General

Das Recht auf Heimat

Von
Evelyn Hecht-Galinski, Sicht vom Hochblauen,
28.
Februar 2018
Als
Kanzlerin Merkel, ganz die Alte, auf dem heutigen CDU-Parteitag in Berlin die
Weichen stellte für die „christliche Menschenwürde“, da war die Verlogenheit
dieser Aussagen so eklatant, dass man sich nur noch angeekelt abwenden konnte.
Dann warnte auch noch die Kulturstaatsministerin Monika Grütters vor einer
„Entchristlichung“ der Gesellschaft, die sich nicht zu ihrer christlichen
Identität bekennt. Als sie auch noch auf die vom „Christentum geprägte
Geschichte“ verwies, zu deren Werten sich alle Christen, auch Politiker,
öffentlich bekennen sollten, dann kann ich nur sagen, diese
Kulturstaatsministerin sollte umgehend zurücktreten, weil sie nichts von Kultur
versteht, denn die hat absolut nichts mit religiösen Werten zu tun.


Schon
der Beginn mit einem „ökumenischen Gottesdienst“ zeigt doch, dass diese Partei
im Grunde für jeden Bürger, der sich nicht Gott, sondern den demokratischen
„Werten“ verpflichtet fühlt, eigentlich nicht wählbar ist. Mir ist es
schleierhaft, wie nicht-christliche Bürger eine Partei wählen können, die sich
„Kreuz schlagend“ vor einem Parteitag auf die „christlichen Werte“ einschwört.
Für mich als „atheistische Laizistin“ schon unerträglich, wie aber muss es erst
Muslimen oder Juden ergehen?
Auch
wenn die CDU das „Christliche“ in ihrem Namen führt, ist es doch nicht die
Aufgabe einer Partei, dieses Christentum in die Politik zu bringen. Mich
erinnert diese Zeremonie sehr an US-Politiker, die diese Art religiöser Motive
schon von Beginn an in die USA brachten.
Obwohl
der Vertreter der Bischofskonferenz in Berlin, Prälat Karl Jüsten, die
richtigen Worte fand, indem er darum warb, die verschiedenen Interessen von
Christen, Muslimen, Juden, Andersgläubigen, Agnostikern und Ungläubigen
zusammenzubringen und als Ziel des Koalitionsvertrags die „unterschiedlichen,
bisweilen widerstrebenden Anforderungen und Interessen auszugleichen“ pries, so
meine ich trotzdem, dass ein Gottesdienst nicht das geeignete Instrument sein
sollte, um Politik auf einem Parteitag zu beginnen.
Wenn
man also den Einsatz für Frieden und Gerechtigkeit auf seine Fahne schreibt,
sollte man nicht Israel-Kritiker, BDS-Unterstützer und Palästina-Aktivisten als
Antisemiten verunglimpfen und ihnen Veranstaltungsräume verweigern. Schließlich
setzen gerade sie sich für Frieden und Gerechtigkeit ein.
Würde
der Palästinenser vergessen?
Wenn
die CDU-Vorsitzende und Kanzlerin Merkel die „christliche“ Menschenwürde als
Fundament und Kompass für die Würde des Menschen in Freiheit und Sicherheit
anspricht, dann vergisst sie dabei allerdings immer wieder – ganz nach ihrem
„christlich-zionistischen “ Weltbild – die Freiheit Palästinas und die Würde
der Palästinenser!
Mit
Phrasen wie „Integrationsverweigerung“, Leitplanken, Regelwerk, vertuscht sie
doch eine völlig gescheiterte Integrationspolitik.
Dann
appellierte noch der Bevollmächtigte des Rates der Evangelischen Kirche in
Deutschland (EKD), Martin Dutzmann, an die große Verantwortung als
Parteimitglied und als „Christenmensch“. Er erinnerte daran, dass es für Juden
und Christen geboten sei, Geflüchteten Schutz zu gewähren. Schöne Worte, aber
so weltfremd! Er sollte sich darüber informieren, wie dieser „Schutz“ für
Geflüchtete gerade momentan im „Jüdischen Staat“ abläuft, wo es massenhafte
Ausweisungen von schwarzen Flüchtlingen geben soll, die nur die Wahl habe
zwischen Ausweisung oder Gefängnis.
Vermisst
habe ich auf diesem „christlichen“ Parteitag die Verurteilung des „Jüdischen
Staates“ für seinen neuen Gesetzentwurf, der die staatliche Enteignung von
Grundstücken der Kirchen ermöglichen soll, sowie die Verhängung von städtischen
Gebühren an die Kirchenverwaltungen, die damit gegen den „Status Quo“
verstoßen, und als eine systematische Kampagne gegen Kirchen und die
christliche Gemeinde im „Heiligen Land“ anzusehen ist.
Wie
Kirchenvertreter in einem Schreiben darlegten, ist dieses Gesetz
„diskriminierend und rassistisch“ und tritt die Beziehungen zwischen den christlichen
Gemeinden und den israelischen Behörden mit Füßen. Aus Protest gegen
diese Willkür wurde die Grabeskirche, die als wichtigste Stätte des
Christentums gilt unbefristet geschlossen. Wo blieb die deutsche „christliche
Solidarität“ mit den Kirchen im „Heiligen Besatzerland“ und warum wurde diese
israelische Provokation auf dem Parteitag nicht thematisiert?
Nach
den rassistischen jüdischen Extremisten-Provokationen auf dem Haram al-Sharif
gegen Muslime und deren Heiligtümer trifft es jetzt die Christen im „Jüdischen
Staat“. Was muss eigentlich noch passieren, bis die deutschen Politiker und
Werteheuchler reagieren und sich zu Sanktionen gegen dieses Besatzer-Regime
aufraffen?
Recht
der Palästinenser auf Rückkehr in ihre Heimat
Das
führt mich nach Palästina, wo die Umsetzung der Resolution 194 der UNO-
Generalversammlung immer noch auf ihre Umsetzung wartet, nämlich das legale
Recht der Palästinenser auf Rückkehr in ihre Heimat Palästina durchzusetzen.
Gerade in diesem Jahr 2018, wo christliche Politiker zusammen mit jüdischen
Funktionären und Vertretern des „Jüdischen Staates“ die Gründung Israels vor 70
Jahren feiern werden, und die ausblenden, dass diese Staatsgründung am 15.Mai
1948 die Nakba, die Katastrophe, und die ethnische Säuberung Palästinas
einleitete.
Ist es
das „christliche Weltbild“ und sind es „christliche Werte“, wenn sich diese
„christlichen“ Politiker ihre Feierlaune nicht verderben lassen wollen wegen
Flucht und Vertreibung von mehr als 900.000 Palästinensern aus ihrer Heimat und
wegen der hunderten von der „israelischen Verteidigungsarmee“ dem Erdboden
gleichgemachten Dörfern?
Damals
wurde ganz nach dem Wunsch der Gründerväter der Grundstein für die Judaisierung
Palästinas geschaffen, einem jüdischen Land mit palästinensischer Minderheit.
Die verbliebenen wurden bis 1966 einer zionistischen Militärregierung
unterstellt, die seit 1967 zu einem in seiner Brutalität einmaliges
Besatzungsregime wurde.
Tatsächlich
wurde der „Jüdische Staat“ nur unter der Voraussetzung in die UNO aufgenommen,
dass die Resolution 194 vom 11.Dezember 1948 umgesetzt wird, und den
palästinensischen Flüchtlingen die Rückkehr in ihre Heimat Palästina gestattet
oder die nicht Rückkehrwilligen für den Verlust ihres Eigentums
entschädigt werden. (1)http://www.freunde-palaestinas.de/al-nakba/172-das-rueckkehrrecht-der-palaestinensischen-fluechtlinge.html
Seitdem
ist der 11. Dezember für Palästinenser ein Tag des Protests. Auf der ganzen
Welt demonstrieren Palästinenser für die Umsetzung ihres Rechts auf Rückkehr in
ihre Heimat und wir alle sollten sie dabei unterstützen.
Wen
wundert es da, dass den Palästinensern dieses Recht von den jüdischen
Besatzer-Regimen verweigert wird, würde die Anerkennung doch die
gesamte historische Aufarbeitung der Nakba-Verbrechen nach sich ziehen,
die längst überfällig ist.
Seit 70
Jahren wird ihnen dieses Recht auch mit Hilfe der „christlich-jüdischen
Wertegemeinschaft“ verweigert. Aber mit dem Schlüssel als Symbol der Rückkehr
in der Hand, geben sie nicht auf, und es ist mehr als selbstverständlich, dass
dieses Rückkehrrecht auch für die Nachfahren der Vertriebenen gilt. Es geht
nicht um den „Wunsch“ der Israel-Lobby, dass die arabischen Staaten die
Flüchtlinge einbürgern sollten, sondern um die sofortige Umsetzung der
UN-Resolution 194 und die Durchsetzung des verbrieften Rechts auf Rückkehr.
Nicht
zu vergessen in diesem Zusammenhang ist die wichtige Tatsache, dass diese
Resolution nur einen Tag nach der „Erklärung der Menschenrechte“ einstimmig(!)
verabschiedet worden war, die ganz eindeutig Artikel 13 bestätigt, dass „jeder
das Recht hat, ein Land zu verlassen, einschließlich sein eigenes, und zu
seinem Land zurückkehren darf“.
Dieses
Recht verhinderten jüdische Regime bis heute, indem sie 1950 in der Knesset
zwei völlig völkerrechtswidrige Gesetze –“Law of Return“ und „Absentee Property
Law“ – verabschiedeten, die allein die „jüdische Rückkehr“ aus aller Welt
garantieren, während sie die „abwesenden“ Palästinenser enteigneten.
Solange
die heuchlerische Staatengemeinschaft nicht endlich dieses Unrecht löst, kann
und wird es keinen Frieden geben.
Tatsächlich
sehen wir heute immer mehr, dass weder die USA noch der „Jüdische Staat“ an
einem Frieden interessiert sind, der den palästinensischen Menschen die
Freiheit bringt.
Nachdem
US-Präsident Trump Jerusalem als Hauptstadt des „Jüdischen Staates“ anerkannt
hat und ankündigte, den Umzug der US-Botschaft von Tel-Aviv nach Jerusalem als
„Geburtstagsgeschenk“ am 14. Mai 2018 vollziehen zu wollen, ist das
Netanjahu-Regime vor Freude nicht mehr zu bändigen. Netanjahu nannte diese
Nachricht „historisch“ für das „jüdische Volk“(!) und kündigte direkt neue –
völkerrechtswidrige – Siedlungen an. So können beide „Staatsmänner“ perfekt von
ihren Schwierigkeiten ablenken.
Ekelhafte
Scheinheiligkeit
Wie
können wir es hinnehmen, dass die westliche Allianz, besonders Deutschland, es
hinnimmt, dass den Palästinensern ihre verbrieften Rechte verweigert werden,
während dem „Jüdischen Staat“ als „Wiedergutmachung“ der deutschen Verbrechen
im Holocaust jedes Recht, besser Unrecht zugestanden wird? Man kann sich nur
mit Abscheu abwenden vor solcher ekelhaften Scheinheiligkeit. Wäre es nicht 73
Jahre nach der Befreiung von Auschwitz endlich an der Zeit, den
Palästinensern als letzte unschuldige Opfer von Hitler ihre Rechte zu gewähren?
Vergessen
wir nie, es gibt keine „jüdische Identität“, es gibt kein „jüdisches Volk“
sondern nur eine jüdische Religion sowie eine israelische Identität, die
allerdings durch die Forderung nach Anerkennung als „Jüdischer Staat“ unbedingt
durchgesetzt werden soll. Damit hat sich der „Jüdische Staat“ endgültig als
„Demokratie“ disqualifiziert!
Durch
die fortgesetzte Unterdrückung und illegale Besatzung Palästinas haben sich die
Nachfahren der Opfer zu Tätern gemacht, denen nur mit Recht auf Widerstand zu
begegnen ist.
Ohne
die machtpolitischen Interessen der USA und der westlichen „Werteallianz“ wäre
diese mörderische Vertreibungs- und Besatzungspolitik nicht möglich. Sie haben
die jüdischen Regime zu Bollwerken gegen die angebliche „islamische Bedrohung“
gemacht, noch grausam verstärkt nach 9/11.
Dieser
Rassismus, der sich gegen Muslime und den Islam richtet, ist inzwischen zu
einem „Anti-Terror-Krieg der Kulturen“ geworden, der kaum mehr zu stoppen ist,
da sich inzwischen so viele Staaten und Bürger von diesem Virus haben
infizieren lassen. Eine mehr als gefährliche Strategie, die uns noch viel Leid
bringen wird.
So
steht uns noch einiges bevor, wenn der „bayerische Albtraum“ Horst Seehofer,
als neuer Superminister für „Inneres, Heimat und Bauen“ übernimmt. Ganz in
miefiger Tradition an das bis 1969 bestehende Bundesministerium für
Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte. Ich erinnere mich noch mit
Grauen, an den damaligen Bund der Heimatvertriebenen, der von Kanzler Adenauer
an der Regierung beteiligt wurde. Es war ein revanchistischer Haufen von ewig
Gestrigen, der die Politik massiv beeinflusste und die Ostverträge bekämpfte,
dafür die Wiederbewaffnung unterstützte, und war schon damals alles ganz im
Sinne der Bayerischen Staatsregierung, die diese Heimatvertrieben-Verbände
immer besonders unterstützte.
„Heimatrecht
als ein Menschenrecht“
Ich
erinnere mich noch sehr gut an ein Interview, das Edmund Stoiber als damaliger
bayerischer Ministerpräsident der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) 2007
gab, indem er „Heimatrecht als ein Menschenrecht“ bezeichnete. Er bezog sich
allerdings als Schirmherr des Sudetendeutschen Tags, auf das „widerfahrene
Unrecht“, dass diesen Heimatvertriebenen in der Tschechischen Republik
widerfahren war. Aus diesem Grund hatte die CSU im Europäischen Parlament der
Aufnahme der Tschechen in die Europäische Union nicht zugestimmt. Wäre es nicht
an der Zeit, dieselben Forderungen an den „Jüdischen Staat“ zu stellen, sich
endlich vorbehaltlos und ideologiefrei mit der eigenen Vergangenheit zu
beschäftigen, da das Recht auf Heimat zur fundamentalen Frage der europäischen
Wertegemeinschaft zu den Menschenrechten gehört. Stoiber ging es damals darum,
dass die Tschechische Republik offen und objektiv an die Vertreibung
herangeht.(2)http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/edmund-stoiber-im-interview-heimatrecht-ist-ein-menschenrecht-1437053/stoiber-die-raketenfrage-ist-1451895.html
Nichts
anderes sind unsere Forderungen an den „Jüdischen Staat“, die endlich auch von
deutschen Politikern gestellt werden sollten!
Wenn
jetzt also ein bayerischer CSU-Minister Seehofer in das neu, geschaffene „Super
Ministerium“ ganz nach US-Vorbild „Heimatschutz“ einziehen wird, dann ist das
ein mehr als bedenkliches Zeichen in Sachen Flüchtlings-und
Integrationspolitik. Wird dann die bayerische „Un-Kultur“ der Bierzelte nach
Berlin kommen, die zwischen Dirndl, Bier, Jodler und die neue „Leitkultur“
vermitteln soll?
So sind
wir wieder beim Recht auf Heimat, dem Recht auf Rückkehr, das die Vereinten
Nationen für die vertriebenen Palästinenser beschlossen haben, aber auf das sie
bis heute warten.