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Es gibt kein Emoji mit Kopftuch. Und eine 15jährige Schülerin versucht dies zu ändern.

Von Abby Ohlheiser, 13. September 2016, Washington Post, deutsche
Übersetzung von Milena Rampoldi, ProMosaik.



Ein potentielles Design für das vorgeschlagene
Emoji. (Design von Aphelandra Messer)
Als sich die Freundinnen von
Rayouf Alhumedhi in der Chatgruppe von WhatsApp identifizieren wollten, gingen
sie nicht von ihren Namen aus. Anstatt dessen verwendete jeder Freund ein
Emoji. „Für meine Freundinnen, die kein Kopftuch tragen, war etwas dabei,“
meinte Alhumedhi. „Und für mich? Ich musste mich für das Bild einer Frau ohne
Kopftuch entscheiden, da es ja kein Bild einer Kopftuchträgerin gibt.“
Und dies möchte nun eine
15jährige Schülerin ändern. Das junge Mädchen, das in Berlin lebt und
ursprünglich aus Saudi Arabien stammt, ist die führende Feder eines neuen Vorschlags
für ein Hijab-Emoji, das an das Unicode Konsortium, die gemeinnützigen Organisation,
die die Erzeugung und Genehmigung von Emoji regelt, gerichtet ist.
„Ich habe nach etwas gesucht, das
mich unter Millionen von Frauen darstellt, die jeden Tag ihr Kopftuch tragen, darstellt
und stolz darauf sind, es zu tragen“, teilte sie mir am Dienstagmorgen über
Skype mit.
Ihr Vorschlag, der nun von einem
der Mitgründer von Reddit unterstützt wird, wurde Dienstagnachmittag auf der
Plattform “Ask me Anything” vorgestellt.
Vor allem für Jugendliche wie Alhumedhi,
stellen die Emoji nun eine Modalität dar, die nicht nur eine lustige Dekoration
für die digitalen Gespräche unter Freunden ist. Sie werden nämlich immer mehr
selbst zum Gespräch. „Es ist eine neue Sprache“, so Alhumedhi.
Die Emoji-sicheren Jugendlichen
werden zu jungen Erwachsenen. Eine neue visuelle Lese- und Schreibfähigkeit
dringt in unsere Onlinekommunikation ein. Oxford Dictionaries präsentierte das
Ganze 2015 sehr treffend, als es das Emoji mit dem „Gesicht mit den Freudentränen“ zum
Wort des Jahres 2015 erklärte.
„Emojis sind aber nicht das
Monopol simsender Jugendlicher,“ meinte Oxford damals. „Denn sie gelten als nuancierte
Ausdrucksform, die die Sprachbarrieren überwinden kann.“
Die Emojis haben sich langsam angefangen
zu diversifizieren. Denn sie stellen sich der Herausforderung, die Symbole
repräsentativer für die Menschen zu gestalten, die sie nutzen. Die menschlichen
Emojis sind nun beispielsweise mit der Fähigkeit verfügbar, die Hautfarbe zu
ändern. Und Unicode teilte mit, dass es im Sommer einige Dutzende
neue „professionelle“ Emojis unterstützen wird, die Männer und Frauen in
verschiedenen Berufen darstellen.
„Wir loben Unicode für die
Diversifizierung der Emojis in den letzten Jahren“, schrieb Alhumedhi in ihrem
Vorschlagsentwurf. „Dennoch bedeutet dies nicht, dass Unicode nun damit
aufhören sollte. Angesichts der zahlreichen Unterschiede, die es weltweit gibt,
müssen wir auch dargestellt werden.“
Der Prozess des Vorschlages eines
neuen Emoji ist ein komplexer und mühevoller Weg, der aus einem schriftlichen
Vorschlag, seiner Überarbeitung und Komiteetreffen besteht. Er ist sehr
zeitaufwendig und nicht gerade intuitiv. Und das ist auch nicht das Ziel der
Reise des Emoji von der Idee zur Realität: Die einzelnen Gesellschaften, die
Emojis in deren Betriebssysteme aufnehmen, müssen sie dann schlussendlich
designen und unterstützen. Das ist der Grund, wofür ein und dasselbe Emoji verschieden dargestellt
wird, wenn es von einem Androidtelefon auf ein iPhone gesendet wird.
Da Alhumedhi keine Ahnung hatte,
wo sie mit ihrer Idee anfangen sollte, schrieb sie zu Sommerbeginn eine kurze
Mitteilung an Apple mit der Bitte um ein Hijab-Emoji. Obwohl Apple sich lange
schon für die Steigerung der Diversität der Emojis einsetzt, wurde ihre Anfrage
an die Kundendienstabteilung nicht weitergeleitet, was gar nicht überrascht.
Sie fand den richtigen Weg, nachdem sie eine Mashable-Geschichte auf Snapchat
ansah, die auch die Anleitungen für die Einreichung eines Emojivorschlags enthielt.
„Ich öffne nie Mashable-Geschichten“,
meinte sie. „Aber eines Tages sagte ich mir: Warum nicht? Und so öffnete ich
eine.” Als die Geschichte erklärte, dass jedermann ein neues Emoji beim Unicode
Konsortium vorschlagen kann, war ich begeistert und guckte mir schnell an, wie
man damit loslegt. Es war wirklich Schicksal.“
Sie schrieb schnell zwei kleine
Absätze über ihre Idee für das Konsortium. Im Verhältnis zu den anderen
seitenlangen Details, Designs und Überlegungen, die normalerweise in einen
Emoji-Vorschlag einfließen, war ihr Text sehr kurz. Aber ein Mitglied eines der
Unterkomitees des Konsortiums meldete sich vor drei Wochen trotzdem bei
Alhumedhi, um ihre Idee näher zu gestalten und dann förmlich zu berücksichtigen.
Ihr Vorschlag umfasst nun fast
sieben Seiten und wird von Alexis Ohanian, einer Mitbegründerin von Reddit,
unterstützt. Ein Graphiker gab seinen Beitrag zu einem vorgeschlagenen Design,
um zu zeigen, wie das Hijab-Emoji aussehen könnte, wenn es angewendet und unterstützt
würde. Das Unterkomiteemitglied hilft uns mit einigen technischen Bemerkungen, die
mit jeder neuen Emoji-Idee einher gehen.
Ihr Vorschlag würde ein neues
Emoji (Hijab oder Kopftuch) ins Leben rufen, das man mit einer Anzahl
vorhandener menschlicher Emoji verbinden könnte, um jenen Charakter mit
Kopftuch darzustellen. Es funktioniert so, als würde man einer Papierpuppe ein
Kleid anziehen. Diese Fähigkeit, ein kombiniertes Emoji zu erschaffen ist
dieselbe Prozedur, die Unicode nutzt, um das Emoji-Set der Berufe mit der Differenzierung
nach Geschlecht zu nutzen.
Der Kopftuchvorschlag befindet
sich in der letzten Revisionsphase und sollte im November förmlich
berücksichtigt werden. Falls das Emoji bei dieser Gelegenheit den gesamten
Prozess  hindurch genehmigt werden
sollte, könnte das neue Emoji zwischen Anfang und Mitte 2017 angekündigt
werden. Verschiedene Betriebssysteme könnten dann auch in den nächsten Monaten
von 2017 anfangen, das Emoji zu unterstützen.
Indem Alhumdhis Vorschlag auf die
potentiell massive Anfrage nach einem Kopftuch-Emoji unter den muslimischen
Frauen und aus den muslimischen Ländern fokussiert, hofft sie, dass das Emoji,
im Falle eines Erfolgs, auch jenseits der spezifischen religiösen Bedeutung
verwendet werden kann. In einem Abschnitt ihres Vorschlags beschreibt Alhumedhi
jene verschiedenen, möglichen Bedeutungen:
“•Frauen tragen in verschiedenen
Religionen, worunter auch dem Christentum und Judentum, Kopftücher als Zeichen
von Bescheidenheit.  
“• Dieses Emoji kann religiöse
Empfindungen übermitteln.
“• Dieses Emoji kann den Ramadan,
das Opferfest und die religiösen Feste darstellen.
“• Frauen, die unter Krebs
leiden, tragen manchmal gerne ein Kopftuch; dieses Emoji kann sie dabei
unterstützen.
“• Oder es steht einfach nur für eine
Frau, die gerne ein Kopftuch trägt.“
Alhumedhi sieht aber schon
voraus, dass die Idee nicht bei allen gut ankommen könnte. „Mit Sicherheit
werden einige dagegen sein“, berichtete sie. „Es wird Leute geben, die sagen:
Warum kümmert man sich so sehr um eine so unwichtige Thematik? Aber sobald sie
verstehen, wie einflussreich und wirkungsvoll die Emojis in der heutigen,
modernen Gesellschaft sind, werden sie es verstehen.“

„Das Emoji ist wirklich überall“,
meinte sie.