General

Szymon Perski oder das Verbrechen mit menschlichem Antlitz – Eine Art Nachruf auf Shimon Peres

Von Fausto Giudice,
28. 9.2016, deutsche Übersetzung von Milena Rampoldi, Tlaxcala

Das erwartete
Versterben von Shimon Peres an diesem 28. September, im respektablen
Alter von 93 Jahren, hat offensichtlich zu einem einstimmigen Lobgesang
für den „Friedensmacher“ geführt. Aber bedauerlicherweise muss man diese
Einstimmigkeit auch mal unterbrechen. Seit seiner Jugend war Szymon
Perski nämlich ein Kriegshund, wenn auch ein gerissener Hund, ein wahrer
Fuchs, der immer die Kunst beherrschte, sich als Lamm zu verkleiden und
seine Niederlagen in Siege zu verwandeln.



Dieser ewige Migrant, der sein Leben lang seinen jiddischen Akzent beibehielt, gehörte zur Generation der jüngsten „Gründerväter“ des zionistischen Staates (er war 37 Jahre jünger als David Grün, alias Ben Gurion und 25 Jahre jünger als Golda Mabovich, alias Meir). Er wurde in Polen geboren und kam im Alter von 11 Jahren, 1934 nach Palästina. Er engagierte sich in der Hagana, der bewaffneten Untergrundsgruppe der Jüdischen Agentur, die von den einen als Terrororganisation und von den Anderen (den Zionisten) als Befreiungsgruppe angesehen wird, und zum Gründungspfeiler der offiziellen israelischen Armee wurde.

In der Hagana ist Szymon für den Kauf von Waffen verantwortlich. Diese erwirbt er in derTschechoslowakei. Diese Waffen werden über Korsika illegal nach Palästina gebracht. Als Mittelsmann agiert ein Präfekt namens Maurice Papon (ja, ja, derselbe Papon, der ein paar Jahre früher für die Deportationen der Juden von Bordeaux verantwortlich war). Als Dank erhält Papon  ein goldenes Maschinengewehr. Dieses wird später an der Wand in seinem Büro  hängen, als er Polizeipräfekt in Paris während des Massakers der Algerier vom 17. Oktober 1961 war.
Nach der Ausrufung des Staates Israel, landet Szymon  ins Verteidigungsministerium und setzt die Tätigkeit fort, die er am besten beherrscht, und zwar den Waffenkauf. Zwischen 1953 und 1958 fliegt er mit der leichen Selbstverständlichkeit nach Paris, mit der andere die U-Bahn nehmen. Der Radikal-Sozialist Maurice Bourgès-Maunoury, Verteidigungsminister unter Guy Mollet und dann selbst Premierminister, stellt Shimon Peres soar ein Büro im Quai d’Orsay zur Verfügung, so dass dieser seine Aufgaben bequem erledigen kann. Und diese Aufgaben sind nicht von geringem Belang: Shimon gehört nämlich, mit Ben Gurion und Moshe Dayan, zu den Unterzeichnern der Protokolle von Sèvres, einer geheimen Vereinbarung, die im Oktober 1956 zwischen Frankreich, Großbritannien und Israel unterzeichnet wurde und die Operation Mousquetaire festlegte, die am 29. Oktober losging, um auf die Nationalisierung des Suezkanals durch Nasser und die Unterstützung der algerischen Freiheitskämpfer durch den  ägyptischen Präsidenten zu reagieren. Am 22. Dezember endete diese Operation aber mit dem Fiasko der drei Staaten. Israel musste bis 1967 warten, um den ägyptischen Sinai und Gaza, das bis dahin ägyptisch war, zu besetzen.
Aber Shimon Peres nutzt diese Jahre, um die anderen beiden Punkte der Protokolle von Sèvres, Dimona und Mirages, umzusetzen. Er organisiert somit die Operation von Dimona, die darin besteht, Israel mit Atomwaffen auszurüsten, indem er die gesamte französische Technologie illegal in eine Fabrik transferierte, die in der Negevwüste errichtet und als  Textilfabrik dargestellt wurde. Die Arbeiten werden im Unwissen von De Gaulle fortgesetzt, als dieser im Mai 1958 an die Macht kommt. Der Zornausbruch des Generals, als er von der Existenz dieses Projektes erfährt, ist geradezu legendär. De Gaulle unterbricht 1961 die Zusammenarbeit mit Israel. Aber es ist zu spät: Israel verfügt schon über Atomwaffen (es sollen wenigstens 200 heute sein). Das Projekt Mirage III hingegen betraf die Kampfflugzeuge von Dassault, für die Peres und seine kleinen Kameraden schon 1959 schwärmten. Sie nannten sie Shahak (Blitzschlag oder Liebe auf dem ersten Blick). 79 Flugzeuge, die 1960 bestellt werden, werden zwischen 1962 und 1968 geliefert. Das französische Embargo gegen die Waffenverkäufe an Israel, das nach dem Sechs-Tage-Krieg von 1967 angeordnet wurde und nach dem israelischen Angriff gegen den Flughafen von Beirut im Januar 1969 erweitert wurde, blockiert die Lieferung von 50 von Israel bestellten Düsenjägern Mirage 5. Doch dann bauen die Israelis mit der diskreten Hilfe von Papa Dassault ihre eigene Piratenversion des Düsenjägers Mirage, Nesher (Adler). Seine ersten Exemplare werden 1971 geliefert. Dem Modell Nesher folgt das Modell Kfir (junger Löwe). Am 19. April 1971 verkauft Alfred Frauenknecht, ein Schweizer Ingenieur der Firma Sulzer, welche mit einer Lizenz die Düsenjäger Dassault Mirage IIIS baut, die geheimen Entwürfe dieser Vorrichtung gegen einen Betrag von 200.000 $ an Israel.
Das Massaker von Kana rundet den Stammbaum des „Friedensmachers“ ab. Peres ist gleichzeitig Premier- und Verteidigungsminister – als Nachfolger seines Freunds Ytzhak Rabin, indem er wie durch ein Wunder im November 1995 den Geschossen von Yigal Amir entkommen war – als er im April 1996 die Operation Früchte des Zorns gegen den Libanon startet. Am 18. April bombardiert die israelische Luftwaffe ein Camp der UN-Blauhelme in Kana, im Süden des Libanon, und tötet 106 unbewaffnete libanesische Zivilisten, die dort Zuflucht gesucht hatten. Der durch dieses Massaker verursachte Skandal wird die militärische Operation beenden und einige Wochen später die Wahlniederlage von Peres zu Gunsten von Netanjahu bewirken. Shimon Peres, der „Kriegsverbrecher in Friedenszeiten“, wird dennoch in der Lage sein, jahrein jahraus sein Image als „Friedensstifter“ erhalten können. Dies ist auf seine Gewandtheit und die unerschütterliche Unterstützung der Sozialistischen Internationale zurückzuführen.
Politisch war Szymon Perski ein eingefleischter, genetischer Radikal-Sozialist [im Sinn der franz. IV. Republik], in anderen Worten das Urbild des Opportunisten. In seiner langen Karriere gehörte er zu fünf politischen Parteien. Er verbündete sich mit seinen Gegner und bekriegte seine Verbündeten des Vorabends. Und vor allem schreckte er vor nichts zurück, um seine Macht zu erhalten oder erneut an die Macht zu kommen. Er war über 40 Jahre ZWANZIG Mal Minister. Der krönende Abschluss war seine Zeit als Präsident des Zionistischen Staates. Hier erlangte er den Limbus, der ihm die Möglichkeit verschaffte, sich das Image des Alten Weisen anzueignen. Kurzum ist Szymon Perski der kleine Bruder eines anderen, großen machiavellischen Politikers, François Mitterrand, der sieben Jahre älter war als er. Und genauso wie dieser ist auch er dazu bestimmt, in der Hölle der Feinde der Menschheit zu schmoren.