General

Lug und Trump!

Von Evelyn Hecht-Galinski, Sicht vom
Hochblauen
, 18. Januar 2017. 
Wieder einmal wurden wir Zeugen eines altbekannten
Schmierentheaters, das am letzten Wochenende in Paris als groß angekündigte
sogenannte „Nahost-Friedenskonferenz“ aufgeführt wurde.



Über 72 Staatsmänner, Diplomaten und Vertreter von
verschiedenen Organisationen hatten sich zusammengefunden, um über eine
Zwei-Staatenlösung zu debattieren, eine Lösung die schon lange nicht mehr
machbar ist, weil tatsächlich nicht wirklich gewollt, und über einen nicht
existenten Friedensprozess.
Weder der israelische Premier Netanjahu, noch
Palästinenser-Präsident Abbas, oder ein Trump-Vertreter saßen mit am Tisch, so
wurde quasi unter sich diskutiert. Obwohl Präsident Hollande die
Zwei-Staatenlösung als Ziel der internationalen Gemeinschaft pries, stand er
letztlich mit leeren Händen da, und als das Abschlusskommunique nur unter
größten Schwierigkeiten zustande kam, war es kaum das Papier wert, auf das es
geschrieben war. Man war peinlichst darauf bedacht, sich bloß nicht mit der
neuen Trump- Administration anzulegen, und so werden nun die schlimmsten
Befürchtungen wahr! (1)
Und wie es der jahrzehntelange „Brauch“ ist, wurden
wieder einmal die Israelis und die Palästinenser aufgefordert, ihr Engagement
für die „Zwei-Staatenlösung“ zu erneuern und auf einseitige Schritte zu
verzichten, die dem Ergebnis von direkten Verhandlungen vorgreifen würden.
„Einseitige Schritte“ sind die ungebremste
israelische Siedlungsaktivität auf besetztem palästinensischen Land und der
Landraub zum Zwecke der Judaisierung Palästinas. Alle Welt will die
„Zwei-Staatenlösung“, betonte der französische Außenminister Ayrault, und
bekräftigte der deutsche Außenminister Steinmeier, der sogar vor schlimmen
Konsequenzen warnte, und letztlich Israels Sicherheit gefährde! Allerdings
versagt die „Weltgemeinschaft“ bei der Verwirklichung ihres „Willens“, denn
tatsächlich ist es so, dass das ganze Interesse in Wirklichkeit nur dem „Jüdischen
Staat“ und seiner Sicherheit gilt, und in Wirklichkeit nur das Besatzerregime
stärkt, das für jeden erkennbar gar keinen Frieden will, sondern nur das Land
ohne seine palästinensische Bevölkerung.
Auch die ständig wiederholte Ansage, dass nur die
beiden verfeindeten Parteien selbst in Friedensverhandlungen zu einer Einigung
kommen können, ist ein Trugschluss. Schon seit Jahrzehnten wurde verhandelt und
wozu hat das geführt? Zu einem immer stärker werdenden „Jüdischen
Besatzer-Staat“, der sich ausbreitet wie ein Krake. Die Wirtschaftskontakte,
die ausgebaut werden sollen, sprechen zwar immer Palästinenser und Israelis an,
kommen aber letztlich immer nur dem „Jüdischen Staat“ zugute, der immer
mächtiger wird, während die besetzten rechtlosen Palästinenser immer schwächer
werden. Ja, in der Tat, Netanjahu hat recht, wenn er die Konferenz als nutzlos
bezeichnete. Er hatte sogar einen Sieg davon getragen, weil die Pariser
Konferenz keine Plattform für neue UN-Resolutionen sein sollte, eine
Befürchtung, die das Netanjahu Regime schon vor der Konferenz hegte.
Diese Abschlusserklärung war ohne Biss und
Lösungsvorschläge, deshalb gibt es nur eine Lösung: einen umfassenden Boykott
gegen den „Jüdischen Staat“, solange dieser die illegale Besatzung Palästinas
nicht beendet und sich nicht auf die Grenzen von 1967 zurückzieht, und zu einem
Staat mit international anerkannten Grenzen wird und sich nicht mehr gegen das
legale vom Völkerrecht anerkannte Rückkehrrecht der vertriebenen Palästinenser
in ihre Heimat sperrt.
Nichts von dem ist und war zu erwarten, daher
spricht Netanjahu in der Erwartung auf Trump von dem letzten Atemzug der
Konferenz, die er sogar auf eine Stufe mit dem islamistischen Terror stellt und
die dort versammelten Staatsmänner mit deren Motivation vergleicht, denn sie
würden jede Hoffnung auf Frieden zerstören.
Obwohl die gesamte in Paris versammelte
Staatengemeinschaft den Siedlungsbau als Hauptkonfliktpunkt des
israelisch-palästinensischen Konflikts anprangert, verzichten sie nicht auf
Kritik an palästinensischen „Terror“-Attacken. Das ist so verlogen, weil wieder
einmal versucht wird, beide Seiten auf eine Stufe zu stellen und demzufolge
schlicht die Ursache mit der Wirkung verwechselt wird. Die Ursache des
palästinensischen Widerstands ist die illegale Besatzung und Vertreibung, und
die Wirkung ist der legitime Widerstand dagegen. Netanjahu und sein Regime
sehen das natürlich völlig anders, sie diffamieren diesen legitimen Widerstand
gegen den permanenten Siedlungsbau auf ihrem geraubtem Land, die jahrzehntelange
Besatzung, die alltäglichen Repressalien und die Hoffnungslosigkeit als
palästinensischen „Terror“.
Netanjahu, der sich durch Trump, Kushner, Friedman
noch mehr gestärkt sieht, fiebert der Inauguration Trumps am 20.Januar geradezu
entgegen, im Glauben, dass mit der neuen Präsidentschaft eine neue Epoche
beginnt, eine Zeitrechnung der Superlative. Schon hat ein ungeahnter
Siedlungsbauboom, wie er jetzt schon festzustellen ist, den „Jüdischen Staat“
erfasst in Erwartung eines neues Kapitels in der „ewig ungeteilten Hauptstadt
Jerusalem“ nach einem möglichen Umzug der US-Botschaft von Tel Aviv nach
Jerusalem. Trump lud nicht nur Netanjahu persönlich zu dieser Zeremonie ein,
sondern auch noch zwanzig der berüchtigtsten Siedlerführer, was für ein Zeichen
und was für eine Provokation. eingefädelt von den Trump-Flüsterern Kushner und
Friedman, wie man annehmen kann. In seiner Antrittsrede will Trump sich auch
explizit zu Israel äußern, man darf darauf gespannt sein. Aber wir sollten uns
alle fürchten vor dem „Morgen, das anders aussehen wird und sehr nahe ist“, von
dem Netanjahu fabuliert.
Es ist genug verhandelt worden, und wiederum ohne
greifbare Ergebnisse. Die kollektive Verantwortung, von der Ayrault spricht,
und die Israelis und Palästinenser zu Verhandlungen bringen soll, ist nur eine
hilflose Phrase. Schon die Absage Netanjahus im Vorfeld, nach Paris zu kommen
war ja bezeichnend, aber warum wurde es Palästinensern verwehrt, an der
Konferenz teilzunehmen? Weil es die heuchlerische Staatengemeinschaft nicht
schafft, sich endlich dazu zu bekennen, dass es nur ein Palästina gibt, das
endlich zu einem freien unabhängigen Staat werden muss, das ist die kollektive
Verantwortung gegenüber den Palästinensern.
Es ist eben nicht die Zwei-Staatenlösung, die längst
eine überholte Phrase ist. Es ist die seit Jahrzehnten ungebremste Judaisierung
Palästinas, die dank dieser heuchlerischen Staatengemeinschaft ermöglicht
wurde. Rein gar nichts hat man getan gegen das zionistische System von der
jüdischen Staatsräson für Groß-Israel. So leben die besetzten Palästinenser
heute unter der illegalen Besatzung, in einem zersiedelten Gebiet, ohne jede
Chance auf einen lebensfähigen, zusammenhängenden Staat auf ihrem Territorium.
Alles das wurde nie angesprochen, sondern man ließ
die jüdischen Besatzer gewähren. Was nützen schon devote Rügen an der
Siedlungspolitik, wenn im Gegenzug Israel noch mit immer mehr Militärhilfe in
grotesker Höhe belohnt wird, und der „Jüdische Staat“ seine Angriffskriege und
den Gaza-Völkermord immer wieder als „Selbstverteidigung“ hinstellt, so dass
sich westliche Politiker von Merkel bis Obama immer wieder mit dem Judenstaat
solidarisieren. Und was für eine Augenwischerei, immer wieder von „gemäßigten“
Palästinensern zu sprechen, wenn es um den Kollaborateur Abbas geht, während
man die demokratisch gewählte Hamas-Regierung im Gazastreifen als Terroristen
verteufelt. Unter diesen Umständen wird es nie Frieden geben, der
wahrscheinlich auch gar nicht gewollt ist. Der „Jüdische Staat“ ist ja ein
wichtiger Alliierter in der sogenannten Anti-Terror Allianz. Schon eifern
deutsche Minister und Politiker von SPD, Grünen und CDU israelischen Methoden
nach. Da wird ungehemmt von ungebremster Administrativhaft gegen Verdächtige
und „Gefährder“ geredet, ganz wie ihr israelisches Vorbild, wo diese Methode
schon lange gegen unschuldige Palästinenser angewendet wird. Hatten wir das
nicht schon einmal? Seinerzeit nannte man das allerdings Schutzhaft. Schütze
man uns vor diesen Scharfmachern! So kann ich das Wohlwollen, gerade auch
mancher Linker, überhaupt nicht teilen, die Trump immer nur durch die
Putin-Brille beurteilen, obwohl es auch in dieser Richtung nur Widersprüche
gibt. (2)
Trump und Co. werden uns noch das fürchten lehren,
vom beginnenden Handelskrieg, Rassismus, Mauerbau und Israel-Politik und auch
sein „raus aus der Nato“ geht nicht wirklich gegen die Nato, sondern will nur,
dass die Verteidigungskosten von uns auf mindestens 2% des Brutto Inlands
Produkt (BIP) steigen sollen, aber das ist ja auch ganz im Sinne von Merkel,
der gelobten „Anführerin“. (3)
Zwischen Lug und Trump scheint die Welt zwischen
Schock und Euphorie zu schweben.