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Jens Maier lebt!

von Sami Omar, Januar 2018. Ich weiß schon seit langer Zeit, dass die Welt ungerecht ist. Und
doch schafft mein Geist Räume der Balance, damit ich an dieser Wahrheit nicht
vergehe. Erst kürzlich dachte ich: „Roger Willemsen ist tot, Jens Maier lebt.“
Um dann schnell wieder an etwas Schönes zu denken. Ich glaube, es war ein Witz,
den ich mir selbst erzählt habe. Sie sollten mal in meinem Kopf zu Gast sein.
Da bin ich zum Totlachen komisch.



Jens Maier, Bundestagsabgeordneter der AfD hatte Noah Becker, den
Sohn des ehemaligen Tennisspielers Boris Becker, rassistisch beleidigt. Darauf
folgte zunächst die erfolgreich und gezielt evozierte Empörungswelle vieler
Medien, die absurderweise zu großen Teilen die rassistische Provokation
reproduzierten indem sie seine verunglimpfende Sprache übernahmen.  Etwas später – und von vielen nicht
hinreichend zur Kenntnis genommen – äußerte sich die „Initiative Schwarze
Menschen in Deutschland“ zu den Äußerungen Maiers. Wenig überraschend, dafür in
großer Klarheit forderte sie von den Medien“ „…einen reflektierteren Umgang mit
Sprache zu etablieren, welcher berücksichtigt, dass die ständige Reproduktion
rassistischer Begrifflichkeiten letztlich mit dazu führen, dass Rassismen
hoffähig bleiben…“
Als ich mit meinem Sohn heute den Radiosender SWR 3 hörte wurde der
Begriff, den Maier wählte, in einer Nachrichtensendung ohne Not wiederholt.
Mein Sohn weiß, was Rassismus ist, er erlebt ihn selbst, ohne dafür schon genug
Worte zu haben. Doch zum ersten Mal habe ich heute direkte und unmittelbare
Betroffenheit bei ihm miterlebt. Ausgelöst durch die Beiläufigkeit, Normalität
und Unkommentiertheit der zitierten Beleidigung. Wenn es im Radio gesagt wird,
dann ist es vielleicht mehr, als eine Beleidigung auf dem Schulhof, sondern
schlicht Normalität – so war der Gedanke, hinter dem Gefühl.
Wie gesagt, ich weiß, dass die Welt ungerecht ist. Auch unsere
Kinder lernen das. Das Beharren auf rassistische Sprache in vielen Medien
vermittelt aber den Eindruck, die Debatte um rassistische Sprache selbst sei
überzogen.

Und das ist, um es mit meinem Sohn zu sagen: totale Scheiße!