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Spottübung der NATO im von der Covid-19-Epidemie heimgesuchten Mittelmeerraum

von Antonio Mazzeo, Antonio Mazzeo Blog, 03. April 2020. Deutsche Übersetzung von Milena Rampoldi, ProMosaik. Die Luft- und Seekriegsspiele der NATO im östlichen Mittelmeerraum machen keinesfalls vor der Covid-19-Pandemie Halt. Am 1. April startete eine Übung mit Landeinheiten, U-Booten, Hubschraubern, Patrouillenflugzeugen und unbemannten Flugzeugen aus Italien, Griechenland und der Türkei im Rahmen der NATO-Operation Sea Guardian 2020.

Der spanische Kommandeur Francisco Javier Vázquez Sanz wird vom italienischen Admiral Alberto Maffeis an Bord des Schiffes San Giusto begrüßt
„Die Streitkräfte werden Patrouillentätigkeiten mit dem Ziel durchführen, um verdächtige Schiffe zu ermitteln, die in terroristische Akte verwickelt oder am Menschenhandel mit Migranten beteiligt sind“, erklärt das NATO-Generalkommando der Seestreitkräfte (MARCOM) in Northwood, Großbritannien. „Die Operationen wurden unter dem Kommando der Anti-U-Boot-Korvette Tcg Büyükada der türkischen Marine mit Schießereien und dem Einsatz von Drohnen sowie Luft- und Marinehubschraubern eingeleitet und werden bis zum 8. April fortgesetzt. Auch die Spezialeinheiten der türkischen Marine nehmen am Einsatz teil und operieren auf Schnellbooten, die eingesetzt werden, um aufs verdächtige Schiff zu gelangen. An der Operation nimmt auch eine Hubschraubertruppe teil, die von Land aus und an Bord eines türkischen Schiffs agiert.“
Die Möglichkeiten einer Ansteckung mit Coronaviren scheinen das Kommando der Streitkräfte nicht zu beunruhigen. „Vor dem Start von Sea Guardian am 19. März haben die Mitarbeiter der Task Group und die Besatzungen der Marineeinheiten alle erforderlichen Vorkehrungen getroffen, um die Bedrohung durch das Covid-19-Virus zu vermeiden“, erklärte Kapitän Richard Platel, Chef des NATO Maritime Command. „Der See- oder Landeinsatz unter Wahrung von Gesundheit und Sicherheit hat für das NATO-Personal höchste Priorität. Als Reaktion auf diese Pandemie befolgen die NATO und die Seestreitkräfte der Verbündeten etablierte medizinische Protokolle und folgen den Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation. Seit Beginn der Epidemie wurden umfassende Maßnahmen ergriffen, um die Ausbreitung des Virus einzudämmen und das Risiko für das im Bündnis tätige Militär und die Zivilbevölkerung sowie für die Gemeinschaften, zu denen diese gehören, auf ein Mindestmaß zu reduzieren. Die Fähigkeit zur Durchführung von Operationen wurde jedoch keinesfalls beeinträchtigt: Unsere Streitkräfte bleiben einsatzbereit und unsere Arbeit wird fortgesetzt.“
Die Operation der Luft- und Seestreitkräfte Sea Guardian ersetzte die “Anti-Terror-Mission” von Active Endeavour nach dem NATO-Gipfel vom Juli 2016 in Warschau. Sie verfolgt das Ziel, „im Mittelmeerraum eine Notfallkapazität aufrechtzuerhalten, um den Terrorismus aufzuhalten und die Fähigkeiten der Verbündeten in ihrem Kampf gegen die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen zu stärken und kritische Infrastrukturen zu schützen“. Sea Guardian kooperiert auch mit der Europäischen Union bei der Bekämpfung von Migrationsströmen und stellt militärische Ressourcen und Informationen für die Operation „Sophia“ bereit, die ab dem 1. April in „Ireni“ [„Frieden“] umgetauft und ganz zufällig ins Östliche Mittelmeer und in die Ägäis umgeleitet wird.
 Eine kleine Anti-Terrorismus-Übung

Eine weitere Bestätigung des Zynismus und der offensichtlichen Verantwortungslosigkeit der NATO, wenn es um den Notstand des Covid-19 geht, erfuhr man im Rahmen des Gipfeltreffens der NATO-Außenminister, das am 2. April per Videokonferenz abgehalten wurde. „Wir befinden uns in einer globalen Gesundheitskrise, und die NATO leistet ihren Beitrag zu diesem gemeinsamen Kampf gegen einen unsichtbaren Feind”, so Generalsekretär Jens Stoltenberg am Abschluss des Gipfels. In Wahrheit bestand die bisher größte Anstrengung der NATO in der Aktivierung einer Luftbrücke für den Transport medizinischer Geräte (die qualitativ und quantitativ vollkommen unbedeutend ist). Die Organisation derselben erfolgte über das europäische NATO-Koordinierungszentrum für Katastrophenhilfe in Tschechien in Richtung Italien und Spanien. Andere „sofortige Interventionen“ wurden von der türkischen und deutschen Luftwaffe zugunsten Italiens und Frankreichs durchgeführt. Andere stammten von der US-Luftwaffe einiger europäischer Stützpunkte. „Es werden weitere Maßnahmen folgen, welche die NATO und ihre Verbündeten gemeinsam gegen das Virus ergreifen werden“, dies das Versprechen von NATO-Sekretär Stoltenberg. „Die NATO-Außenminister sind der Auffassung, dass mehr getan werden kann, insbesondere im Hinblick auf den Einsatz der Fähigkeiten und Strukturen der Verbündeten zwecks Unterstützung der nationalen Bemühungen. Die Fähigkeit der NATO auf dem Gebiet der Durchführung militärischer Operationen wurde aber keineswegs von der Pandemie beeinträchtigt. NATO-Oberbefehlshaber in Europa, General Tod D. Wolters, wird uns hierzu über die militärische Bereitschaft auf dem Laufenden halten.“
Das Wichtigste bleibt die Kriegseffizienz, daher ja ohne jegliche Bedenken die Bomben von Sea Guardian am selben Tag, an dem eine andere NATO-Notfallflotte (SNMG2) eine weitere Übung der Luft- und Seestreitkräfte, Lead Through, abschloss. „Die Standing Maritime Group 2 ist derzeit im Schwarzen Meer im Einsatz und setzt sich aus fünf Einheiten zusammen: ITS Fasan (Italien), HMCS Fredericton (Kanada), TCG Salihreis (Türkei), ROS Regina Maria (Rumänien) und BGS Verni (Bulgarien)“, erklärt Konteradmiral Paolo Fantoni von der italienischen Marine. „Die SNMG2 befindet sich mit den anderen ständigen NATO-Streitkräften im Einsatz und führt mehrere komplexe multinationale Übungen durch, um ein Höchstmaß an Kampfbereitschaft und -kompetenz aufrechtzuerhalten. Während der Operation Lead Through schlossen sich den fünf SNMG2-Einheiten das Minensuchboot Lupu Dinescu und die Korvette Ros Zborul der rumänischen Marine an, um eine Übung im Schwarzen Meer zu leiten. In diesem Rahmen wurden ein Bedrohungsszenario des Luftraums und das Vorhandensein von Minen im Wasser simuliert. Zwei Mig-21 der rumänischen Luftwaffe simulierten auch verschiedene Luftangriffe gegen Schiffe.“
„Die heutige Übung hat uns eine unschätzbare und fördernde Gelegenheit geboten“, fügte Paolo Fantoni hinzu. „Man muss jede Gelegenheit wie diese nutzen. Dies hat uns in der Lage versetzt, die operativen Fähigkeiten aufrechtzuerhalten und zu stärken und uns schnell in Aufstellungen einzugliedern, die nicht nur die Seestreitmacht umfassen.“ Während die teuren Kriegsspiele fortgesetzt werden, sind Millionen von Bürgern dazu verdammt, sich in der vollkommenen Einsamkeit gegen die verheerenden gesundheitlichen und sozioökonomischen Auswirkungen der Pandemie zu verteidigen.