General

Streit über europäische Flüchtlingspolitik


 Polizisten im Flüchtlingslager in
Idomeni (Griechenland) bewachen einen Grenzzaun © Tim Lüddemann @ flickr.com (CC 2.0), Tim Lüddemann
Von MiGAZIN, 20. Juni 2016.
Vor dem Weltflüchtlingstag am Montag sind die Differenzen über den Kurs in
der europäischen Flüchtlingspolitik deutlich zutage getreten. Während
Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) die Europäische Union auf einem
guten Weg sieht, warnten Hilfsorganisationen vor einer Aushöhlung des
Asylrechts. Der 20. Juni wird auf Initiative der Vereinten Nationen weltweit
als Gedenktag für Flüchtlinge begangen.
Steinmeier sagte dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland“, die inzwischen
getroffenen internationalen Vereinbarungen seien noch längst nicht perfekt.
„Aber wir sind dem Ziel, Europas Außengrenzen wieder unter Kontrolle zu
bringen, ein großes Stück näher“, sagte er. Entscheidend bleibe, sich um die
zentrale Ursache für die Flüchtlingsbewegung in Richtung Europa zu kümmern, die
Kriege im Mittleren Osten und Nordafrika. In Syrien und Libyen müsse einer
politischen Lösung der Weg geebnet werden.
Pro-Asyl-Geschäftsführer Günter Burkhardt indes kritisierte, dass die
deutsche Außen- und Entwicklungspolitik zunehmend in den Dienst der
Flüchtlingsabwehr gestellt werde. Bald werde das Asylrecht „nur noch auf dem
Papier existieren, faktisch für Schutzsuchende aber nicht mehr erreichbar
sein“. Mit dem Abkommen zwischen der EU und der Türkei sei das Recht auf eine
faire Prüfung von Asylanträgen in Europa ausgehebelt worden, kritisierte Pro
Asyl. Die Türkei solle verhindern, dass Schutzsuchende Europa überhaupt
erreichen.
Cornelia Füllkrug-Weitzel, Präsidentin von „Brot für die Welt“ und der
Diakonie Katastrophenhilfe, forderte legale Fluchtwege nach Europa. „Die EU
verschwendet stattdessen sehr viel Geld darauf, Menschen an der Flucht zu
hindern. Das wird aber niemals erfolgreich sein“, sagte die Chefin der
evangelischen Hilfsorganisationen.
Die katholische Deutsche Bischofskonferenz erklärte, solange Krieg und
Gewalt, menschenunwürdige Lebensverhältnisse und eklatante Verstöße gegen die
Menschenrechte in weiten Teilen Afrikas und des Mittleren Ostens auf der
Tagesordnung stünden, sei kein Ende der starken Wanderungsbewegungen in Sicht.
„Europa muss seinen Nachbarregionen eine Entwicklungspartnerschaft anbieten,
die diesen Namen auch verdient“, forderte der Flüchtlingsbeauftragte der
Bischofskonferenz, der Hamburger Erzbischof Stefan Heße.
Die Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, Katrin Göring-Eckardt,
sprach sich für ein Einwanderungsgesetz für Deutschland aus. Damit hätten
sogenannte Wirtschaftsflüchtlinge, etwa aus den Maghreb-Staaten, eine
Alternative zum Asyl, das den meisten von ihnen ohnehin nicht gewährt werde,
sagte sie bei einer Tagung der Evangelischen Akademie Tutzing am Starnberger
See.
Bei derselben Tagung sagte der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer
(CSU): „Es soll sich niemand einbilden, dass wir durch stagnierende
Flüchtlingszahlen die Probleme gelöst haben.“ Er verteidigte die Kontrollen an
den deutschen Grenzen, fügte jedoch hinzu, er wolle diese nicht auf Dauer.
Nach Einschätzung des
CSU-Vorsitzenden müssen die Kontrollen an den EU-Außengrenzen verstärkt werden.
Die Idealkonstellation wäre es, dort den über den Status eines Flüchtlings zu
entscheiden. „Das ist aus meiner Sicht humaner, als sie in ganz Europa
herumzuschicken, aufwendige Verfahren zu machen und sie dann zurückzuschicken“,
sagte Seehofer. (epd/mig)