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Honduras: Präsident Hernández nach US-Anklage gegen Ex-Polizeichef unter Druck

Von Andrea Lammers, Amerika 21, 13. Mai 2020. Bruder des Präsidenten bereits wegen Drogenhandels verurteilt. Ehemaliger Polizeichef in mehrere illegale Aktivitäten verstrickt


Der Präsident von Honduras, Juan Orlando Hernández, steht nach einer
Anklage gegen den ehemaligen Polizeichef immer mehr unter Druck
Tegucigalpa/New
York. 
Eine Anklage der
New Yorker Staatsanwaltschaft gegen den ehemaligen Polizeichef von Honduras,
Juan Carlos “El Tigre” Bonilla Valladares, wegen Verschwörung
zum Drogenhandel, Mord und illegalen Waffenbesitz könnte den honduranischen
Präsidenten, Juan Orlando Hernández, weiter in Bedrängnis bringen. Im Oktober
2019 war bereits sein Bruder, Juan Antonio “Tony” Hernández, von
einem New Yorker Gericht wegen jahrelanger Zusammenarbeit mit Drogenkartellen
verurteilt worden. Auch der Präsident selbst, nach Informationen des
US-Justizministeriums im Prozess “Mitverschwörer 4” 
genannt, habe mehrere Millionen US-Dollar Wahlkampfhilfe
aus dem Drogentransport erhalten. Bonilla hingegen soll seine Position als
hochrangiger Polizeioffizier genutzt haben, um Kokaintransporte durch Honduras
Richtung Norden schützen zu lassen. Zudem sei er laut Staatsanwalt Geoffrey S.
Berman für einen Mord an einem mit den Hernández-Brüder rivalisierenden
Drogenboss verantwortlich. “Tony” Hernández soll ihn damit beauftragt
haben.
Präsident
Hernández hatte 2019 alle Vorwürfe und seine Rolle als Mitverschwörer
bestritten. Mit der Anklage gegen Bonilla zieht die US-Justiz nun die Schlinge
um seinen Hals noch ein wenig enger. Im Gegensatz zu 2019 rechnet jedoch in
Honduras offensichtlich niemand mit einem unmittelbar bevorstehenden Rücktritt
des Präsidenten. Vielmehr werden Szenarien diskutiert, die von Ermittlungen
gegen ihn nach Ende seiner Amtszeit ausgehen. Regulär wäre dies Anfang 2022. Er
könnte sich dann durch einen Sitz im zentralamerikanischem Parlament
Immunität sichern. Es 
gibt aber auch Spekulationen, Hernández wolle
seine vom Militär und den USA gestützte Macht in einer dritten, dann
verfassungswidrigen Amtszeit weiter behaupten.
“El
Tigre” Bonillas Ernennung zum Chef der honduranischen Polizei im Jahr
2012 hatte damals für scharfe Kritik gesorgt, da ihm Beziehungen zu
Todesschwadronen und “soziale Säuberungen” wie außergerichtliche
Hinrichtungen von Bandenmitgliedern 
vorgeworfen wurden. Ein interner Bericht der damaligen
Polizeikommissarin, Maria Luisa Borjas, hatte mehrere solcher Fälle ans Licht
gebracht und war damals auch von der Nachrichtenagentur AP 
aufgegriffen worden. Dies hatte eine Kontroverse über die
Verwendung von US-Staatsgeldern für den honduranischen Sicherheitsapparat ausgelöst.
Bonilla
musste 2013 seinen Posten aufgeben, da er nach dem Auftragsmord an einem
rivalisierenden Drogenboss nicht mehr zu halten war. Er wurde anschließend in
diplomatischer Mission nach Kolumbien 
entsandt, wo er die dortigen Drogengeschäfte von
“Tony” Hérnandez tatkräftig unterstützt haben soll. 2016 legte ihm
der bis heute amtierende Sicherheitsminister, General Pacheco, nahe, in den
Ruhestand zu gehen. Dem Minister werden ebenfalls Verbindungen zu
Drogenkartellen 
nachgesagt.
Bonilla bestritt nun in einem fast einstündigen
Telefongespräch mit einem lokalen Fernsehsender sämtliche Punkte der New Yorker
Anklage. Er betonte mehrfach seine jahrelang guten Beziehungen zur
US-amerikanischen Drug Enforcement Administration (DEA). Auf Nachfragen
antwortete er, da er sich nichts vorzuwerfen habe, könne er sich “wo auch
immer” furchtlos der Justiz stellen. Seither rätseln die
honduranischen Medien über seinen Aufenthaltsort.
In Tegucigalpa kündigte die Staatsanwaltschaft indes ein Verfahren gegen
Bonilla wegen Geldwäsche an. Dies könnte möglicherweise eine Auslieferung in
die USA verhindern. Ex-Kommissarin Borjas riet Bonilla, sich dennoch den
US-Behörden zu stellen, um die Gefahr für sein Leben zu minimieren, die ihm in
Honduras – auch im Gefängnis – 
drohe.