Umm Al-Hiran: Zionismus pur
von Amira Hass, Haaretz, 30.11.2016, deutsche Übersetzung von Fausto Giudice von Tlaxcala. Das Land, das Israel für die fröhlichen Siedler bestimmt hat, heißt Atir / Umm al-Hiran, und war 60 Jahre lang das Heim der Angehörigen des beduinischen Al-Qi’an-Stammes.
Die Videos, die von der Hiran-Siedlergruppe produziert wurden, zeigen viele fröhliche Juden, wie sie singen und musizieren, Witze erzählen und Spaß haben. Sie werden bald noch fröhlicher sein, wenn sie an den Ort kommen, wo sie einen ständigen Wohnsitz im nordöstlichen Negev haben werden.
Das Land, das der Staat für sie bestimmt hat, heißt Atir/ Um al-Hiran und ist 60 Jahre lang der Wohnort für die Beduinen vom Al-Qian-Stamm gewesen. Mit andern Worten der Wohnort und Spielplatz für jüdische Kinder, der dort gebaut wird und die Gärten, die dort angepflanzt werden, werden über den Ruinen der Wohnsitze von etwa 1000 anderen Bewohnern, die auch Israelische Bürger sind, errichtet ( Einige von ihnen haben sogar beim Militär gedient, wenn sich jemand darum kümmert).
Jetzt können aber jeden Tag die Bulldozer der israelischen Landverwaltung kommen und die Häuser dieser Beduinen zerstören, um Platz für eine blühende Gemeinde fröhlicher jüdischer Bürger zu machen . Das ist Zionismus in einer Nussschale.
Dies ist kein Kriegsakt, nicht einmal ein Akt von rachsüchtiger Leidenschaft: alles wurde ganz ruhig und sorgfältig geplant. Die Regierung von Ariel Sharon entschied, der Nationalrat für Planung und Bau genehmigte und die Berufungsausschüsse lehnten alle eingereichten Einsprüche ab.
Der Plan, das Leben der Beduinen, für die der Negev seit Jahrhunderten Heimat war, zu zerstören, um eine Gruppe Juden, die aus dem ganzen Land kommt, voranzubringen, ist von 6 Richtern aus verschiedenen Gerichten belegt und genehmigt worden: Israel Pablo Akselrad beim Amtsgericht Kiryat Gat; Richter Sarah Dovrat, Rachel Barkai und Ariel Vago vom Landgericht Be’er Sheva und Richter Elyakim Rubinstein und Neal Hendel vom Obersten Gericht (Richterin Daphne Barak-Erez erhob Einwand gegen den Abriss).
Diese Richter wussten, dass der Al-Qiran-Stamm seit 1956 dort lebte, nach dem sie auf Befehl des Militärgouverneurs dorthin gesandt worden waren.
Nach 1948 wurden die wenigen Beduinen, die von Israel nicht nach Gaza oder die Westbank vertrieben wurden, in ein bestimmtes Gebiet der Negev geschickt, das nach und nach reduziert wurde. Der Al-Qian-Stamm wurde gezwungen, das Land zu verlassen, in dem es seit vielen Generationen lebte und auf dem der Kibbutz Shoval gebaut wurde. Nach Jahren des Wanderns und der Vertreibungen, wurde ihnen erlaubt, im Gebiet des Wadi Yatir zu siedeln.
Nichtdestotrotz erkannte der Staat ihr Dorf offiziell nie an. Das sind 60 Jahre ohne Strom, Wasser, Schule und Gesundheits-Dienste. Ja, alle ihre Bauten wurden als „illegal“ definiert. Der junge Staat wollte sie in dem BeduinenStadtteil von Hura umsiedeln. Dies ist eine andere Mini-Lehre in Zionismus: Jüdischen Israelis wird erlaubt, selbst zu entscheiden, wo und wie sie leben wollen. Araber? Sie sollen dankbar sein, dass wir sie nicht vertreiben. Sie werden dort leben, wo und wie wir entscheiden.
Der Richter Akselrad schrieb: “Wir können sagen, dass das persönliches Interesse der Kläger, dass die Dächer über ihren Köpfen zerstört werden, unter diesen Umständen nicht gewichtig ist und auf jeden Fall nicht über öffentliches Interesse herrscht, indem das Bauen auf Staatsland verhindert wird.”
Und die Richter in Be’er Sheva meinten es so: ” Sobald es entschlossen wurde, dass die den Beschwerdeführern gegebene Erlaubnis, das Land zu gebrauchen widerruflich war, hat der Beklagte das Recht, ihre Zwangsräumung vom Land zu fordern. … Der Anspruch, dass der Beklagte ein offenkundiges oder sogar verstecktes Motiv hat, sie vom Land für das Herstellen einer jüdischen Gemeinschaft vor Ort auszutreiben, soll [von einem anderen Gericht] erörtert werden.”
Und die Richter in Be’er Sheva meinten es so: ” Sobald es entschlossen wurde, dass die den Beschwerdeführern gegebene Erlaubnis, das Land zu gebrauchen widerruflich war, hat der Beklagte das Recht, ihre Zwangsräumung vom Land zu fordern. … Der Anspruch, dass der Beklagte ein offenkundiges oder sogar verstecktes Motiv hat, sie vom Land für das Herstellen einer jüdischen Gemeinschaft vor Ort auszutreiben, soll [von einem anderen Gericht] erörtert werden.”
Und was sagten die beiden Richter des anderen, Obersten Gerichts? Sie versteckten sich hinter einer verfahrensrechtlichen Erklärung : die Bewohner wären mit der Einreichung ihrer Beschwerde gegen die Zerstörung ihrer Häuser und ihres Lebens zu spät gewesen.
Die Mehrheitsentscheidung von Rubinstein und Hendel, die den Abriss des Dorfes genehmigte, wurde im Mai 2015 überliefert. Die Kinder und Erwachsene in Umm al-Hiran wissen jetzt, dass die Bulldozer und jüdischen Beamte mit behördlichen Anordnungen jederzeit erscheinen können, um sie rauszuwerfen.