Israel ist ein Apartheidstaat…
23 März 2017
Ein historischer UN-Bericht verurteilte erstmals die verbrecherische Besatzung Palästinas und die von Rassismus durchsetzte Politik Israels als „Apartheid.“ Auch wenn der Bericht auf Druck der USA und Israels zurückgezogen wurde, entspricht die Einschätzung der Realität. Die Situation vor Ort zeichnet ein klares Bild: Israel ist ein Apartheidstaat.
„Israel ist des internationalen Verbrechens der Apartheid schuldig,“ mit diesen Worten stellte Richard Falk vergangene Woche einen frisch erschienenen UN-Bericht vor, während seine Kollegin Virginia Tilley klarstellt: „Wir reden nicht länger vom Risiko der Apartheid, sondern von der Anwendung von Apartheid.“
Ein folgenschwerer Bericht
Die beiden international renommierten US-Wissenschaftler leiteten für die UN-Organisation „Wirtschafts- und Sozialkommission für Westasien“ (ESCWA) die Untersuchung über die Behandlung der Palästinenser durch Israel, die zu dem Schluss kommt: „Fern jedes vernünftigen Zweifels, belegen die Beweise, dass Israel schuldig ist, ein Apartheidregime gegen das palästinensische Volk errichtet zu haben.“ Der Bericht räumt ein, dass es jedoch eines ordentlichen internationalen Gerichtsverfahrens bedarf, um diesen Schlussfolgerungen die nötige Autorität zu verleihen und regt daher an, UN-Gerichte sollten diese Aufgabe übernehmen. In all seiner Brisanz ist der Bericht ein historischer Meilenstein, denn es ist das erste Mal, dass eine UN-Organisation die permanenten Verbrechen Israels als „Apartheid“ bezeichnet.
Die Reaktionen und Diffamierungen der üblichen Verdächtigen waren so plump wie vorhersehbar. So sagte, der israelische UN-Botschafter Danny Danon der Bericht sei „ekelhaft und eine unverschämte Lüge,“ die US-Regierung war „schockiert,“ und das israelische Außenministerium verglich den Bericht mit Der Stürmer – der antisemitischen Hetzpropagandaschrift der Hitler-Jahre. Auch der Sprecher des UN-Generalsekretärs distanzierte sich von dem Bericht und ließ mitteilen, es handle sich um ehine Einzelmeinung und keine offizielle UN-Sicht. Sowohl die israelische als vor allem auch die Trump-Regierung übten erheblichen Druck auf UN-Generalsekretär António Guterres aus, den Bericht zurückzuziehen, doch die für die Studie verantwortliche ESCWA-Chefin Rima Khalaf weigerte sich und kündigte aus Protest lieber ihre Stelle bei der UN. Palästinenserpräsident Mahmoud Abbas kündigte an, Rima Khalaf für ihren „Mut und Unterstützung“ für das palästinensische Volk mit der Palestine Medal of the Highest Honour auszeichnen zu wollen.
Der Bericht wurde mittlerweile von der offiziellen Seite der ESCWA entfernt, steht jedoch hier auf JusticeNow! in voller Länge zum Download bereit.
Völkerrecht und Nazipropaganda
Quer durch den Bericht machen die Autoren der Studie deutlich, dass sie an ihre Forschungsarbeit nur einen einzigen Maßstab angelegt haben: den des Internationalen Völkerrechts, hierbei explizit die Definitionen von Apartheid, wie sie die Vereinten Nationen und der Internationale Strafgerichtshof anwenden. Bei der Lektüre beider Vertragstexte fällt es schwer, auch nur einen einzigen Punkt zu finden, der auf die Behandlung der Palästinenser durch Israel nicht zutrifft: systematische Folter und Ermordung, rechtswidrige und willkürliche Inhaftierung, Beschneidung grundlegender Menschenrechte, etwa von Religions-, Meinungs- und Versammlungsfreiheit, Verwehrung von politischer, kultureller und wirtschaftlicher Teilhabe, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung, „ausgeführt mit dem Ziel, die Herrschaft einer rassischen Personengruppe über irgendeine andere rassische Personengruppe herzustellen und aufrechtzuerhalten und [die Letztere] systematisch zu unterdrücken.“
All diese vor mehr als vier Jahrzehnten im Zusammenhang mit der Apartheid in Südafrika niedergeschriebenen Punkte treffen auf Israel 2017 zweifelsfrei zu. Der schändliche Versuch der israelischen Regierung, den UN-Report als Nazipropaganda zu diffamieren, läuft damit ins Leere, denn technisch gesehen stellt sie mit dem Nazivorwurf vielmehr Der Stürmer und das Völkerrecht auf dieselbe Stufe.
Doch was ist es nun im Konkreten, das Israel zum Apartheidstaat macht? Einige Kernpunkte.
Einwanderung als Apartheidinstrument
Eines der Kernthemen des zurückgezogenen UN-Berichts ist die Einwanderungspolitik Israels als zentrales Werkzeug der Apartheid. Während es allen Juden dieser Welt – und deren Ehepartnern, ihren Kindern, Enkeln und all deren Ehepartnern – möglich ist, staatlich alimentiert nach Israel zu emigrieren, ist dies den im Zuge der israelischen Staatsgründung 1948 vertriebenen Palästinensern und deren Nachkommen strengstens untersagt. Die UN beziffert die palästinensischen Flüchtlinge weltweit auf rund 5 Millionen, die damit die mit Abstand größte Flüchtlingsgruppe darstellen. Die weltweit etwa 8 Millionen nicht in Israel lebenden Juden hingegen könnten jederzeit nach Israel auswandern, obwohl sie in aller Regel keine persönlichen Wurzeln im Land haben. Diese religiös und ethnisch begründete Einwanderungspolitik ist im Kern rassistisch und wird vom UN-Bericht – zusammen mit einigen anderen Maßnahmen wie der ethnischen Säuberung ’48 – mit dem etwas dystopisch anmutenden jedoch gänzlich zutreffenden Begriff des „demographic engineering“ charakterisiert.