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Wie die israelische Landverwaltung ILA die Siedlergruppen beim Landraub unterstützt

von Charlotte Silver, 12. Mai 2016, Electronic Intifada, übersetzt von Ellen Rohlfs und Milena Rampoldi,Tlaxcala.

Eine
palästinensische Frau steht im September 2011 neben den auf ihr Haus gesprühten
Graffitischmierereien im Viertel von Sheikh Jarrah in Ostjerusalem. Ryan
Rodrick Beiler Active Stills

Im
November des letzten Jahres kam  Mohamad
Abu Ta’ad  zu seinem Landbesitz in Sheikh
Jarrah im besetzten Ostjerusalem, nur um festzustellen, dass es vom
Bauunternehmern eingezäunt wurde.

Auf dem
drei-Dunum großen Landstück hatte man mit dem Bau eines vierstöckigen Gebäudes
von 70 Büros, dem neuen Hauptsitz der privaten Siedlergruppe Amana begonnen.

Der Besitz
war einmal Teil eines größeren Grundstücks von 4000 Dunum (ungefähr 1.000 Acres)
Land, das Israel 1968, ein Jahr nach der militärischen Besatzung Ostjerusalems,
enteignet hatte. Auf diesem Land baute der Staat, neben einem Regierungsgebäude
noch die Siedlungen French Hill und Ramat.

Ein großer
Teil dieses Grundstücks befand sich im Eigentum der Familie Abu Ta’ah.  Bis jetzt hatte die Familie einen letzten Streifen
Land noch behalten. Er lag zwischen einem palästinensischen Krankenhaus und
einer Hauptdurchgangsstraße und war an einen Autohändler vermietet. Der Rest
war ein großer Parkplatz.

Doch jetzt
gehört es Amana, dem Entwicklungszweig der Gush Emunin-Siedlerbewegung, die in
vielen Teilen des besetzten Westjordanlandes für die israelische Kolonisierung verantwortlich
ist.

Amana
besitzt auch die Gesellschaft Al-Watan mit Sitz im Westjordanland, die palästinensisches
Land für jüdische Siedlungen kauft und auch in Fälschungen  palästinensischer Unterschriften bei
zweifelhaften Landverkäufen verwickelt war.

Eine neue
Untersuchung der Überwachungsgruppe der Siedlungen  Peace Now enthüllt, wie mehrere israelische
Ministerien, angeführt von der israelischen Landverwaltungsbehörde (ILA), alles
gaben, um der Familie Abu Ta’ah auch noch das letzte Landstück zu stehlen, um
es Amana zu übergeben.

Die
Untersuchung zeigt, dass die ILA Amana bei der Überwindung jeglicher
bürokratischen Hürde half, um der Gesellschaft das Eigentum des Landstücks
zuzusichern.

„Zuerst
befreiten sie Amana von der Ausschreibungspflicht,“ teilte Hagit Ofran von
Peace Now der Tel Aviver Zeitung Haaretz mit.

„Dann
wurde der Bauplan des Unternehmens genehmigt, ohne dass diese jegliches Recht
auf das Land nachweisen konnte. Später unterzeichnete der Finanzminister eine
Enteignung, um im Nachhinein die Übertragung des Landes an Amana zu beschönigen
und schließlich fährt der Staat auch heute fort, dieses illegale Verhalten vor
Gericht aufs Schärfste  zu bewachen, anstatt
das Unrecht wieder gut zu machen und das Land an seinen Besitzer zurück zu
geben.“

Die verschiedenen
Maßnahmen, die getroffen wurden, um das Land zu enteignen, gelten sogar für die
größten Befürworter der Besatzung als gesetzeswidrig.

Der Anwalt
der Abu Ta’ah -Familie Steven Berman war 16 Jahre lang als Rechtsberater in der
Jerusalemer Stadtgemeinde tätig und verteidigte die Stadt gegen
palästinensische Prozesse wegen illegaler Landenteignungen.

„Ich habe
nichts gegen Landenteignung, da sie ein notwendiger Prozess ist,“ teilte er
Haaretz mit.

„Aber in
diesem Fall wurde gegen jegliche Regel verstoßen. Es kam hier zum
Amtsmissbrauch der ILA-Beamten zwecks Unterstützung einer nahestehenden
politischen Körperschaft.“

Der Landraub

Die
Untaten gehen bis zum Beginn der Regierungszeit von Ministerpräsident Yitzhak
Rabin, als die ILA die Genehmigung erteilte, das Land ohne Ausschreibung an
Amana zu übertragen.

Der Plan
wurde zurückgestellt, so dokumentiert Peace Now, weil die Regierung Rabin eine
Studie über die korrupten Geschäfte der ILA mit den Siedlerorganisationen in
Ostjerusalem veröffentlicht hatte. Aus dem Klugman-Bericht ging hervor, dass
die ILA 68 Grundstücke an die rechten Siedlerorganisationen Elad und Ateret
Cohanim übertragen hatte.

Aber das
Abkommen wurde 1997 erneuert, als Benjamin Netanjahu das erste Mal als
Ministerpräsident eingesetzt wurde.

In jenem
Jahr reichte die Gesellschaft Amana ihren Bauplan bei der Planungsverwaltung
ein und behauptete, die ILA wäre der Eigentümer des Grundstückes, indem sie die
Unterschrift ausließ, als wüssten sie, dass sie nicht die legitimen Besitzer
waren.

Einige
Monate später bemerkte die Planungsverwaltung die fehlenden Unterschriften und
forderte Amana zweimal auf und erhielt dann eine Abschrift mit der Unterschrift
von Amalia Abramovich von der ILA.

Peace Now gibt
zu verstehen, dass die Unterschrift von Abramovich wie schon in einem anderen
Fall gefälscht sein könnte.

Amana sendete
auch ein Schreiben von Avraham Nawi von ILA an die Planungsverwaltung und
behauptete, das Land wäre enteignet.

2005 stieß
das Geschäft auf ein anderes Hindernis, als der Beamte des Grundbuches sich
weigerte, das Grundstück zu registrieren, weil es keinen Enteignungsnachweis
gab.

Dennoch
unterzeichnete der Finanzminister 2009 Yuval Steinitz die
Enteignung eines erfundenen Landstückes, das das Eigentum von Abu Ta’ah
umfasste und die ILA zwecks Enteignung übermittelte, um den Landraub
abzuschließen.

Vor
Gericht

Die
Regierung verteidigt nun die Enteignung, als die Familie sie verklagt.

Ein Gericht
in Jerusalem wies die Klage der Familie im März ab. Trotz der Anerkennung der
Tatsache, dass es im Genehmigungsplan einige “Fehler” gab, entschied Richter Arnon
Darel, dass die Aufhebung der Vereinbarung zu viel Schaden verursachen würde.


Nun legt
die Familie Abu Ta’ah beim israelischen Berufungsgericht Einspruch gegen die
Enteignung ein.


Juden haben
sich seit der israelischen Enteignung von ungefähr 24.000 Dunum (6.000
Acres)
Privatland nach der de facto Annektierung von Ostjerusalem im Jahre
1967 auf palästinensischem Land angesiedelt.

Obwohl es
sich nur um einen Splitter des ursprünglichen Landstücks von 4.000 Dunum
handelt, das 1968 enteignet wurde, beweist der Hintertürdeal zwischen der
Regierung und einer privaten Siedlergruppe die aktive Rolle des israelischen
Staates in der dauernden Enteignung palästinensischen Landes in Ostjerusalem.  

Die
israelische Menschenrechtsgruppe Ir Amim behauptet, dass die „Siedlerunternehmen
mitten in den palästinensischen Vierteln seit 30 Jahren von privaten
Institutionen geführt werden, aber in der Tat werden sie von der
Regierungspolitik unterstützt und möglich gemacht.“

Die Gruppe teilte
mit, dass der Landraub in Jerusalem „einen angrenzenden Streifen von Häusern
rechtsradikaler Juden durch Sheikh Jarrah und verschieden Bereiche jenseits der
Altstadt und dem historischen Einzugsgebiet.“


In der
Zwischenzeit besetzten am Montag Dutzende israelischer Siedler ein großes
Wohngebäude in der Nähe der Altstadt und beteten in deren Hof, das auf die
al-Aqsa Moschee gibt.