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Israels nicht erwӓhntes Kriegsverbrechen – Von Martina Lauer


Israel
klagt Hisbollah an, dass die Gruppe ihre Milit
ӓrbasen
in Vorbereitung eines israelischen Angriffs in die Grenzd
ӧrfer im Süden verlegt habe. Nur hat Israel dieses Argument bereits 2006
angewendet, um die Angriffe auf zivile Ziele zu rechtfertigen, berichtet
Jonathan Cook. Die wiederholten israelischen Angriffe auf Konvois in Syrien
sollen u.a. eine Modernisierung des Waffenarsenals von Hisbollah verhindern.
Bisher hatte Israel aus westlicher Sicht auf der Basis des modernsten
Waffenarsenals ein Monopol auf das Recht zur Selbstverteidigung, schreibt er.

Ein moralisches
Dilemma, das ich seit 2006 wiederholt angesprochen habe und mit dem sich
westliche Politiker, Diplomaten und internationale Menschenrechtsorganisationen
absolut nicht befassen wollen, wird hier* in den israelischen Medien aufs
deutlichste offengelegt.
Damals hat Israel
zum ersten Mal seine Dahiya Doktrin angewandt – und Libanon ins Steinzeitalter
zurückversetzt. Israel setzte einen entsetzlichen Angriff in Gang, der Libanons
Infrastruktur zerst
ӧrte,
1300 Libanesen t
ӧtete
–wie immer in Israels Kriegen in der Mehrheit Zivilisten – und mehr als eine
Million Einwohner im Süden des Landes zu Flüchtlingen machte. Diese Übung wurde
seitdem in Gaza regelm
ӓssig
wiederholt.
Letzten Monat hat
die New York Times netterweise eine als Nachrichtenartikel verkleidete
israelische Pressemitteilung ver
ӧffentlicht, nach der die israelische Armee fotografische
Beweise dafür hat, dass Hisbollah ihre Milit
ӓrbasen in die Dӧrfer im ganzen
Südlibanon verlegt hat. Milde ausgedrückt sind die Belege dürftig. Und was noch
mehr verblüfft, die New York Times sagte, dass sie die Information nicht “unabh
ӓngig verifizieren”
konnte, als ob sie keine Reporter im Libanon h
ӓtte, die diese vom Korrespondenten im
fernen Tel Aviv benannten Standorte nicht aufsuchen k
ӧnnten.
Die logische
Schlussfolgerung dieser Geschichte ist klar: Wenn der n
ӓchste Krieg mit
dem Libanon kommt, und die israelische Armee verspricht st
ӓndig, dass er vor
der Tür steht,  dann kann Israel Hisbollah
die Schuld dafür zuschieben, wenn der Angriff zumeist Zivilisten das Leben
kostet.
Wie die
israelische Zeitung Haaretz (vielleicht unabsichtlich) in einer Schlagzeile
verkündete, arbeitet die New York Times für Israels Propaganda: “Israels
Geheimwaffe im Krieg gegen Hisbollah: Die New York Times”.
Obwohl mehrere
Beobachter die Propagandarolle der NYT herausstrichen, stellte niemand die Frage,
wie die zentrale Rechtfertigung der hohen Zahl der Todesopfer unter den
Zivilisten im Libanonkrieg von 2006 damit zu vereinbaren ist, dass Hezbollah
erst jetzt die Basen in diese D
ӧrfer verlegt? Damals brachte Israel das Argument vor –
und es wurde von den Vereinten Nationen und anderen unterstützt- dass die Zahl
der toten Zivilisten eine Folge von Hezbollahs “feigem Untertauchen” in der
zivilen Bev
ӧlkerung
war, als Raketen von bewohnten Gebieten aus abgefeuert wurden – obwohl damals
keine Belege gebracht wurden.
Sehen wir uns an,
was Amos Harel, Kriegsberichterstatter von Haaretz, schreibt:
Die Times
berichtet, dass Hisbollah als Teil der vom Zweiten Libanonkrieg von 2006
gelernten Lektionen seine “Naturreservate” – die milit
ӓrischen
Aussenposten im Süden- vom offenen Feld ins Zentrum der an der Grenze zu Israel
liegenden Shiad
ӧrfer
verlegt hat. Das ist Schnee von gestern.
Jemand muss das
Jan Egeland sagen, der damals Untersekret
ӓr der Vereinten Nationen für humanitӓre Angelegenheiten
war (und sp
ӓter
für Human Rights Watch arbeitete) und den anderen, die seine Anklage gegen
Hisbollah vom “feigen Untertauchen” 
wiederholten.
Ein weiterer und
sogar noch wichtigerer Punkt wurde von den meisten Beobachtern nicht bemerkt,
aber in Harels Bericht für Haaretz herausgestellt. Ein Problem  für die von Israel brutal Angegriffenen war immer,
wie sie reagieren sollen. Oder eher: wie sie innerhalb der Schranken des
internationalen Rechtes reagieren k
ӧnnen. Israel hat zwar am meisten getӧtet; aber
westliche Politiker, Diplomaten und Menschenrechtsgruppen wie Human Rights
Watch und Amnesty International haben sich mehr damit besch
ӓftigt, wie
Hisbollah und Hamas zurückschlagen.
Das Argument im
Rahmen des internationalen Rechtes funktioniert angeblich so: Israel hat das
Recht zur Selbstverteidigung und so lange es mit seinen Pr
ӓzisionswaffen auf
milit
ӓrische
Ziele abzielt und proportional reagiert, hat es das Recht zum Angriff, ob
Zivilisten get
ӧtet
werden oder nicht.
Das Argument hat
eine Kehrseite: Wie schrecklich auch das Leiden der jeweiligen Bev
ӧlkerung unter
diesem Bombenhagel ist, haben Hisbollah und Hamas kein Recht, mit ihren unpr
ӓzisen Waffen zu
reagieren, auch wenn sie auf ein milit
ӓrisches Ziel abzielen, weil sie nicht
sicher sein k
ӧnnen,
dass ihre Raketen keine Zivilisten treffen. Kurz gesagt ist alles, was sie über
die Grenze feuern, ein Kriegsverbrechen.
Wer das in Frage
stellt, kann hier meine
ӧffentliche
Debatte zu diesem Thema mit Sarah Leah von HRW nachlesen.
Wenn es um asymmetrischen
Konfrontationen geht,  ist die
traditionelle Interpretation des internationalen Rechtes dahin manipuliert,
dass die st
ӓrkere,
besser bewaffnete Seite einen Vorteil hat.
Und was hӓlt die israelische
Armee von Hisboallahs Anstrengungen zur Verbesserung der Rakteten, um dieses
Problem im internationalen Recht zu vermeiden? Harel von Haaretz erkl
ӓrt, was die
Kontakte in der Armee ihm gesagt haben:
Israel ist
zutiefst besorgt über Hisbollahs Anstrengungen zur Verbesserung der
Treffgenauigkeit der Raketen. Die Organisation besitzt eine enorme Zahl von
Raketen und Geschossen – nach letzten Sch
ӓtzungen 130 000- aber eine Aufbesserung
der Kapazit
ӓt hӓngt von der
Verbesserung der Genauigkeit der Waffen ab, was Hisbollah erlauben würde,
spezifische Ziele effektiv zu treffen, einschliesslich der Startbahnen von
Milit
ӓrflugplӓtzen und
Kraftwerke.
Anders gesagt ist
Israel “zutiefst besorgt”, dass Hisbollah bald innerhalb der von den offiziellen
Schiedsrichtern wie der Uno und von HRW festgelegten  Bedingungen des internationalen Rechtes
operieren kann.
Auf welche Weise
will Hisbollah ihre Raketen modernisieren? Alliierte wie Iran und Syriens
Bashar Assad haben versucht, besser entwickelte Waffen durch syrisches
Territorium  zu liefern. Wie denkt Israel
darüber? Harel berichtet: “Israel ist emp
ӧrt über den Waffenschmuggel des
Assadregimes in Syrien für Hisbollah.” In der Tat wissen wir, dass Israel “emp
ӧrt” ist, weil es
wiederholt den souver
ӓnen
Luftraum Syriens verletzt hat, um Angriffe in Syrien durchzuführen, die Konvois
aufhalten sollen, die angeblich solche Waffen für Hisbollah transportieren. In
ӓhnlicher Weise
blockiert Israel Gaza, um sicherzustellen, dass solche modernen pr
ӓzisen Waffen nicht
in die H
ӓnde
der Hamas fallen.
Wer hat dann
schuld, wenn Israel den n
ӓchsten
Krieg mit dem Libanon oder Gaza bekommt und Hisbollah und Hamas reagieren mit
ihren ungenauen Raketen? Wenn israelische Zivilisten unter diesen Raketen
sterben, tragen Hisbollah oder Hamas die Verantwortung oder ist es Israels
Schuld? Zweifellos werden wir die Antwort von den Vereinten Nationen, Human Rights
Watch und der New York Times bald h
ӧren.
*www.haaretz.com/news/diplomacy-defense/.premium-1.656516
http://www.ynetnews.com/articles/0,7340,L-4664110,00.html