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IN TIEFER TRAUER – Eine Geschichte aus Afrika (von Rafael Weretycki)


von Rafael Weretycki, 5. Mai 2016. 

Rückblende: Ein Bericht von vor 4 Jahren…

Sicherlich
kann man sich nicht aussuchen wo man lebt und auch wenn sich AIMAL häufiger
vorstellt wie es wohl wäre woanders zu leben so wird sie von ihrem Alltag immer
ganz schnell wieder zurück in die Realität geholt. Aimal ist 10 Jahre alt und
lebt in einem Dorf in Tansania. Sie kann nicht lesen und nicht schreiben.

Sie
besitzt ein Blatt, das sie immer mit sich führt. Auf dem Blatt stehen mehrere
Wörter die sie uns stolz aufsagt. Auf diese Weise stellt sie sich vor sie könne
lesen. Sie würde gerne lesen können. Aber die meiste Zeit muss sie Wasser holen
und sich um ihre Mutter kümmern.

Sie
bricht nach Sonnenaufgang auf, kommt erst nach Sonnenuntergang wieder. Fast 40
Kilometer hat sie dann zurück gelegt. Mit ihrem Bruder auf dem Rücken. Von dem
Schleppen des Eimers und dem Schleppen ihres Bruders ist sie immer sehr
erschöpft und eigentlich will sie das Wasser nicht trinken. ” Es macht uns
krank!” sagt sie.

Sie
hat bereits aufgrund eines Infekts einen Arm verloren. Das hindert sie aber
nicht daran das Wasser weiter zu trinken. Sie muss in die Fußstapfen ihrer
Mutter treten die sehr krank ist und für die es keine Heilung mehr gibt. Würde
sie kein Wasser holen, könnte ihre Familie gar nichts mehr trinken. In ihrem
Eimer ist Flusswasser. Schmutziges Flusswasser. Man sagt sich das Firmen darin
ihren Müll entsorgen und das die Menschen deswegen krank werden. Deswegen sei
ihre Mutter so krank geworden. Und die Regierung unternimmt nichts weil sie
davon profitieren. Auf die Frage wo ihr Vater sei antwortet sie: “Er ist
gestorben!”

Was
ist dein größter Wunsch fragen wir sie. “Ich möchte einmal im Leben
duschen ohne mich mit Sand abreiben zu müssen!” Wir wollen wissen ob sie
sich selbst als arm oder reich sieht. “Arm, reich, so dazwischen!”
sagt sie “Es gibt ärmere und reichere als wir!”

Wenn
du die Möglichkeit hättest der Welt etwas zu sagen was wäre dies? “Ich
wünsche mir das die Reichen uns einen Arzt schicken und das er meine Mama
gesund macht. Meine Mama sagt, ich soll viel beten denn wenn man immer wieder
und fest um etwas bittet dann geschieht es vielleicht. Manchmal bete ich die
ganze Nacht aber es kommt einfach niemand….!”

Tränen
laufen ihr über das Gesicht. Sie versucht zu lächeln aber schafft es nicht.
“Aimal, das bedeutet Hoffnung, weißt du?”

2012
errichtete Afrikabrunnen einen Brunnen für 25.000 Menschen in diesem Dorf. Der
bis heute das Dorf mit Wasser versorgt. Zwei Monate nach dem Interview starb
ihre Mutter. 6 Monate später starb ihr Bruder an den Infektionen.

Heute
ist Aimal gestorben… und mit ihr ein Teil von MIR. Wir kamen zu spät… Es
war zu spät um sie zu retten. Wir haben versagt. Ich habe versagt. Wir hätten
früher anfangen können, härter arbeiten können. Und während ich Zuhause saß und
gegessen habe, hungerte sie und starb.

Man
sagte uns sie war total unterernährt. Die Infektion hat sie regelrecht von
innen aufgefressen. Und wo war ich? Ich saß hier und hab mir den Bauch voll
geschlagen…  Das werde ich mir selbst niemals vergeben. Auch wenn es
nicht in unserer Hand steht über Leben und Tod zu entscheiden… Ich ging davon
aus das es genug ist einen Brunnen zu bauen. Ich hatte sie vergessen. Wenn ich
das gewusst hätte, Gott ist mein Zeuge, hätte ich alles gegeben, um ihr zu
helfen.

Mit
jeder Spende die wir verweigern, mit jeder Stunde die wir schlafen…
Immer wenn wir unsere Augen vor der Wahrheit verschließen… Stirbt irgendwo
auf der Welt eine Aimal.

In
ewiger Erinnerung an ein Symbol der Hoffnung…

AIMAL:
05.05.2016

Anmerkung: Der Vorstandsvorsitzende und Gründer des Vereins
Afrikabrunnen e.v, Rafael Weretycki, ist seit Jahren in Tansania auf der Suche
nach Wasserquellen und baut nachhaltige Brunnen in Afrika. Er hat durch seine
Arbeit schon über 4 Millionen Menschen mit Wasser versorgen können. Tansania
ist groß, größer als man sich vorstellen mag. Es gibt viele Dörfer, Wüste und
unendliche Weiten. Auf der Suche nach Wasser müssen die Menschen oft einen
Tages-Fussmarsch zurücklegen, um einen kleinen Kanister Wasser für sich und die
Familie zu besorgen. Können wir uns das vorstellen? Einen vollen Tag Arbeit,
einen ganzen Tag laufen, für einen Liter Wasser, den wir uns dann auch noch
teilen müssen? Ich glaube viele von uns wären schon lange am Ende. Für die
Menschen in Tansania ist das die Realität. Sie haben gar keine andere Wahl,
keine andere Möglichkeit, um an Wasser zu kommen. Deshalb ist dieses Projekt so
wundervoll. Wer sich ebenfalls für Afrikabrunnen interessiert oder mehr über
die Arbeit der Brunnenbauer erfahren möchte, kann den Verein anschreiben oder
sich direkt an Rafael Weretycki wenden. Der Gründer ist auch jederzeit
bereit, Journalisten oder Pressevertreter mit nach Tansania zu nehmen,
damit vor Ort berichtet werden kann. Haben wir nicht alle das gleiche Ziel?
Gemeinsam für eine faire und bessere Welt.