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Wen kann eine jüdische Anti-Zionistin wählen?


By Evelyn Hecht-Galinski, Sicht vom Hochblauen, 23.
August 2017
Wen kann eine jüdische
Anti-Zionistin wählen?

Es schüttelt mich so viel
Verlogenheit erleben zu müssen, in puncto Palästina, wenn ich die Wahlprogramme
der deutschen Parteien lese. Keine Partei wagt es, sich öffentlich EINSEITIG
auf die Seite der Entrechteten, Besetzten zu stellen. Ja, ich stimme Judith
Butler voll zu, als sie Antizionismus als Pflicht bezeichnete, solange nicht
die Demontage des politischen Zionismus als Ziel erreicht wird.

Diese Pflicht sollte als neue
jüdische Ethik gelten. Ich selbst kenne nur eine Ethik die unteilbar ist und
sich an Humanismus und Menschenrechten orientiert, egal ob jüdisch, christlich
muslimisch oder atheistisch/laizistisch. Alles, was es jemals an Ethik gab,
wird im „Jüdischen Staat“ mit Füßen getreten und als Besatzungsmacht ignoriert.
Ein friedliches Zusammenleben wurde von den zionistischen Eindringlingen von
Beginn an nicht gewollt und mit Taten manifestiert. Die Nakba, die Vertreibung
der mehr als 700.000 Ur-Einwohner Palästinas, wurde vorangetrieben und war planmäßig
organisiert in der ethnischen Säuberung Palästinas, die bis heute weiter
vorangetrieben wird, ohne wirkliche Störmanöver der heuchlerischen
Staatengemeinschaft.
Die jüdischen Eindringlinge, die
ganz bewusst ihr Ziel verfolgten, einen „Jüdischen Staat“, für die verfolgten
Juden Europas einzurichten, machten sich schuldig, indem sie genau so
rassistisch handelten, wie sie es zuvor erlebt hatten. Frei von „Arabern“, der
Begriff Palästinenser kommt ihnen bis heute nicht über die Lippen, da es laut
zionistischer Propaganda kein palästinensisches Volk gibt, kolonisierten sie
Palästina als Alleinherrscher und Besatzer. Endlich waren sie das Tätervolk,
anstatt Opfer zu sein. Sie fühlten sich immer wohler in dieser Rolle. Ist es
doch wieder wichtig sich erhaben über andere zu fühlen, auf dem Weg zum Endziel
der Judaisierung Palästinas in einem Groß-Israel!
Dieser politische Zionismus, der
förmlich nach Unterdrückung, Zerstörung und Vertreibung der Einheimischen
verlangt, macht bewusst ein Zusammenleben auf Augenhöhe unmöglich, was ja auch
nicht gewollt ist und niemals auf der Agenda steht.
Das ist für mich, gleichermaßen
für viele Mitstreiter und Aktivisten die einzige humanistische Agenda: An der
Demontage des politischen Zionismus mitzuarbeiten, die jüdische und
demokratische Pflicht, damit es doch einmal zu einem freien Palästina ohne
illegale jüdische Besatzung kommt.
Ich stimme Judith Butler auch
ausdrücklich zu, wenn sie nicht nur das Westjordanland und Gaza, sondern ganz
Israel und die Staatsgründung für unrechtmäßig hält. Nur mit der Demontage des
politischen Zionismus ist dieses Ziel zu erreichen. Solange der „Jüdische
Staat“ ein jüdischer Nationalstaat ist, der die Palästinenser zu Menschen
zweiter Klasse deklariert und die Trennung von Staat und Religion nicht
vollzieht, sondern auf dem Judentum basierend, instrumentalisierend ein
anderes, das palästinensische Volk illegal besetzt, drangsaliert und das
Judentum auch noch für die Außenpolitik missbraucht, solange wird es niemals
Frieden in Palästina, der Region und der Welt geben. (1)
Darum ist es ausnehmend wichtig,
dass sich immer mehr jüdische Bürger mit dem Anti-Zionismus beschäftigen, und
ihren willigen Helfern „Sayanim“, wie die „Salon“Zionisten und
„christlich-jüdischen“ Zionisten Paroli bieten zu können. Denn unsere
anti-zionistische Stärke sind die Fakten, die wir vertreten, während Zionisten
immer weiter ihre unwahren, nur auf unhistorischen Tatsachen beruhenden Thesen
verbreiten. Jeder Historiker der daran rüttelt, wie z.B. Ilan Pappe, Shlomo Sand,
Moshe Zuckermann, Norman Finkelstein und Kollegen werden zu Parias, zu
Antisemiten gemacht.
Tatsache ist heute gleichermaßen,
dass sich mit der ständigen Wiederholung der falschen Selbstdarstellung als
„einzige“ Demokratie im Nahen Osten, die schon kein politisch halbwegs
informierter Mensch mehr hören mag, dass sie so verlogen ist, wie das ganze
zionistische Staatsgebilde des „Jüdischen Staates“, ein wissenschaftlich
propagandistisches Produkt. Dass immer ausgeklügelter seine Positionen als
demokratisch legitimiert darstellen will, während der legale Widerstand der
Besetzten gegen die Besatzer, als Terror und illegal diffamiert wird. Illegal
ist nur die jüdische Besatzung Palästinas, daran sollten gerade Nachfahren von
verfolgten Holocaustopfer erinnern.
Es ist nicht das Recht der Opfer
zu Tätern zu werden und entbehrt jeder Legalität. Tatsächlich ist der „Jüdische
Staat“ und seine Politik der ethnischen Säuberung durch nichts zu
entschuldigen!
Diese Politik baut immer mehr
darauf auf, Kritiker des „Jüdischen Staates“ und seiner menschenverachtenden
illegalen Siedlungs-, Völkerrechts- und Menschenrechtsverletzenden Politik als
Antisemiten, Judenhasser oder immer neu erfundene Begriffe auszugrenzen.
(Jüdische) Bürger die sich für die Organisationen Breaking the Silence,
B`Tselem, Zochrot oder weitere Menschenrechtsgruppen engagieren werden
diffamiert und verfolgt. Besonders auch BDS-Unterstützer werden zum neuen
Feindbild weltweit stilisiert. Diese so wichtige und erfolgreiche Bewegung
verdient unser aller Unterstützung! Ohne Wenn und Aber. Während der „Jüdische
Staat“ inzwischen eine weltweite „Kriegsbewegung“ gegen BDS mit Millionen
unterstützt, Einreiseverbote für BDS-Anhänger, wird diese Bewegung immer
stärker, da sie eine Zivilgesellschaft ist, die unbeirrt von „Schmutzkampagnen
verhängt“ wie „kauft nicht beim Juden“ Verunglimpfungen durch die Israel-Lobby
übersteht und sich nicht beirren lässt im Kampf für ein freies Palästina.
Dass alles bestärkt mich dabei,
ohne Einschüchterung an diesem Ziel festzuhalten. Dämonisierung,
Doppelstandards und Delegitimierung sollte uns nicht davon abhalten, mutig
weiter zu machen. Solange es einen politischen Zionismus der Unterdrückung und
Besatzung gibt, solange muss es Anti-Zionisten geben.
Keine Partei in Deutschland verfolgt
dieses Ziel für ein freies Palästina. Nein, ganz im Gegenteil, einseitig wird
der „Jüdische Staat“ als mit unseren Werten verbunden gleichgesetzt und mit der
Staatsräson für seine Sicherheit belohnt. Mir ist das völlig unverständlich,
weil genau das mit unserem Grundgesetz nicht zu vereinbaren ist und nicht im
Einklang steht. Während die illegale jüdische Besatzung Palästinas negiert
wird, mit „unseren“ Werten, von allen Parteien kompatibel scheint, obwohl eben
nicht mit diesen demokratischen Werten im Einklang steht, wird Unrecht weiter
vorangetrieben.
Wenn ich ein Papier zum Wahlkampf
2017 lese, indem es „jüdische Positionen“ zum Bundeswahlkampf 2017 gibt und wer
diese unterschrieben hat, dann frage ich mich, wie ist das möglich? Ist das
Deutschland 2017? Ist das noch mit meinen und unseren Werten vereinbar?
Nein, mit meinen Werten sicher
nicht. Da wird von einer „Freiheitlich- Demokratischen Leitkultur“ gesprochen.
Aber wenn dann unter Punkt 4
Israel als „spirituelle Heimat“
der Juden, also deutscher Bürger und die „Besondere“ Verbindung zwischen
Deutschland und dem „demokratisch jüdischen Staat“ Israel, basierend auf
Geschichte und verbunden durch die Wertegemeinschaft „beider“ Demokratien,
geprägt durch die in beiden Ländern ähnlichen gesellschaftlichen,
wirtschaftlichen und sicherheitspolitischen Fragestellungen geprägt ist,
gesprochen wird, dann kann ich das nicht nachvollziehen.
Ebenso die Erwartung von
Deutschland im „Friedensprozess“ (welcher Friedensprozess, der durch den
„Jüdischen Besatzungsstaat“ verhinderte?), eine solidarische Unterstützung
Israels gefordert wird, sowie Verständnis, dass die Erfüllung des
palästinensischen Wunsches nach Selbstbestimmung nicht zu „weiteren“
Bedrohungen Israels führen darf (Wer bedroht hier eigentlich wen?!), dann kommt
es noch dicker, indem neben den „radikal islamischen“ Gruppen der Iran als
größte Bedrohung Israels und der freien Welt verunglimpft wird, dem man mit
Härte anstatt Appeasement begegnen sollte. (Der Iran hat im Gegensatz zum
„Jüdischen Staat“ noch keine Kriege begonnen und mit dem Einsatz von Atomwaffen
gedroht!) Ich meine es ist an der Zeit, dem „Jüdischen Apartheidstaat“ mit
Härte und Sanktionen zu begegnen, bis die illegale Besatzung beendet ist!
Der Absatz 5 „Umgang mit dem
politischen Islam“
macht mich tief betroffen, indem
der „politische Islam“ und der zunehmende Einfluss islamischer Verbände und
Vereine, die der Religion eine „politischen Dimension“ geben wollen oder deren
Werte nicht mit dem Grundgesetz vereinbar sind. (Für mich ist gerade der
Zentralrat der Juden und andere jüdisch-internationale Lobbyorganisationen in
Deutschland besorgniserregend, die bedingungslose Solidarität mit dem
„Jüdischen Besatzerstaat“ einfordern und die Religion zu diesem Zweck
missbrauchen. Zitat: Hier soll der Staat strengere Kriterien an Zusammenarbeit
und Förderung anlegen. Organisationen, Verbände und Moscheen, die nicht ohne
Wenn und Aber hinter Demokratie und Menschenrechten stehen, sollten verboten,
geschlossen und ggf. strafrechtlich verfolgt werden. Staatsverträge dürfen nur
nach strengen Maßgaben geschlossen werden. Finanzielle und weisungsgebende
Einflussnahme ausländischer Regierungen auf deutsche Organisationen und
Personengruppen ist strikt zu unterbinden. Zitatende (Drehen wir doch diese ganzen
Sätze einmal um und setzen jüdische und Israel anstatt dessen ein, was ist dann
mit diesen Forderungen?)
Zu Absatz 6 „Vermeidung von
Kollateralschäden“
Da meinen diese „jüdischen
Positionäre“ doch das viel dafür spricht, dass ein Mensch nur eine Staatsbürgerschaft
haben kann, allerdings mit EINER Ausnahme, Juden! Weil Juden historisch
Verbindungen zu mehreren Ländern haben. Dieses „Augenmaß“ ist daher z.B. bei
deutsch-israelischen Staatsbürgern ratsam ist. (Da haben wir es, eine
unkoschere Extrawurst für jüdische Bürger, wenn es um Israel geht. Wenn das
keine Parallelgesellschaft fördert!)
Unter Punkt 7 „Antisemitismus“
kommt dann der Hammer, also genau
mein Kritik-Punkt. Zitat: „Von doppelten Standards geprägte Israel-Kritik,
„Anti-Zionismus“ und die BDS Bewegung sind jedoch derselbe Hass in anderem
Gewand. Dem darf kein Raum gegeben werden.“
Zitat Ende. (Da haben wir also
die Gleichsetzung der Begriffe, Antisemitismus, BDS Bewegung und
Anti-Zionismus. Das ist eine unwahre Behauptung und gilt nur dem Zweck des
Stopps jeglicher Israel-Kritik und dem Ende jeglicher demokratischen
Meinungsäußerung, dem Totschlagargument per se.) (2)
Nein, keine deutsche Leitkultur,
die eine „jüdisch christliche“ Solidarität mit den Besatzungsverbrechen des
„Jüdischen Staates“ fordert und Islamhass fördert und Muslime ausgrenzt!
Jüdische Positionen dieser Art sind so nicht mit dem Grundgesetz und
„unseren/meinen“ Werten vereinbar!
So kann ich als „jüdische Anti-Zionistin“,
deutsche Bürgerin, mit einem Pass(!), keine Partei wählen die sich solche
(„jüdischen“) Positionen dieser „Werteinitiative“ zu eigen macht!