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ProMosaik e.V. interviewt Herrn Becker von Aktion Zivilcourage


Liebe Leserinnen und Leser,
wir freuen uns sehr, Ihnen das Interview von ProMosaik e.V. mit Herrn Becker von Aktion Zivilcourage e.V. vorzustellen. Der Verein ist in Sachsen tätig und setzt sich tatkräftig mit seinem jungen Team dafür ein, Zivilcourage und demokratisches Verständnis im Bundesland zu stärken.
Die Fragen, die ich Herrn Becker gestellt haben, beziehen sich auf den Begriff der Zivilcourage, auf die Bedeutung einer Pädagogik der Zivilcourage, einer historisch durchdachten Zivilcourage und auf die Hauptthemen, die für ProMosaik e.V. im Bereich Zivilcourage ausschlaggebend sind. Diese sind Zivilcourage gegen Rechtsradikalismus und Zivilcourage gegen die Diskriminierung religiöser Minderheiten, im Besonderen Antisemitismus und Islamfeindlichkeit.
Wir freuen uns auf Ihr Feedback. Bitte lesen Sie das  Interview und teilen Sie es.
dankend
Dr. phil. Milena Rampoldi
Redaktion von ProMosaik e.V.
 
ProMosaik e.V.: Wofür setzt sich die Aktion Zivilcourage ein?
Roland Becker:
Wir bei der Aktion Zivilcourage e.V. setzen uns für eine
Stärkung der demokratischen Kultur besonders in Sachsen ein. Zivilcourage hängt
dabei eng mit unserem Verständnis eines mündigen Bürgers zusammen. Ein mündiger
Bürger kennt seine Rechte und Pflichten in einer Demokratie. Letztere lebt von
der Vielfalt ihrer Bürger. In einer gesunden Demokratie werden die Meinungen,
die Interessen und die Ziele der Bürger immer vielfältig sein. Dementsprechend
soll ein mündiger Bürger seine Meinung formulieren können und diese auch gegen
Widerstand vertreten. Aber er lässt sich auch reflektieren und überprüft sich
und seine Meinung.
In diesem Sinne wollen wir
aufklären und uns für eine Vielfalt einsetzen, die Menschen nicht ausgrenzt,
sondern einschließt und ein buntes Zusammenleben ohne Diskriminierung von
Minderheiten ermöglicht.
ProMosaik e.V.: Wie können wir unsere Jugend dazu erziehen, Zivilcourage zu erlernen und
praktizieren?
Roland Becker:
Wir als Verein bieten in Schulklassen und für Erwachsene
“Zivilcourage”-Trainings an. Das hat in erster Linie damit zu tun,
Ausgrenzungen von Mitschülern oder Kollegen zu begegnen. Wir proben aber auch
Konfliktefälle, wo sich die Teilnehmer mutig für andere einsetzen lernen und
ihre Meinung formulieren. Oder, wie man klug und besonnen handelt, wenn es zu
Gewalt oder Übergriffen im Alltag kommt (Öffentliche Verkehrsmittel).
Zivilcouragiertes Einmischen kann man üben!
Desweiteren setzen wir auf
politische und historische Bildung von Jugendlichen.



ProMosaik e.V.: Wie setzen Sie politische
und historische Bildung in Bezug zu Zivilcourage?
Roland Becker: 
Regelmäßig organisieren wir
Fahrten zu Gedenkstätten wie Ausschwitz oder Theresienstadt, um Jugendliche an
eindrückliche Orte der NS-Vergangenheit zu bringen. Wir arbeiten auch eng mit
der Gedenkstätte hier in Pirna zusammen und bieten spezielle Führungen für
Jugendliche an. 

ProMosaik e.V.: Was bedeutet für Sie Zivilcourage gegen rechte Gewalt im Besonderen?

Roland Becker:
Rechte Gewalt ist meist realer Ausdruck einer
Gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit im Denken von Extremisten. Couragiertes
handeln heißt hier in Gewaltfällen nicht wegzusehen, sondern bedacht zu
handeln. Hierzu gibt es mehrer Handlungsstrategien die wir mit Teilnehmern
unserer Zivilcourage-Trainings üben. Immer wieder empfehlen wir einen kühlen
Kopf zu bewahren, Täter niemals zu provozieren und immer umstehende Passanten
einzubinden – z.B. durch “FEUER, FEUER” rufe.

ProMosaik e.V.: Wie kann Zivilcourage unsere Gesellschaft von der Diskriminierung
religiöser Minderheiten in Deutschland befreien?
Roland Becker: 
Wie schon erwähnt hat
Zivilcourage unserer Meinung mit einer Mündigkeit des Bürgers zu tun. Wenn ein
Bürger die Vorzüge der Demokratie bezüglich “freier meinungsäußerung,
persönlicher Grund- & Menschenrechte” versteht und als wichtig
erachtet, wird er diese auch anderen Menschen zugestehen wollen. In diesem
Sinne kann sich ein aufgeklärter, mündiger Bürger auch gegen die
Diskriminierung von religiösen Minderheiten wenden, wenn ihm diese im Alltag begegnet.
Dies klingt vielleicht sehr theoretisch, kann aber einen tatsächlichen
Unterschied machen, wenn man bereit ist für seine Überzeugungen einzustehen –
notfalls auch gegen Widerstand!