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Bill Gates: Weltherrschaft und Verschwörungstheorie

Von Oskar Lafontaine, Tlaxcala,
15. Mai 2020. Zurecht wird auf vielen Demonstrationen der Einfluss des
„Wohltäters“ Bill Gates auf die WHO und die Erforschung und Vermarktung neuer
Impfstoffe kritisiert. Wenn aber gleichzeitig krude Verschwörungstheorien in
die Welt gesetzt werden, nach denen Bill Gates die Menschheit ausrotten
(„Bevölkerungsreduktion“) will, dann schadet das der notwendigen Diskussion
darüber, dass in der heutigen Zeit die Demokratien zerstört werden und die Welt
von einer korrupten Oligarchie beherrscht wird.


Jeff Bezos Bill Gates Susanne Klatten
Liz Mohn Mark Zuckerberg Friede Springer

Dass Geld die Welt regiert, wussten schon
unsere Vorfahren. Und wenn 26 Milliardäre soviel besitzen wie die Hälfte der
Weltbevölkerung, dann ist doch der Beweis erbracht, dass unser
Wirtschaftssystem pervers ist. Zudem führt es systembedingt zu Krieg und
Umweltzerstörung. Das kann man nicht an Bill Gates (geschätztes Vermögen 98
Milliarden Dollar) und seiner Frau Melinda festmachen. Schon Dwight D.
Eisenhower (US-Präsident von 1953 bis 1961) warnte vor dem „übertriebenen
Einfluss des militärisch-industriellen Komplexes. Es besteht die Gefahr, dass
unkontrollierte Macht desaströse Folgen haben könnte. Wir dürfen nicht
zulassen, dass dieser Komplex unsere Freiheit und Demokratie bedroht.“
Auch heute hat die Rüstungsindustrie
ähnlichen Einfluss auf die Politik wie Bill Gates und die anderen
US-Internet-Milliardäre [Jeff Bezos (Amazon), geschätztes Vermögen 113
Milliarden Dollar; Marc Zuckerberg (Facebook), geschätztes Vermögen 55
Milliarden Dollar; Steve Ballmer (Microsoft), geschätztes Vermögen 53
Milliarden Dollar; Larry Page (Google), geschätztes Vermögen 51 Milliarden Dollar;
Sergey Brin (Google), geschätztes Vermögen 49 Milliarden Dollar]. Dazu kommen
die großen Energiekonzerne, die bekanntlich hinter den Öl- und Gaskriegen der
USA stecken.
Das Ausmaß des zerstörerischen Handelns
der Internetmilliardäre – nicht nur das von Bill Gates – wird heute immer noch
nicht erkannt. Facebook beispielsweise steuert das Verhalten von Millionen
Menschen, macht damit Demokratie mehr und mehr unmöglich und führt zu
verheerenden Veränderungen in unseren Köpfen und damit in unserer Gesellschaft.
Auch der „reichste Mann der Welt“ Jeff Bezos (Amazon) ist nicht nur ein
schweinischer Arbeitgeber (Überwachung der Mitarbeiter, Lohndrückerei, Druck
auf Gewerkschafter), sondern zerstört durch sein zunehmendes
Versandhandels-Monopol die Innenstädte, weil immer mehr Einzelhändler aufgeben
müssen. Und die Zusammenarbeit aller Internetkonzerne mit der NSA führt zur
Überwachung von großen Teilen der Menschheit, zur Enteignung unseres
Privatlebens – in einem Ausmaß, das sich George Orwell nicht hätte träumen lassen.
Aber der Einfluss des Geschwisterpaares
Quandt und Klatten (geschätztes Vermögen 29 Milliarden Dollar) auf die
Einkommens-, Vermögens- und Erbschaftssteuer in Deutschland, und der
Medien-Damen Mohn (Bertelsmann, geschätztes Vermögen 3 Milliarden Dollar) und
Springer (geschätztes Vermögen 4 Milliarden Dollar) auf die öffentliche
Meinungsbildung, darf bei allem berechtigten Zorn auf das Treiben der Bill und
Melinda-Gates-Stiftung nicht aus der Diskussion verschwinden.
Solange die unerträgliche Macht einer
kleinen Minderheit auf die Entwicklung der Weltgemeinschaft nicht gebrochen
wird, werden Hunger, Krankheit, Ausbeutung, Kriege und Umweltzerstörung das
Ergebnis sein. Das wusste schon der alte Marx: „Mit entsprechendem Profit wird
Kapital kühn. Zehn Prozent sicher, und man kann es überall anwenden; 20
Prozent, es wird lebhaft; 50 Prozent, positiv waghalsig; für 100 Prozent
stampft es alle menschlichen Gesetze unter seinen Fuß; 300 Prozent, und es
existiert kein Verbrechen, das es nicht riskiert, selbst auf Gefahr des
Galgens.“

Der
Fraktionsvorsitzende Oskar Lafontaine (Linke) spricht im saarländischen
Landtag. Foto: Oliver Dietze/dpa

Lafontaine kritisiert Lobbyismus und
Bill Gates
Saarbrücken (dpa/lrs) – Der
Fraktionsvorsitzende der Linkspartei im saarländischen Landtag, Oskar
Lafontaine, hat Lobbyismus im Gesundheitswesen scharf kritisiert. Es rufe
“viel Misstrauen” hervor, wenn man höre, dass die
Weltgesundheitsorganisation WHO nur noch zu 20 Prozent staatlich und zu 80
Prozent von Privaten finanziert werde, sagte er am Mittwoch bei einer Debatte
im saarländischen Landtag. Wenn der ehemalige Microsoft-Chef Bill Gates
“große Teile der Aktivitäten der WHO insbesondere auf dem Impfsektor
finanziert”, würden Menschen misstrauisch. “Und sie haben Recht,
misstrauisch zu werden, wenn man weiß, dass dieser Finanzier auch an den Firmen
beteiligt ist, die letztendlich das Geschäft mit den Impfstoffen auch
machen.”

“Das ist der falsche Weg”, sagte Lafontaine. “Wir müssen
den Lobbyismus in der Gesundheitsversorgung zurückdrängen. Das gilt nicht nur
für die WHO, das gilt auch für Deutschland.”
Die Pharmaindustrie dürfe “nicht diktieren, was geforscht wird und wo
geforscht wird”. Lafontaine betonte, nach der Corona-Pandemie müsse der
“Privatisierungswahn der letzten Jahrzehnte” im Krankenhausbereich
wieder korrigiert werden: “Krankenhäuser gehören in öffentliche
Hand.” Lafontaine kritisierte, das Verlangen der Autoindustrie nach einer
Abwrackprämie. Dies mache “die Schamlosigkeit sichtbar, die in unserer
Gesellschaft immer weiter um sich greift”. Die Autokonzerne hätten Milliarden
verdient: “Es ist eine Unverschämtheit, solche Forderungen zu
stellen.” Lafontaine unterstützte in den wesentlichen Punkten der
Bekämpfung der Corona-Pandemie die bisherige Arbeit der Landesregierung.