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Jede dritte indigene Frau Opfer von Vergewaltigung


Victoria Tauli-Corpuz, Kankanaey-Igorot Indigene von den Philippinen, UN-Sonderberichterstatterin für die Rechte indigener Völker

Victoria Tauli-Corpuz, Kankanaey-Igorot Indigene
von den Philippinen, UN-Sonderberichterstatterin für die Rechte
indigener Völker


New York. Eine von drei indigenen Frauen weltweit wird mindestens einmal in ihrem Leben Opfer einer Vergewaltigung. Dies geht aus dem Jahresbericht 2015
der Sonderberichterstatterin der Vereinten Nationen (UN) für die Rechte
indigener Völker, Victoria Tauli-Corpuz, hervor. Die im Vergleich zu
nicht-indigenen Frauen stark erhöhte Wahrscheinlichkeit erklärt
Tauli-Corpuz vor dem UN-Menschenrechtsrat unter anderem mit der
strukturellen Gewalt, der indigene Frauen ausgesetzt sind.

So würden deren zivile, politische, wirtschaftliche, soziale und
kulturelle Rechte systematisch verletzt und die Frauen von Rechten und
Beschwerdemöglichkeiten ausgeschlossen, die anderen Bürgerinnen und
Bürgern garantiert sind. Dabei litten indigene Frauen unter einer
doppelten Diskriminierung: der Diskriminierung als Indigene und der
Diskriminierung als Frauen, die sich beide über Generationen hinweg
ziehen.

Da die Informationen und Statistiken darüber begrenzt sind, liegt die
Dunkelziffer möglicherweise noch deutlich höher. Laut dem UN-Bericht
setzen sich die Täter aus mehreren Personengruppen zusammen. Zum einen
stammen sie aus dem direkten Umfeld der Frauen und setzen die
Vergewaltigung als Form der Kontrolle, der Strafe beziehungsweise
Misshandlung ein. Ein großer Teil der Vergewaltigungen spielt sich auch
in den Privathaushalten ab, in denen indigene Frauen als Angestellte
arbeiten. Dort sind sie stärker gefährdet, durch ihren Arbeitgeber
missbraucht zu werden. Zum anderen werden die Vergewaltigungen von
staatlichen Funktionären begangen. Als Beispiel nennt der Bericht Frauen
der Miskito, die im Grenzgebiet zwischen Nicaragua und Honduras leben.
Sie überqueren für ihre Arbeit oder der Suche nach Heilpflanzen täglich
die Grenze und werden hierbei häufig von den Grenzbeamten missbraucht.

Insbesondere während bewaffneten Konflikten spielen militärische und
paramilitärische Gruppierungen eine große Rolle und setzen
Vergewaltigung gezielt als Kriegswaffe ein, um die Frauen und deren
Gemeinschaften zu erniedrigen. Zahlreiche Fälle sind aus dem bewaffneten
Konflikt in Peru zwischen 1980 und 2000 bekannt, die erst jetzt, nach
teils über 20 Jahren, allmählich aufgearbeitet werden.

Nach Informationen verschiedener Nichtregierungsorgansationen kommt
es ebenfalls im Zuge der kommerziellen Nutzung und Ausbeutung indigener
Territorien zu einzelnen und auch systematischen Vergewaltigungen.

Neben den physischen und psychischen Folgeschäden stellen die
Vergewaltigungen eine der wesentlichen Ursachen für ungewollte
Schwangerschaften, insbesondere von Minderjährigen, dar: So gaben laut
einer Studie in Peru 90 Prozent der befragten 12- bis 16-jährigen
Schwangeren eine Vergewaltigung als Grund ihrer Schwangerschaft an.