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Ebru, eine alte, islamische Kunst des Malens auf dem Wasser: Interview von Gülhan Efkar

http://www.efkar.de/kurse/efkar-2.pngGülhan EFKAR ist eine Ebru-Künstlerin aus Adana mit Wohnsitz in Mönchengladbach, Deutschland.  
Sie hat unsere Fragen zum Thema ihrer Kunst beantwortet. Für ProMosaik e.V. ist Ebru eine wichtige islamische Kunst zwecks Darstellung der Schöpfung. 
Weitere Infos über Frau Efkar finden Sie hier: www.efkar.de 
Wie ProMosaik e.V. bereits in verschiedenen Beiträgen über die Kunst im Islam hervorgehoben hat, stellt die Kunst einen wichtigen Zugang zur Welt, zu den anderen Kulturen und zur Schönheit dar. Im Islam gilt nämlich nach einer bekannten Überlieferung des Propheten der Grundsatz:


“Allah ist schön und liebt die Schönheit”.





Welche Bedeutung hat Ebru als künstlerischer Ausdruck im Islam und warum?
Seit
der Mitte des 16. Jahrhunderts wird dem „Marmorpapier“ in Persien und in der
Türkei eine ganz besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Als Buchumschlag und Seitenhintergrund dient
Ebru in seiner ornamentalen Ausgestaltung als Träger des im Islam über alles
stehenden Wortes des Koran. Diese einmalige Form- und Farbgebung, welche die
islamische Kunst hervorgebracht hat, ist unter dem Begriff Ebru am
Geläufigsten. Der Betrachter wird durch einen unvergleichlichen Nuancenreichtum
an Farben in seinen Bann gezogen. Mit dieser Kunst versehen, erhalten Bücher einen
ästhetischen Anblick und eine höhere Würde. In der Vergangenheit waren
Marmoriertätigkeiten nur Männern vorbehalten. Dies hat sich in der jüngsten
Vergangenheit völlig zurecht verändert, denn es gibt keine religiösen Ansatzpunkte für den Ausschluss der Frau aus der islamischen Kunst. Heute erlebt die Ebru-Kunst in der Türkei eine wahre Renaissance. Es werden immer mehr neue Künstler hervorgebracht, die von den berühmten Künstlern mit Geduld und Respekt diese Kunst erlernen. 





Welche sind die wichtigsten Aspekte, die Sie unseren Leserinnen und Leser über
Ebru mitteilen möchten?

Die Ebrumalerei
wird persönlich und in einer zwischenmenschlichen Beziehung zwischen Lehrer und Schüler weitergegeben. Der Funke der Begeisterung schlägt bereits
bei der ersten praktischen Anwendung auf die Lernenden über. Bilder entstehen
nicht -wie sonst üblich- durch Pinsel auf Papier. Gemalt wird auf dem Wasser!
Auf einem Schleimhintergrund aus
aufgekochtem und abgefiltertem Carragheenmoos (Meeresalgen) werden verdünnte
und mit Ochsengalle versetzte Farben aufgetropft. Die Farben schwimmen auf der
Oberfläche der Flüssigkeit und treiben, wegen des genau dosierten Anteils an
Ochsengalle, auseinander, ohne sich zu vermischen. Dann wird mit Kämmen und
Nadeln das gewünschte Muster in den Schleimgrund „marmoriert“. Ein
angefeuchtetes Blatt Papier wird vorsichtig auf die Oberfläche gelegt und ebenso
wieder abgenommen. Es trägt nun das vorher auf dem Schleimgrund geschwommene
Bild. Dann wird das Papier abgespült, getrocknet und anschließend geglättet.
Hierin liegt der kreative Prozess mit
leuchten Farben in ihrer atemberaubenden Schönheit. Die Grundtechniken zur
Verwirklichung marmorierter Strukturen kann jeder erlernen. Sobald die Neuankömmlinge die Technik beherrschen, beobachte ich seit vielen Jahren dieselbe Wirkung: Die meisten Lernenden streben fortgeschrittene Techniken an, mit denen sie
raffiniertere Farbstrukturen über dem Wasser auf dem Papier herstellen können. Wer
Ebru einmal erlernt, wird nie wieder davon loskommen. 




 Welche Themen bearbeiten Sie vor allem in Ihren Werken?

Als
Ebru-Meisterin musste ich durch die Schulen der traditionellen
Marmoriertechniken hindurch, wie ich sie oben beschrieben habe. Nachdem ich den
Meistergrad darin erworben hatte, entwickelten sich meine Techniken an der hier
in Deutschland vorherrschenden Lebensweise. Um es einfacher auszudrücken: Mein
Lernprozess ist Deutschland bestand darin, Ebru-Kunst so zu vermitteln, dass
sich die Lernenden ihre Werke auch in ihren Wohnzimmer, Büros und Arztpraxen
aufhängen können. Hierin liegt meiner Meinung nach auch die interkulturelle und interreligiöse Komponente der Ebru-Kunst. Daneben hat das Erlernen dieser Kunst in einer Gruppe (max. 8
Personen) einen unglaublichen Effekt: In solchen Gruppen treffen Deutsche,
Türken, Franzosen, Araber aufeinander. Sie alle verbindet das gleiche Ziel.
Wollten sie solch einen Effekt auf anderem Wege in einem Integrationsprojekt
darstellen, würde es kaum gelingen. Hier ist es Wirklichkeit! Denn Kunst baut Brücken zwischen Kulturen und Religionen.
Daneben treffen in diesen Lerngruppen auch alle Altersgruppen aufeinander. Es
liegt an der Begeisterung der Formen und Farben im kreativen Prozess. Als
generationsübergreifende Aktivität wurde Ebru primär gewiss nicht erfunden.
Dennoch ist dieser willkommene Effekt Wirklichkeit.




Welche moralischen Tugenden kann man durch die Kunst erlernen?
In
der heutigen Zeit werden den Menschen eine Vielzahl von therapeutischen
Entspannungsmöglichkeiten angeboten. Da ist von Joga bis Autogenes Training
alles dabei. Wussten Sie, dass Sie mit der Erlernung dieser Marmorierkunst dasselbe Ziel erreichen können? Das Spiel mit den Farben, deren Verläufe und die Beobachtung
dergleichen verschaffen Ihnen eine Tiefe an Konzentration und Ruhe, wie Sie es
kaum für möglich halten. Darum haben bereits einige Kliniken Ebru als
flankierendes Element und als Baustein für therapeutische Arbeit entdeckt.




Wie
wichtig ist die Weitergabe dieser Kunst?
Die
Weitergabe dieser Kunst ist mein Anliegen. Nicht alle Ebru-Meister sehen die
Offenheit, die ich damit an den Tag lege, wohlwollend. Viele sind hinsichtlich
ihrer materiellen Existenz von ihren Ebru-Werken abhängig. Darum ist das
Interesse, Ebru-Kunst weiterzugeben, oft ein kompliziertes Thema. Ich
persönlich stehe in Brot und Arbeit als Lehrerin für den heimatsprachlichen
Unterricht bei der Stadt Mönchengladbach und bin –Gottseidank- nicht finanziell auf Ebru angewiesen. Deswegen begleite ich konsequent Lernende
vom Anfänger bis zum Meister.





Welche Ratschläge würden Sie den Anfängern geben, die sich an Ebru herantrauen?

Da
ich die Kunst des „Malens auf dem Wasser“ von Kindheit an lebe, möchte ich die
Interessierten dazu ermutigen, es sich anzusehen. Ich weiß jetzt schon, dass es
nicht nur beim Anschauen bleibt. Wenn Sie an Ihrem Wohnort über keinen
Ebru-Lehrer verfügen, rufen Sie mich einfach an. Ich helfe Ihnen gerne dabei.
Marmorierkunst ist zudem noch sehr preiswert!



Interview realisiert von Milena Rampoldi – ProMosaik e.V.