergekommenen Studententoilette, das Juden beleidigt und verleumdet, gleich in eine Antisemitismus-Statistik aufgenommen wird. Wir werden mit solchen und ähnlichen statistischen Zahlen gefüttert und keiner weiß, wie solche Statistiken erhoben werden und welche „antisemitischen Straftaten“ überhaupt gemeint sind. Es sind keine Gewalttaten, denn diese werden gesondert erhoben und gesammelt. Was für „Taten“ sind es dann? Schmierereien an Wänden von Synagogen?  Verwüstungen von Grabsteinen auf jüdischen Friedhöfen? Das sind doch Zeichen von jugendlichen Vandalismus und nicht Vorzeichen eines kommenden neuen Holocaust.
Wehret den Anfängen! Ja, damit bin ich einverstanden, aber nur solange es nicht zu einer permanenten Hysterie ausartet mit immer neuen Höhepunkten. Gestern war es ein jüdischer Schüler, der gemobbt wurde, und heute ein „israelischer“ Student, der verprügelt wurde. Gestern war es ein Israeli, der unbedingt mit Katar-Airlines nach Bangkok fliegen musste, obwohl die thailändische Fluggesellschaft billiger und schneller wäre und heute ein junger Palästinenser, der angesichts der neuen unnötigen Opfer in Gaza einen jüdischen Gastronomen beleidigt hatte.
Warum wundern wir uns darüber und fragen nicht nach warum der Zentralrat der Juden in Deutschland eine heuchlerische und feige Empfehlung ausgibt, in der Öffentlichkeit nicht mit Kippa zu gehen. Andererseits findet heute überall in Deutschland ein Kippamarsch statt, als Zeichen der Solidarität. Das ist doch am Thema vorbeimarschiert, zumal nach jüdischer Tradition und Brauch die Kippa nur für das Tragen im Haus vorgesehen ist. Orthodoxe Juden gehen niemals mit der Kippa auf die Straße, sondern setzen einen Hut darüber. Erst die national-religiösen Siedler haben das offene Tragen von Kippa populär gemacht, weil es in den Augen der traditionellen Juden eine Provokation ist. Eben diese national-religiösen Juden, die Leibowicz Judeo-Nazis beschimpfte.
Die Kippa können auch Juden in sogenannten moslemischen Gegenden  tragen, wenn sich der Zentralrat der Juden endlich zu seiner Aufgabe und Pflicht bekennen würde, die Juden zu vertreten und nicht die Politik des Staates Israel. Wenn Jusef Schuster den Mut hätte zu tun, was er tun müsste, dann wäre die Lage in Deutschland zumindest, ein wenig entspannter. Wenn auch Schuster, als Sprecher des Zentralrats der Juden in Deutschland, den Mut hätte, das Politestablishment Israels an jüdische Moral und Tradition zu erinnern, wenn er den Mut hätte, den Israelis zu sagen, was inzwischen viele andere Juden sagen, dann würde man die Juden in Deutschland achten und respektieren, auch von muslimischer bzw. arabischer Seite.
Es blieben dann nur noch die unverbesserlichen Antisemiten von rechts und diese können wir alle links liegen lassen.