„Wasserapartheid“ durch Israel eskaliert: Siedler kontaminieren palästinensisches Wasser
by Joe Catron, MintPress, übersetzt von Milena Rampoldi, herausgeben von Fausto Giudice, Tlaxcala 02.10.2015.
Die ungerechte israelische Verteilung der Wasserressourcen, einher mit ihrem Diebstahl, der Zerstörung und Verseuchung palästinensischer Wasserressourcen, rechtfertigen Rassismus- und Apartheid-Vorwürfe. Joe Catron ist ein Journalist von MintPress, der sich um die Region Palästina-Israel kümmert. Er ist auch ein Solidaritätsaktivist und Freelancereporter, der vor kurzem aus Gaza, Palästina, wo er 3 Jahre lang gelebt hatte, nach New York kam. Er hat oft für Electronic Intifada und Middle East Eye geschrieben und ist einer der Autoren des Werkes The Prisoners’ Diaries: Palestinian Voices from the Israeli Gulag, eine Anthologie von Berichten von Häftlingen, die anlässlich des Gefangenenaustauschs von 2011 befreit wurden.
“Wasser ist ein Menschenrecht”: Detail einer Wandmalerei des Maia
Mural Project, Gaza, 2011
VEREINTE „Das In der
Israel hat
das den Palästinensern im Gazastreifen und im Westjordanland verfügbare Wasser reduziert, seit seine Streitkräfte die Enklaven besetzt haben und sie seit 1967 unter militärische Verwaltung gestellt haben.
‘Empörend ungerecht, entwürdigend und ärgerlich’
Das zweite
Oslo-Abkommen, das am 28. September 1995 von Israel und der Palästinensischen Befreiungsorganisation unterzeichnet wurde, legte diese Ungerechtigkeit auch noch förmlich fest und führte somit nach den Worten der israelischen Journalistin von Haaretz, Amira Hass, „zu einer empörend ungerechten, entwürdigenden und ärgerlichen Teilung der Wasserressourcen im Westjordanland“.
Die
Vereinbarung gewährte den Palästinensern 118 Millionen Kubikmeter Wasser pro Jahr vom Berg-Aquifer, das sich vom Westjordanland nach Israel erstreckt, während sie Israel die Pflicht auferlegt, den Palästinensern weitere 27,9 Millionen Kubikmeter pro Jahr zum vollen Preis zu verkaufen.
Sie berechtigte
Israel auch, 483 Millionen Kubikmeter – vier Mal mehr- zu verlangen, sprach aber dem Gazastreifen gar nichts zu. Somit verfügt Gaza nur über das kleine Küsten-Aquifer.
Gemäß den
eigenen Bedingungen hätte die zweite Oslovereinbarung nach fünf Jahren mit der palästinensischen Unabhängigkeit enden sollen. Ein gemeinsames Komitee sollte die palästinensischen Wasserressourcen durch einen Konsensus in der Zwischenzeit erhöhen. Aber keiner der Szenarien ist wahr geworden.
In den
darauffolgenden Jahren machte Israel klar, dass es keine Absicht hatte, seine Kontrolle des palästinensischen Wassers jemals aufzugeben. In einem Befehl vom 7. Juni 1997 wurde diese langjährige Politik mit dem folgenden Wortlaut bestätigt: „Das gesamte Wasser in den erneut besetzten Gebieten ist Eigentum des Staates Israel“.
Die
darauffolgenden Regierungen trieben neue Wellen von Siedlungsbau auf palästinensischem Land im Westjordanland voran. Dieser wird gemäß der vierten Genfer Konvention als Kriegsverbrechen bezeichnet. Im Jahre 2000 war die Anzahl der Siedler schon um 26% gestiegen.
Wie die
vorherigen Siedlungen so wurden auch die Standorte zahlreicher neuer Einheiten geplant, um die israelische Kontrolle des palästinensischen Wassers zu maximieren. Im Jahre 2001 äußerte sich dann der israelische Premierminister Ariel Sharon gegenüber der Tageszeitung Haaretz wie folgt: „Ist es heute möglich, die Kontrolle des Aquifers zu überlassen, das ein Drittel von unserem Wasser liefert? Ist es denn möglich, die Pufferzone im Jordangraben abzugeben? Sie wissen genau, dass das nicht geht. Wissen Sie, es ist kein Zufall, dass die Siedlungen sich dort befinden, wo sie sind.“
Die
israelischen Maßnahmen zwecks Festigung der Besatzung, einher mit den provokativen Einbrüchen in die Al-Aqsa Moschee in Jerusalem, führten am Ende zur zweiten Intifada, die am 28. September 2000, genau fünf Jahre nach dem zweiten Osloabkommen, ausbrach.
Der Teufelskreis des Wassers
Die
Palästinenser nutzen im Moment nicht mehr als 11 Prozent des Berg-Aquifers, während Israel den Rest aufbraucht, so die Emergency Water, Sanitation and Hygiene Group (EWASH), eine Vereinigung 28 palästinensischer und internationaler Agenturen, die sich die sich mit Wasserfragen im Westjordanland und im Gazastreifen beschäftigen. In der Zwischenzeit kaufen die Palästinenser des Westjordanlandes jährlich 50 Millionen Kubikmeter Wasser von Mekorot, der nationalen israelischen Wassergesellschaft, indem sie 50 Millionen $ ausgeben, um ihre eigenen Ressourcen zu Preisen zurückzukaufen, die bis zu drei Mal höher liegen als die der israelischen Verbraucher.
Gemäß dem
zweiten Osloabkommen war Israel dazu verpflichtet, seine Wasserverkäufe an die Palästinenser im Gazastreifen in den sogenannten fünf Jahren des „Übergangszeitraums“ jedes Jahr von 5 bis 10 Millionen kbm zu erhöhen. Aber nur in diesem Jahr handelte Israel infolge der ausgedehnten Verurteilung seiner militärischen Operation gegen die besetzten Enklaven während des letzten Sommers in diesem Sinne. Somit erfüllte es nur 5 Prozent des Wasserbedarfs einer Bevölkerung, die sich mehr als verdoppelt hatte.
Am 1.
September wiederholte der Bericht der Konferenz der Vereinten Nationen über Handel und Entwicklung eine Warnung von 2012 vom Landesteam der Vereinten Nationen für die besetzten palästinensischen Gebiete, dass der Gazastreifen innerhalb 2020 unbewohnbar sein würde.
Der
Bericht zitierte die Zerstörung der Infrastruktur von Gaza während der wiederholten israelischen Angriffe, inklusive der Zerstörung von 20-30% des Wasser- und Abflusskanalnetzes der Enklave, einer Entsalzungsanlage und von 220 Brunnen für die Landwirtschaft einzig und allein während der 51-Tage-Krieges im letzten Sommer, sowie die Zerstörung infolge der israelischen Einschränkungen gegen die wirtschaftliche Entwicklung und den Wiederaufbau.
Im Bericht
sprach man auch die Warnung aus, nach der eine „schwere Wasserkrise“ die Bevölkerung dazu gezwungen hätte, Wasser aus dem Küsten-Aquifer zu entnehmen, das zu 95% untrinkbar ist. Dieser Verbrauch überschritt „die Neubildungsrate des Grundwassers um mehr als 100 Millionen Kubikmeter und übertraf somit 2 Mal die nachhaltige Rate“.
Dem
Bericht zufolge „verschlechterten sich der übermäßige Wasserentzug und der Trinkwassermangel noch mehr durch die zerbröckelnde sanitäre Infrastruktur, während die Blockade chronischen Strom- und Brennstoffmangel verursacht, was wiederum zur erschwerten Kontaminierung und zur Wasserkrise führt“.
„Der
Schaden infolge der Kontaminierung und des übermäßigen Wasserentzugs hat ein solches Niveau erreicht, dass die wasserführende Schicht innerhalb 2016 unbrauchbar werden könnte. Falls das Problem nicht behoben wird, könnte das Problem innerhalb von 2020 nicht mehr zu beheben sein“.
Der
gesamte Schaden am Wassersektor durch die israelischen Angriffe im letzten Sommer überschritt 34 Millionen $, so der Bericht der palästinensischen Wasserbehörde, obwohl der UNCTAD-Bericht davon ausgeht, dass „die langfristige Reparatur des angesammelten Schadens und des Verfalls der Wasser- und sanitären Infrastruktur 620 Millionen $ erfordern würde“.
EWASH berichtete, dass im
letzten Monat 120.000 Palästinenser im Gazastreifen keine Verbindung zum Wassernetzwerk und 23 Prozent der 1,8 Millionen Einwohner einen unzureichenden Zugang zum Abwasserkanaldienst hatten. Sauberes Wasser
Die Zerstörung der Infrastruktur
Die
Palästinenser haben den vollständigen Wasservorrat von 118 Millionen Kubikmetern Wasser aus dem Berg-Aquifer nie entnommen, da die israelischen Einschränkungen hinsichtlich der Brunnen und anderer Infrastrukturen dies im größten Teil des Westjordanlandes verhindert hatten.
Diese
militärischen Befehle dehnen sich auf den Gazastreifen aus, wo die Bedrohung der Luftangriffe die Einwohner dazu zwingen, die Brunnen graben möchten, vorab die Genehmigungen von der israelischen Armee einzuholen.
Während
diese Genehmigung in Gaza manchmal erteilt wird, wird sie üblicherweise in der Zone C verweigert. Die Zone C umfasst 60% des Westjordanlandes, das sich im Namen der oft beanspruchten Sicherheit Israels unter direkter israelischer Militärverwaltung befindet.
Israel
reißt Bauten ohne Genehmigung rücksichtslos ab. Seit Jahresbeginn wurden in der Zone C 36 palästinensische Wasser-, Hygiene- und Entsorgungssysteme zerstört, indem man darauf hinwies, dass sie keine Genehmigung hatten. Dies wird im Bericht des Koordinierungsamtes der Vereinten Nationen für humanitäre Angelegenheiten mitgeteilt. Die Daten wurden von EWASH überprüft.
Die
seltenen Genehmigungen sind sehr teuer. Einer Studie aus dem Jahre 2013 zufolge stellt Israel normalerweise die Bedingung für die Erteilung der Genehmigung palästinensischer Wasserprojekte, dass die Palästinensische Autonomiebehörde dem Bau neuer Infrastrukturen für die Siedlungen zustimmt und zwingt somit die besetzte Bevölkerung, ihrer „eigenen Kolonisierung zuzustimmen“.
Während
die Palästinenser vor allem in den landwirtschaftlichen Gemeinden kämpfen müssen, um ihren Wasserbedarf zu decken, demoliert Israel weiterhin die notwendige Infrastruktur, von den Wasserleitungen in Kafr Qaddum und Khirbet Yarza bis zu den Brunnen in Hebron.
‘Wasserapartheid’
Durch die
israelischen Angriffe vertriebene Palästinenser warten, um von einem beweglichen Tank neben einem Notbehelflager hinter dem al-Shifa Krankenhaus in Gaza Wasser zu holen. Samstag, den 26. Juli 2014 (Joe Catron).
Die
Verschmutzung, die auf die Zerstörung der Abwasserbearbeitungsanlagen zurückzuführen ist, hat die schon ausgelaugte wasserführende Schicht in Gaza noch mehr zerstört. Nun ist mehr als 90 Prozent des Wassers vor Ort untrinkbar.
Im
Westjordanland sind 73,5% der Palästinenser zufrieden mit dem bereitgestellten Wasser.
Die
bereitgestellte Wassermenge ist aber beklagenswert unzureichend, da einem Palästinenser durchschnittlich nur 70 Liter pro Tag zur Verfügung stehen und diese Menge in manchen Fällen sogar auf 20 fällt. Im Gegensatz dazu verbrauchen illegale Siedler täglich mehr als 300 Liter Wasser. Die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt eine Mindestmenge von 100 Litern Wasser pro Tag für Abwässer, Hygiene und Verbrauch.
Aufgrund
des Wassermangels in bestimmten Zonen des Westjordanlandes und fast überall im Gazastreifen haben die Palästinenser auch mit der „wirtschaftlichen Last zu kämpfen, das Wasser von den Tanks kaufen zu müssen“, so Dr. Tamimi von der Palestinian Hydrology Group.
Im Bericht vom März 2013
nannte die Menschenrechtsgruppe aus Ramallah al-Haq Israels „Aufteilung der Bevölkerung nach ethnischen Linien“, ihre „Segregation in verschiedene geographische Bereiche“ und die „Nutzung der „Sicherheit“ zwecks Rechtfertigung eines institutionalisierten Regimes von Herrschaft und systematischer Unterdrückung“ als die „drei Pfeiler der israelischen Wasserapartheid“.
„[Einer]
zweiten und benachteiligten palästinensischen Gesellschaft, die im selben Land lebt, wird der Großteil der Grundrechte verwehrt“, behauptete al-Haq. „Die Palästinenser werden gewaltsam in ein Binnenlandarchipel mit minimalen, verfügbaren Wasserressourcen gesperrt.“
Diese große
Asymmetrie herrscht auch in Israel vor, wo dem Bericht von Juni 2014 des Negev Coexistence Forum for Civil Equality zufolge 73.000 palästinensische Beduinen, die in vom Staat nicht anerkannten Dörfern leben, nicht ausreichendes laufendes Wasser zu Verfügung hatten.
Obwohl die
Palästinenser 30 Prozent mehr für die kärglichen, von ihnen erhaltenen Wasserlieferungen bezahlten als die anderen Verbraucher, überprüfte das israelische Gesundheitsministerium nicht einmal die Qualität des Wassers.
Gefährlicher Müll
Die
palästinensischen Wasserlieferungen sind auch von der Verschmutzung durch den israelischen Müll bedroht, der einerseits von den illegalen Siedlungen als auch aus Israel stammt.
Einem israelischen Staatsbericht von Juni
Im
vorherigen Jahr flossen dem Bericht zufolge 2,2 Millionen Kubikmeter von den Siedlungen direkt in die nahen Wasserstraßen und Senkgruben.
Da sich
zahlreiche Siedlungen auf den Hügeln befinden, wird dieses unbehandelte Abwasser dann zum Problem für die benachbarten palästinensischen Gemeinden, deren landwirtschaftliche Flächen und Grundwasser dadurch verschmutzt werden.
„Das
Abwasser der Siedlungen gelangt in die wasserführenden Schichten und verschmutzt somit das Grundwasser“, so Dr. Tamimi.
Die Stadt
Salfit und die Nachbarstadt Kafr al-Deek wurden wiederholt von den Siedlungen von Ariel und Yakir mit Abwasser durchtränkt. Zuletzt geschah dies am Mittwoch: die Abwässer schadeten der Landwirtschaft und dem Fremdenverkehr sowie den lokalen Wasserlieferungen.
„Josephine“,
eine Freiwillige der internationalen Solidaritätsbewegung in Ramallah, erzählte, dass sich die Wasserverschmutzung nicht nur auf das Abwasser beschränkt. „Viele Fabriken leiten ihr Abwasser und ihren Müll in die Wasserquellen, die die Palästinenser nutzen“, teilte sie MintPress mit.
Nachdem
die palästinensische Zollbehörde im Februar einen LKW entdeckte, der Asbest von Israel in eine Deponie nach Tulkarem transportierte, warnte die palästinensische Umweltqualitätsbehörde vor den Versuchen, israelischen Müll ins Westjordanland zu schmuggeln.
‘Eine Form von Rassismus’
Am 2. Juli
kündigte die Bürgerrechtsvereinigung in Israel an, dass das Oberste Gericht in Israel zu Gunsten ihrer Mandanten, palästinensische Bewohner aus Ostjerusalem, die über Jahre Wassermangel und Ausfälle erlebt haben, entschieden hatte.
Ihre
Nachbarschaften, die innerhalb der von Israel beanspuchten Grenzen Jerusalems, aber jenseits der Mauer liegen, wurden „dauerhaft von den lokalen und staatlichen Wasserbehörden vernachlässigt“, so ACRI.
Das
Gerichtsurteil beauftragte den nationalen Sicherheitsrat mit der „Überprüfung und Bemühung zwecks Eingrenzung der Wasserkrise in Ostjerusalem.“
Im
darauffolgenden Monat hatte eine neue Wasserkrise palästinensische Gemeinden im Westjordanland ergriffen, als die Gouvernorate in Hebron, Bethlehem, Nablus, Jenin und im Jordantal einen Wasserzeitplan einführten, der geplante Ausfälle ankündigte.
Diese
Ausfallzeiten sind für viele Palästinenser nichts Neues. Sie ereignen sich oft, wenn der Wasserbedarf seinen Höhepunkt erreicht hat, wie es zum Beispiel während der heißen Sommermonate der Fall ist. Aber in den illegalen Siedlungen oder in Israel selbst kommt es nie zu solchen Ausfällen.
Diese
ungerechte Behandlung beweist für einige ganz offensichtlich die Beschaffenheit der Besatzung an sich. Der Leiter der palästinensischen, nationalen Initiative, Mustafa Barghouti äußerte sich hierzu wie folgt: „Die Einschränkung von Wasser und Strom ist eine Form von Rassismus“.
Die
israelische Regierung gibt nun auch zu, dass sie die Besatzung beibehalten will. Als die Vize-Außenministerin Tzipi Hotovely letzte Woche eine diplomatische Offensive gegen eine noch nicht rechtskräftige politische EG-Richtlinie für die Etikettierung der Produkte aus den Siedlungen vorbereitete, äußerte sie sich gegenüber der Tageszeitung Times of Israel wie folgt: Die Rückzüge aus „Judäa und Samaria stehen nicht einmal auf der Liste der Optionen, die wir den Palästinensern anbieten.“
Das
besetzte Westjordanland wird „de facto unter israelischer Souveränität bleiben“, meinte Hotovely.
„Es ist
auch kein Tauschmittel und hängt auch nicht vom guten Willen der Palästinenser ab. Es ist das Land unserer Vorfahren. Wir haben nicht vor, es zu verlassen“, fügte sie hinzu. Dann setzte sie fort:
„Was ich
versprechen kann, ist, dass Israels Haltung diesbezüglich sehr nachdrücklich und zäh sein wird.“
Bilder 2 und 4: Durch die
israelischen Angriffe vertriebene Palästinenser stehen Schlange, um von den beweglichen Tanks hinter dem al-Shifa Krankenhaus in Gaza Wasser zu holen. Samstag, den 26. Juli 2014. (Fotos Joe Catron) |
at:
http://www.tlaxcala-int.org/article.asp?reference=16104#sthash.VAdnvMfk.dpuf