General

Gefängnisrevolten und Ausbrüche in Lateinamerika

von Ani
Dießelmann
, Amerika
21
, 31. März 2020.
Mit Plakaten machen Kampagnen
auf die umnenschlichen Bedingungen aufmerksam
Quelle: puro veneno

Santiago/Bogotá/Mexiko-Stadt/Brasília. Die Corona-Pandemie führt in den Gefängnissen
verschiedener Länder Lateinamerikas zu Aufständen und Fluchtversuchen. In kaum
einer Haftanstalt gibt es ausreichend Maßnahmen zum Schutz der Inhaftierten.
Die Überbelegung liegt bei bis zu 500 Prozent, was ein
“Abstandhalten” zwischen den Gefangenen unmöglich macht.
Am 28. März wurde im chilenischen Gefängnis Puente
Alto der erste Fall von Corona bei einem Häftling bestätigt. Dies löste am Tag
darauf einen Aufruhr aus. Im Gefängnis in der Hauptstadt Santiago wurden dabei
26 Inhaftierte schwer verletzt. Der Gefängnisdirektor José Provoste gab
bekannt: “Der positive Test führte zu dem Chaos, aus dem allerdings keine
ernsthafte Meuterei entstehen konnte. Wir haben die Feuerwehr eingesetzt, als
die Gefangen versuchten Feuer zu legen”. Der Aufstand wurde schließlich
unter Einsatz von Tränengas beendet.
Nur eine Woche zuvor, in der Nacht vom 21. auf den 22.
März, kam es im Gefängnis Modelo in Bogotá in Kolumbien zu gewaltvollen
Auseinandersetzungen zwischen Gefangenen und der Gefängnisaufsicht (INPEC)
sowie Militär und Polizei. Dabei kamen 23 Gefangene ums Leben.





Der Tod von 23 Insassen eines
Gefängnisses in Bogotá wird als Massaker beschrieben


Quelle: puro veneno
Die Regierung behauptete, dass es sich um einen
koordinierten Fluchtversuch der ELN-Guerilla aus dem Gefängnis gehandelt habe.
Die landesweite Gefängnisbewegung hatte für diesen Tag zu einem Protest in 14
Gefängnissen parallel aufgerufen.
Auch in Mexiko gab es am 20. März Zusammenstöße, die
drei Inhaftierten das Leben kosteten. In der Justizvollzugsanstalt Atlacholoaya
im südmexikanischen Bundesstaat Morelos griffen Häftlinge das
Sicherheitspersonal mit Schusswaffen und Messern an. Sie nahmen Angestellte als
Geiseln, um ihre Flucht zu erzwingen, zehn von ihnen wurden dabei verletzt.
Einigen Inhaftierten gelang die Flucht, ein weiterer Häftling starb kurz darauf
in einem Krankenhaus an einer Schussverletzung.
In Brasilien sind bereits am
16. März mehr als 1.300 Gefangene aus Haftanstalten geflohen. Darunter waren
rund 900 Inhaftierte aus Mirandópolis, die im offenen Vollzug waren und die
Maßnahmen gegen mögliche Corona-Infektionen zum Anlass der Flucht nahmen. Zuvor
hatten sie die restriktiven Maßnahmen kritisiert: Besuche wurden verboten,
jedoch keinerlei Sicherheitsmaßnahmen für die Häftlinge eingeführt. Diese
allerdings verlassen die Zellen, um außerhalb zu arbeiten, und können das Virus
so in das Gefängnis tragen. Weitere 400 Inhaftierte flohen laut offiziellen
Quellen aus Mongaguá und rund 30 aus dem Gefängnis Taubaté.