Staaten in Lateinamerika nehmen Flüchtlinge aus Syrien auf
by Harald Neuber, Amerika 21
Sonderprogramme in Argentinien, Brasilien und
Uruguay. Chiles Regierung prüft Aufnahme. Arabische Gemeinden helfen.
Kritik an Europa
“Spezialprogramm für Humanitäre Visa für Ausländer, die vom Konflikt in
der Arabischen Republik Syrien betroffen sind” läuft bereits seit
vergangenem Jahr. Nach einem Bericht
des lateinamerikanischen Fernsehsenders Telesur steht es
Kriegsflüchtlingen aus Syrien offen, aber auch palästinensischen
Exilanten. Es wird in seiner jetzigen Form bis zum 21. Oktober dieses
Jahres aufrechterhalten werden. Flüchtlinge aus den genannten Kriegs-
und Konfliktgebieten im Nahen Osten, die eine Einreiseerlaubnis
erhalten, können nach drei Jahren einen permanenten Aufenthaltsstatus beantragen.
In der Begründung zu dem Visaprogramm heißt es: “In Argentinien gibt
es eine starke syrische und libanesische Gemeinde, die gut vernetzt ist
und die in engem Austausch mit Vereinen und Verbänden steht, die
ihrerseits Solidarität mit dem Opfern des Konfliktes bewiesen haben.”
Die Argentinier arabischer Herkunft hätten zudem ihr Interesse betont,
die Teilnehmer des Sonderprogramms bei der Aufnahme und Integration zu
begleiten.
Argentinien folgt mit der Initiative dem Beispiel von Uruguay und
Brasilien. Beide Staaten haben in den vergangenen Monaten Flüchtlinge
aus den arabischen Kriegs- und Krisenregionen aufgenommen.
Chiles Außenminister Heraldo Muñoz gab am Wochenende bekannt,
dass auch seine Regierung mit Unterstützung der arabischen Gemeinde
Kriegsflüchtlinge aus Syrien aufnehmen will. “Wir analysieren diese
Möglichkeit. Unsere Regierung ist über die humanitäre Lage (der
Flüchtlinge) tief besorgt”, sagte Muñoz. Nach Informationen der
Tageszeitung La Tercera haben vor allem Vertreter der syrischen Gemeinde
in Chile auf ein entsprechendes Hilfsprogramm gedrängt. In einem ersten
Schritt sollen bis zu 100 Familien aufgenommen werden.
Im Fall von Brasilien sollen bereits 1.700 Personen über ein
Sonderprogramm ins Land gekommen sein. Nach Schätzungen haben weitere
4.000 Flüchtlinge über andere Wege die Einreise in die südamerikanische
Nation organisieren können.
Brasiliens Präsidentin Dilma Rousseff erhob indes schwere Vorwürfe
gegen die europäischen Staaten. Sie bezog sich dabei vor allem auf das
Schicksal eines dreijährigen Flüchtlingsjungen, der vor wenigen Tagen
beim Kentern des Schlepperbootes ertrunken und tot an der türkische
Küste aufgefunden worden war. Beim Untergang des Bootes kamen auch sein
älterer Bruder und seine Mutter ums Leben. Die Tragödie löste
international Betroffenheit aus.
“Dieses dreijährige Kind ist gestorben, weil es (in Europa) nicht
willkommen war”, sagte Rousseff: “Es starb, weil es seinem Schicksal
überlassen wurde und weil die europäischen Staaten Barrieren gegen die
Einreise dieses Kindes errichtet haben.”
Brasilien stehe Menschen aus aller Welt offen, fügte die
linksgerichtete Politikerin an. Zugleich betonte sie, dass in Brasilien
von jeher eine Vielzahl von Volksgruppen und Migranten aus aller Welt
friedlich zusammenwohnen.