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Das Interview von ProMosaik e.V. mit Herrn Paolo Conte des „Centro di Formazione Giovanile Madonna di Loreto – Casa della Pace“ (Haus des Friedens in Rom

Guten Abend
aus der Redaktion von ProMosaik e.V.,

Heute möchten wir
Ihnen ein interessantes Projekt von ProMosaik e.V. in Zusammenarbeit mit Herrn
Paolo Conte, der als Animator im „Centro di Formazione Giovanile Madonna di
Loreto – Casa della Pace“ (Haus des Friedens) in Rom tätig ist und bei der
Caritas der Pfarrei von San Carlo da Sezze in der Peripherie der Peripherie,
wie Paolo selbst sein Viertel zwischen Rom und dem Meer nennt, arbeitet. 





Das Projekt nennt
sich „Bauen wir gemeinsam den Frieden auf“. Das Hauptziel betrifft den interreligiösen
und interkulturellen Dialog für den Aufbau einer Welt im Sinne des Friedens und
der Menschenrechte. Wie Sie aus dem Interview entnehmen können, hat uns die
Zielsetzung von Paolo von Anfang an fasziniert, da sie in einem sehr engen
Zusammenhang mit dem sozio-politischen Aktionsprogramm von ProMosaik e.V.
steht.
 

Nun möchten wir gerne Paolo das Wort geben, der uns von den Problemen und
Potenzialitäten seines Viertels erzählt, um einen interreligiösen Dialog mit
dem Islam auf der Grundlage interkultureller und interreligiöser Empathie
aufzubauen.
Dankend
Dr. Phil. Milena
Rampoldi
Redaktion von ProMosaik
e.V.
ProMosaik e.V.:
Paolo, was bedeutet für
dich konkret ein Haus des Friedens in deinem Viertel?
Paolo Conte:
Wir sind bereits ein „Haus
des Friedens“, weil wir alle Menschen und im Besonderen Jugendliche aufnehmen,
da unser Zentrum vor allem ein Jugendzentrum ist, dessen Berufung darin
besteht, sich um die Ausbildung von Jugendlichen von 13 bis 25 Jahren zu
kümmern, indem wir vorab für die humanistische und dann auch für die religiöse
Bildung Sorge tragen. Wir verbergen unsere christliche Identität als Zentrum
der Muttergottes von Loreto nicht, aber wir betreiben auch keinen, auch nicht
indirekten Proselytismus mit den vielen Nicht-Katholiken und Nicht-Christen,
die sich an uns wenden.
Indem wir diesen Raum
schaffen, in dem sich die Jugendlichen und ihre Familien aufgenommen, geschätzt
fühlen und vor allem dazu angespornt werden, sich aktiv an den verschiedenen
Tätigkeiten (z.B. am Freiwilligendienst) zu betätigen, bieten wir allen die
Möglichkeit, diesen Frieden aufzubauen. Frieden bedeutet aber für uns nicht nur
die Abwesenheit von Krieg, sondern ein empathischer Raum voller Zuwendung und Freundlichkeit.
Wir sind nicht daran interessiert, einen Ort zu schaffen, an dem die Menschen
nur das abholen, was sie brauchen (natürlich bieten wir diese Dienste auch an).
Denn unser Hauptziel besteht darin, sie auch zu ihrem interaktiven Beitrag
anzuspornen.


ProMosaik e.V.:
Welche sind die
Hauptprobleme, mit denen die muslimischen Einwanderer in deinem Viertel zu
kämpfen haben?
Paolo Conte:
Sie haben ungefähr
dieselben Probleme wie alle anderen Migranten. In erster Linie würde ich sagen,
dass sie sich schwer tun mit der Job- und Wohnungssuche, mit der negativen
Einstellung der Italiener ihnen gegenüber, mit ihrem fehlenden Vertrauen in die
Italiener, mit den unzureichenden Informationen über ihre Rechte, mit dem
Vorhandensein mafiöser Vereinigungen unter ihren Landsleuten oder in ihrer
ethnischen Gruppe, die sie zur Illegalität führen und in ihnen den Wunsch
wachwerden lassen, sich in ein Getto zu verziehen, mit der fehlenden Hoffnung
in einer immer schwierigeren Lage, als die Situation, die ihnen von den anderen
angepriesen wurden, mit der Schwierigkeit, untereinander zu kommunizieren, sei
es mit den Italienern als auch mit den anderen Migranten. Im besonderen Falle
der Muslime kann es auch sein, dass sie mit Schwierigkeiten zu kämpfen haben, eine
Umgebung zu finden, in der sie ihre Religion leben können und die ihnen dabei
helfen kann, die schwierige Auseinandersetzung mit der Realität zu bewältigen.


ProMosaik e.V.:
Welche sind deiner
Meinung nach die besten Strategien, um das Zusammenleben unter Menschen
verschiedener Religionen zu fördern?
Paolo Conte:
Andere kennenlernen und
Anderen die Möglichkeit bieten, sich selbst kennenzulernen und die Mauern der
Vorurteile zu überwinden, die auf allen Seiten errichtet werden. Leider gibt es
Signale, die gegenteilig ausgelegt werden können. Um dir ein Beispiel aus
meiner Erfahrung zu nennen: Wenn wir Italiener eine liebe Person treffen, die
wir lange nicht mehr gesehen haben, umarmen wir sie ohne Hintergedanken. Ob es
sich nun um einen Mann oder eine Frau handelt, es hat keine beleidigende oder
erotische Bedeutung. Mir ist passiert, eine junge Muslimin zu treffen, die sehr
krank gewesen war. Als ich sie genesen zusammen mit ihrem Mann wiedertraf,
wollte ich sie vor Freude leicht umarmen, aber ich wurde zurückgewiesen, als
hätte ich versucht, sie zu vergewaltigen. Meine absolut spontane und
unschuldige Geste war sehr negativ ausgelegt worden. Sie beichtete mir dann bei
Gelegenheit, dass sie sich sehr darüber gefreut hatte, ihren Mann so
eifersüchtig zu sehen. Daher geht es für mich darum, mit Handlungen
gegenseitiger Zuwendung die kulturellen und sozialen Wunden zu heilen, indem
wir Folgendes klarmachen: Einerseits muss jeder seine eigene Identität wahren,
ohne sie einen Tresor zu sperren, indem er dann eine verborgene fiktive
Realität schafft.  

ProMosaik e.V.:   
Welche Hauptziele
möchtest du mit dem Bildungszentrum erreichen?
Paolo Conte:  
Wir versuchen, die Jugendlichen
auszubilden, indem wir für jeden maßgeschneiderte Methoden nutzen. Dies
bedeutet, dass man für jeden Jugendlichen versucht, einen besonderen und
unwiederholbaren Wachstumsverlauf zu schaffen, weil das wahre Ziel darin
besteht, aus dieser Person einen Mann und eine Frau zu machen, der/die in der
Lage ist, ehrlich zu sagen: „Ich glaube, ich hoffe, ich liebe“. Eine Person,
die in der Lage ist zu entdecken, dass sie glauben, hoffen und lieben kann, ist
eine glückliche Person, unabhängig von der Kultur, aus der sie stammt.

ProMosaik
e.V.:
Was
denkst du über unser multikulturelles Modell des Mosaiks?
Paolo
Conte:
Wir
nutzen das Konzept des Mosaiks bereits und werden es auch in Zukunft tun, weil
es in Verbindung mit dem wenn auch nicht gleichen, aber doch ähnlichen Konzept
unseres Kirchenfensters sehr gut darstellt, was wir gerade machen.
Unsere
unverborgenen Unterschiede, die wir mit Zuwendung und Freundlichkeit mit den
anderen teilen, können uns endlich die Chance geben, von einer grauen und
schwer erkennbaren Realität der Hinterseite des Mosaiks an die Vorderseite
vorzudringen. Wenn wir alle erkennen, dass wir von einem einzigen Gott stammen
(obwohl wir uns manchmal im Detail unterschiedlich an Ihn wenden) und
anerkennen, dass wir alle Seiner Barmherzigkeit bedürfen, können wir endlich
verstehen, was Gott für uns im Hier und Jetzt vorgesehen hat.