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Unser Interview mit Frau Perrine Olff-Rastegar, Sprecherin des Collectif Judéo Arabe et Citoyen pour la Palestine in Straßburg


Guten
Abend aus der Redaktion von ProMosaik e.V.,

Heute
Abend möchte ich Ihnen ein sehr informatives und interessantes Interview über
das Engagement des
Collectif Judéo -Arabe et Citoyen
pour la Palestine
in Straßburg
vorstellen.
Ich habe mich
mit einer sehr mutigen und engagierten Frau unterhalten, die sich für die
Menschenrechte einsetzt und Sprecherin des Collectif ist, Frau Perrine
Olff-Rastegar. 
Wenn
Sie sie Live erleben möchten, sehen Sie hier:
http://www.dailymotion.com/video/xb72ja_le-cjacp-appelle-au-boycott-d-israe_news

Um
Palästina zu unterstützen, muss man anfangen, die Menschen direkt zu
informieren, um sie in die Lage zu versetzen, die Situation in Palästina, die
von der israelischen Propaganda verzerrt dargestellt wird, zu verstehen. Eine
der wichtigsten friedlichen Methoden, die uns zur Verfügung stehen, ist der
Boykott gegen die israelischen Produkte. Für Frau Olff-Rastegar gilt der Boykott
als die wirkungsvollste friedliche Maßnahme gegen den Zionismus. Und damit sind
wir von ProMosaik e.V. vollkommen einverstanden. Denn der Zionismus ist eine
nationalistische, rassistische und kolonialistische Ideologie, die den
ethischen und humanistischen Grundsätzen des Judentums und auch den
Menschenrechten, der Gleichheit und Gerechtigkeit im Allgemeinen, vollkommen
widerspricht.
Danke
für Ihre Aufmerksamkeit
Mit
freundlichen Grüßen
Dr.
phil. Milena Rampoldi – ProMosaik e.V.

 

Dr. Phil. Milena Rampoldi: Wie kann man in Europa zusammenarbeiten,
um die Palästinafrage  zu vermitteln?

Frau Perrine Olff-Rastegar: Vorab möchte ich Ihnen herzlichst für die Informationstätigkeit,
die Sie ausüben, danken: sie ist sehr wichtig, und daher werde ich auch
versuchen, Ihre Fragen zu beantworten! Wir vom C
ollectif Judéo -Arabe et Citoyen pour la  Palestine in Straßburg arbeiten mit
europäischen und internationalen Bewegungen zusammen. Vor allem kooperieren wir
mit der BDS-Bewegung (Boycott-Desinvest-Sanction): Es geht hierbei vor allem
darum, israelische Unternehmen, sportliche und kulturelle Ereignisse, die der
Staat Israel oder seine Institutionen organisieren, zu boykottieren, aus Unternehmen
zu desinvestieren, die an der Kolonisierung von Palästina teilzunehmen, und um
Sanktionen, wie z.B. ein militärisches Embargo oder die Aufhebungen der
Kooperation zwischen Europa und Israel, bis sich Israel nicht an das
internationale Recht hält. BDS ist eine gewaltfreie Antwort der Bürger auf die Straflosigkeit!
BDS
stellt für mich ein wichtiges Mittel dar, um die Aktionen gegen gemeinsame
Ziele zu vervielfältigen. Trotz der Unterschiede zwischen den Ländern kann man
trotzdem gegen dieselben israelischen Firmen arbeiten, indem man die Menschen
dazu auffordert, diese zu boykottieren.
Man kann
auch internationale Konferenzen organisieren, aber manchmal zweifle ich an der
konkreten Wirkungskraft dieser Art von Konferenzen. 

In diesem
Jahr haben wir große Erfolge erzielt, vor allem mit dem ersten Festival des
palästinensischen Films in Straßburg. Es war wirklich ein großer Erfolg, mit
800 verkauften Kinokarten.  
 1)  In Straßburg, Cinéma Star St-Exupéry, 18 rue
du 22 Novembre
  –   Dienstag, den 7.
April – 20 Uhr
Palestine stereo
      Eröffnungsabend
in Anwesenheit des Regissseurs
Rashid
Masharawi
2) In Straßburg, Cinéma Star, 27 rue du
Jeu des Enfants
  – Mittwoch, den 8. April – 18
Uhr
Ismaïl (CM) +
The
road to Silverstone
                                  um 20 Uhr Route 60 in Anwesenheit
des Regisseurs
Alaa Ashkar
  – Donnerstag, den 9. April  –  um 18 Uhr When I saw you
                              um 20 Uhr Les Chebabs de Yarmouk, in Anwesenheit des
Regisseurs
                               Axel Salvatori-Sinz
  – Freitag, den 10. April – 
um 18 Uhr
The wanted 18
                                      um 20 Uhr Flying paper in Anwesenheit der Co-Regisseurin Anne Paq
3)  In  Sélestat, Cinéma Le Sélect, 48 rue du Président Poincaré
    – Dienstag, den 7.
April 20.15 Uhr
Route 60 in
Anwesenheit des Regisseurs
Alaa Ashkar
4) In Erstein, Erstein Cinéma, Rue Jean Philippe Bapst
   –  Donnerstag, den 9.
April um 20 Uhr
The Wanted 18

Dr. Phil. Milena Rampoldi: Die Vereinigung Collectif judéo-arabe
et citoyen pour la Palestine in Straßburg fördert in Frankreich und vor allem
im Elsass Informationsarbeit, Dialog und Austausch. Was bedeutet dies konkret
für Sie?
Madame Perrine Olff-Rastegar: Es gibt verschiedene Mittel, um über Palästina
zu informieren und für die Menschenrechte und den Frieden zu arbeiten. Wir
haben eine Gruppe der
Femmes en noir, die Flugblätter verbreitet und
eine wichtige Informationsarbeit im Stadtzentrum von Straßburg – seit 11 Jahren
2 Mal im Monat – übernimmt! Wie die Madres de Plaza de Mayo („Mütter des

Platzes der Mairevolution“) in Argentinien  (1977) und die Black Sash in Südafrika (1970),
die sie inspiriert haben, wurde die Bewegung „F
emmes en Noir“ 1988 von einer Gruppe
von Israelis ins Leben gerufen, die sich weigerten, die Besatzungspolitik in
den palästinensischen Gebieten durch den israelischen Staat zu akzeptieren und
die jede Woche, still und schwarz gekleidet, protestieren. Wir protestieren
gegen die Kolonisierung von Palästina, gegen die Gaza-Blockade, gegen die jüdische
Besiedlung von Ostjerusalem,
gegen die
Apartheid-Mauer, gegen die Verhaftungen und die Folter von Palästinensern,
gegen die Apartheid des israelischen Regimes, usw. Wir unterzeichnen auch
Petitionen. Man kennt uns inzwischen sehr gut. Und das hilft uns natürlich weiter,
um unsere Ideen zu überbringen, unsere Aktionen zu vermitteln und auch den
Leuten die Situation zu erklären und ihnen auch zu sagen, wie sie uns helfen
können. Ich finde, dass die BDS-Bewegung das beste und wirkungsvollste friedliche
Mittel ist, um die Apartheid und den Rassismus in Israel zu bekämpfen. So war es
doch auch in Südafrika zur Zeit der Apartheid! 
Wir organisieren auch Informationsabende über die Situation in
Palästina. Wir veranstalten auch Aktionen vor den Läden, um den Käufern zu
erklären, dass man die israelischen Produkte boykottieren soll, weil Israel ein
Apartheid-Staat ist. Es ist ein gutes Druckmittel, das Israel beunruhigt… denn
es entwickelt sich heute großflächig in vielen Ländern! Das israelische Regime versucht,
die Bewegung zu unterbinden, indem es Gesetze gegen den Boykott erlässt: und
das funktioniert heute auch in Israel und Frankreich, denn die Zionisten tun
alles, damit diese Gesetze auch in Frankreich durchgehen!
Ein schwerwiegendes Problem bleibt aber das
der Waffen. Wie können wir denn Waffen boykottieren (z.B. die israelischen
Firmen, wie Elbit, IMI, Rafael, usw.)? 


Man muss auch über die
Toten des Mittelmeers sprechen. Die Flüchtlinge sind Menschen, die vom Krieg,
den Massakern und der Armut fliehen, und unter ihnen befinden sich auch
Palästinenser. Man muss auch das britische Unternehmen G4S boykottieren, das
Sicherheitsmaterial für Gefängnisse und Checkpoints in Israel herstellt. Es
soll mal gesagt werden, dass der Westen für die toten Flüchtlinge im Mittelmeer
verantwortlich ist. Die BDS-Bewegung richtet sich gegen israelische
Unternehmen, für die der Boykott am wirkungsvollsten ist. Die BDS-Bewegung
wurde im Juli 2005 durch die palästinensische Zivilbevölkerung ins Leben
gerufen.
Anbei die wichtigsten
Marken, die wir boykottieren:
  • Obst und Gemüse von MEHADRIN (wovon JAFFA, CARMEL, TOP, KEDEM…)  
  • Die israelischen Datteln (Achtung: es gibt gefälschte
    Herkunftszeugnisse)
     
  • Die israelischen Reinigungstücher
  • Die Produkte von SODASTREAM (Wassersprudler…)  
  • Die Kosmetikprodukte von AHAVA  
  • Die Haushalts- und Gartenartikel aus Kunststoff von KETER
  • Die Generika von TEVA
  • Das Epiliergerät von EPILADY
  • NETAFIM und ELGO, Bewässerungsprodukte
  • … und alle Produkte, die mit dem Strichkode aus Israel versehen
    sind, der mit 729 beginnt. Aber dieser Strichkode ist nicht der einzige
    Herkunftsbeweis, da Israel oft über die Herkunft der Produkte auf
    verschiedene Weise hinwegtäuschen.

      

Dr. Phil. Milena Rampoldi: Wie kann man die Bedeutung des
Widerstandes gegen den Zionismus erklären?
Frau Perrine Olff-Rastegar: Es gibt verschiedene Erklärungsversuche, um
den Zionismus zu erfassen. Für mich ist der Zionismus heute eine
nationalistische und kriminelle Ideologie, die zu Beginn unter den Juden in der
Minderheit war. Denn für die Juden waren die Religion und die nationale Zugehörigkeit
vollkommen voneinander getrennt. Nach 1945 wollten Europa und die USA die
überlebenden Juden loswerden und nutzten sie, um sich im Orient festzusetzen.
Daher unterstützen sie auch die zionistische Bewegung. Ohne  deren vollkommene Unterstützung wäre die
Gründung des Staates Israel unmöglich gewesen. Der Zionismus bedeutet
Rassentrennung, territoriale Expansion und Apartheid. Und es gibt keinen
Frieden und keine Gerechtigkeit, solange Rassismus und Apartheid vorherrschen…
Da ich für die Menschenrechte und die Gleichheit aller Menschen kämpfe, kann
ich das israelische System der Apartheid nicht akzeptieren.

Dr. Phil. Milena Rampoldi: Welche sind die wichtigsten Schritte
hin zum Frieden im Nahen Osten?
Frau Olff-Rastegar:
Sie fragen mich nach den Schritten hin zu meiner Utopie des Friedens und der
Gerechtigkeit. Im Moment gibt es in Palästina keinerlei Fortschritt. Das
Problem Palästinas ist ein schwerwiegendes Problem, da es internationale
Auswirkungen hat. Die Lage im Nahen Osten gestaltet sich auch aufgrund der
extremistischen Gruppen wie dem IS, usw… komplexer. Auch diese sind eine
imperialistische Konstruktion des Westens.
Aber die Hoffnung ist noch da: und das ist sehr wichtig. Es sind
die Palästinenser, die uns Hoffnung geben: in Gaza halten sie, trotz der
israelischen Blockade, die sie erleiden, durch. In Tel-Aviv gab es vor einigen
Tagen ein großes Treffen Tausender Palästinenser, Beduinen und
antikolonialistischer militanter Juden, die Widerstand gegen die Demolierung
ihrer Häuser leisteten und sich für die Gleichheit und ein dezentes Leben stark
machten! Die israelische Bewegung gegen den Kolonialismus und die Apartheid ist
da und kämpft!
Wie gesagt, stellt die BDS-Bewegung für mich ein äußerst wichtiges
Element dar, um einen Fortschritt herbeizuführen. Sie ist die beste gewaltfreie
Methode. Nun versucht man in Frankreich, Israel und den Vereinigten Staaten,
die BDS-Bewegung zu kriminalisieren. Das zeigt uns, dass es sich um eine
wirkungsvolle Methode handelt, um den Rassismus und die Apartheidpolitik in
Israel zu bekämpfen. Das zeigt uns den Schwachpunkt von Israel in
wirtschaftlicher Hinsicht. Israel hat den Boykott bereits gesetzlich verboten.  

Dr. Phil. Milena Rampoldi: Wie kann man die jüdisch-arabische
Freundschaft jenseits des Zionismus leben, um den Frieden aufzubauen?
Frau Perrine Olff-Rastegar: In Israel, in Palästina… gibt es schon
jüdisch-arabische Bewegungen, die gemeinsam gegen Rassismus und Apartheid
kämpfen, wie z.B. die Vereinigung AIC unseres Freundes Michel Warschawski.
Wir
möchten hier in Straßburg alle um das internationale Recht und das Völkerrecht
vereinen, um gemeinsam in Gleichheit und ohne Ausbeutung und Ungleichheit zu leben.
Wir
agieren auch in den Schulen, um den Kindern konkret aufzuzeigen, was im Moment in
Palästina geschieht. Aber zurzeit ist es schwieriger. Es gibt mehr Druck, ich
glaube, nach den islamistischen Attentaten von Paris.  

 
Dr. Phil. Milena Rampoldi: Welche Ziele hat Ihre Organisation
erreicht und welche Ziele streben Sie in Zukunft an?
Frau Perrine Olff-Rastegar: Bis jetzt kann ich sagen:  dieses Jahr haben wir ein Filmfestival
organisiert, das einen großen Erfolg erzielte, mit 800 verkauften
Eintrittskarten… Und wir machen mit den Femmes en Noir weiter. In Südafrika
waren sie wichtig im Kampf gegen das Apartheidregime.
 
Ein
wichtiger Tätigkeitsbereich ist für uns die Entwicklung der BDS-Bewegung. Ich
möchte Ihnen von der Boykottkampagne erzählen, die wir in Zusammenarbeit mit
anderen Gruppen in Frankreich organisieren, um den Verkauf israelischer
Produkte durch die Kette LIDL zu boykottieren. Bevor wir vor die Läden gehen,
um Informationsmaterial zu verteilen und den Menschen den Grund unserer Aktion
zu erklären, schreiben wir auch einen Brief an den Laden, um die Gründe unserer
Aktion zu erklären. Wir erklären, dass LIDL gegen das internationale Recht
verstößt: machen Sie sich nicht mitverantwortlich für die israelischen Massaker
in Gaza, indem sie israelische Produkte erwerben!    

Letzten
Sommer haben wir jede Woche in Zusammenarbeit mit anderen Vereinen, Parteien
und Gewerkschaften Demos gegen den Gazakrieg organisiert. Wir haben auch weiße
Märsche für die Toten organisiert! Es war eindrucksvoll. Aber ich hoffe, dass
wir in diesem Bereich nichts mehr zu tun haben werden, und dass wir nicht mehr
Zeugen solcher Massaker an Palästinensern sein werden!
Wir
verkaufen auch Olivenöl aus Palästina und wunderschönes Kunsthandwerk aus
Hebron! Manchmal organisieren wir auch einen Palästinatag oder nehmen an
anderen Festen teil, um die Kultur und die Kunst Palästinas bekannt zu machen.
Es ist ein lebendes Volk, das schafft, lebt und einen unglaublichen Widerstand
leistet!
Abschließend
möchte ich Ihnen dafür danken, dass Sie uns auf Ihrem Blog veröffentlichen. Ich
grüße Sie und Ihre Leser freundschaftlich!
Frau
Perrine Olff-Rastegar, Sprecherin der Vereinigung Collectif Judéo-Arabe et
Citoyen pour la Palestine- Straßburg