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Frauenschutzzentrum für Landarbeiterinnen in Argentinien gegründet

Von Christian Dürr, Amerika 21, 3. Februar 2021. Zentrum wird autonom geführt und ausschließlich
aus Mitteln der Gewerkschaft finanziert. Häusliche Gewalt während
Corona-Pandemie verschärft. 
UTT-Frauen hat eine Zuflucht für
Landarbeiterinnen geschaffen, die von häuslicher Gewalt betroffen sind. Quelle: Sergio Goya.

Foto: Juan Pablo Barrientos

La Plata. In Lisandro Olmos nahe der
Provinzhauptstadt La Plata ist das erste Schutzzentrum für von häuslicher
Gewalt betroffene Landarbeiterinnen eröffnet worden. Initiatorin und
Trägerorganisation ist die Landarbeiter:innengewerkschaft UTT, die in 15 von
insgesamt 23 argentinischen Provinzen aktiv ist. Das Zentrum wird autonom
geführt und ausschließlich aus Eigenmitteln der Gewerkschaft finanziert. Es
soll als Modelleinrichtung fungieren, welche in der Folge auch in anderen
Provinzen umgesetzt werden soll.

Anlass für das Projekt war die Ermordung der 25-jährigen
Landarbeiterin Lucía Correa, selbst Mitglied in der UTT, durch ihren
Lebensgefährten im August des Vorjahres. Der Fall führte zu Debatten über die
mangelnde Schutzfunktion des Staates bei Gewalt an Frauen, insbesondere im
ländlichen Raum. Laut Julieta Arévalo von der UTT verschärfte sich zuletzt das
Problem häuslicher Gewalt während der Corona-Pandemie massiv. In Kleinstädten
und auf dem Land blieben bei einer Anzeige aufgrund männlicher Seilschaften und
Vetternwirtschaft die weiteren Untersuchungen oft ergebnislos. Die Betroffenen
seien gezwungen, nach La Plata zu fahren und sich an die Beauftragte für Frauen
und Familien der Polizei zu wenden, wo oft kein Personal eingesetzt sei. Daher
fordern sie den Sicherheitsminister Sergio Berni auf, das Gesetz zum integralen
Schutz der Frauen durchzusetzen.

María Carolina Rodríguez, Genderbeauftragte der
Landarbeiter:innengewerkschaft und Leiterin des neuen Frauenschutzzentrums,
skizziert die Probleme, mit denen die betroffenen Frauen zu kämpfen haben:
“Eine Anzeige zu erstatten, ist eine große Hürde, und oft sind die nächsten
Polizeireviere weit entfernt. Wenn eine Genossin nicht weiß, wohin sie mit
ihren Kindern soll, öffnen sich ihr die Türen des Zentrums.” Dieses wird
nicht nur als Zufluchtsort dienen, sondern es werden dort auch rechtliche
Beratung und berufliche Weiterbildung angeboten. So soll es etwa Kurse geben,
in denen die Frauen die Herstellung von Süßigkeiten und Konserven oder das
Ziehen von Heilpflanzen erlernen können. Die Produkte werden dann in den
gewerkschaftseigenen Läden vertrieben. Ein Teil der Einnahmen fließt wiederum
an das Schutzzentrum zurück.

Die UTT betont zudem die Bedeutung des Zugangs zu eigenem Land und
einer gerechteren Verteilung.

Im Oktober vergangenen Jahres brachte sie im Nationalkongress zum
bereits dritten Mal einen entsprechenden Gesetzesantrag ein. Dieser schlägt ein
staatlich gestütztes System für einen erleichterten Zugang zu Krediten für die
landlose Bevölkerung vor. Damit soll auch eine ökologisch, sozial und
wirtschaftlich nachhaltige Entwicklung des ländlichen Raums gefördert werden.
Mit einer Gesamtkreditsumme von 110 Millionen US-Dollar, so die UTT, könnten
rund 2.000 Familien in den Besitz von je einem Hektar Land samt
Produktionsinfrastruktur und Wohnraum kommen.

Wirtschaftliche Unabhängigkeit sei der Schlüssel, um der
Gewaltspirale entkommen zu können. Auch deshalb kämpfe die Gewerkschaft für das
Gesetz. “Für Frauen ist es noch schwieriger, Zugang zu Land zu bekommen,
weil diese Geschäfte meist von Männern gemacht werden”, erklärt Julie

Die UTT geht davon aus, dass mit einem erleichterten Zugang für
Landarbeiter:innen zu eigenem Grund und Boden viele Probleme der industriellen
Landwirtschaft gelöst würden, darunter die Hyperkonzentration, die Spekulation
mit Lebensmittelpreisen, die Umweltverschmutzung und informelle oder feudale Arbeitsverhältnisse.

Laut Daten der Gewerkschaft befinden sich
lediglich 13 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche in Händen kleiner
Produzenten. Diese sind jedoch für die Herstellung von 60 Prozent der
Lebensmittel verantwortlich, die am argentinischen Binnenmarkt zirkulieren.
Dagegen kontrolliert ein Prozent der landwirtschaftlichen Unternehmen 36
Prozent der zur Verfügung stehenden Nutzfläche.