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Yvonne Seidler von Hazissa – Eine gewaltfreie Gesellschaft kann nur erreicht werden, wenn wir Gewalt ernst nehmen.


Von
Milena Rampoldi, ProMosaik, 11. Januar 2020. ProMosaik hat vor kurzem das Buch „For a World without Rape“ veröffentlicht, das Gedichte von Frauen enthält, die durch
die Poesie ihre Vergewaltigung im Kindes-, Jugend- oder Erwachsenenalter
aufarbeiten. Die Gedichte sind ein Schrei in einer Welt, in der mitten im
Lockdown die sexualisierte Gewalt gegen Mädchen und Frauen noch zunimmt.
Parallel zur Übersetzung des Buches in verschiedene Sprachen, u.a.
Deutsch
, führen wir Interviews mit Frauenorganisationen, die Opfer
sexualisierter Gewalt und so auch von Vergewaltigung betreuen
Ich
habe mich mit Yvonne Seidler über ihre Initiative Hazissa in Graz unterhalten.

Welche
sind die Hauptziele von Hazissa?

Dass
Kinder, Jugendliche oder erwachsene Menschen weniger oft sexualisierte Gewalt
erleben, bzw. dass sie besser geschützt werden, wenn ihnen Gewalt passiert.

Welche
sind die Hauptaspekte einer Definition von sexualisierter Gewalt?

Sexuelle
oder sexualisierte Gewalt sind alle Handlungen, die Scham- und Körpergrenzen
von anderen Personen missachten, auch Sprache kann grenzverletzend sein.
Wichtig ist, dass diese Handlungen gegen den Willen der betroffenen Person
stattfinden. Oft kann sich die betroffene Person nicht dagegen wehren, weil sie
jünger, schwächer oder abhängig ist. Oft wissen Betroffene auch nicht, dass es
Beratungsstellen gibt, in denen ihnen geholfen wird.

Was
halten Sie von der Poesie als Verarbeitungsmöglichkeit für Betroffene?

Alles
was uns dabei unterstützt, Gefühle auszudrücken, kann helfen, Gewalterfahrungen
zu verarbeiten!

Erzählen
Sie uns von Ihrem EU-Projekt „Love & Respect“?

Dieses
Projekt haben wir mit ProjektpartnerInnen aus 6 weiteren Ländern durchgeführt.
Das Hauptthema war Gewalt in Jugendbeziehungen. Junge Menschen, die erste
Beziehungserfahrungen machen, erleben häufig auch Gewalt in diesen Beziehungen.
Oft wissen sie gar nicht genau, was alles Gewalt sein kann, und dass sie ein
Recht darauf haben, vor Gewalt geschützt zu werden. Auch PädagogInnen, die mit
Jugendlichen oder jungen Erwachsenen arbeiten, sollen mehr Wissen über Gewalt
in Jugendbeziehungen erhalten.

Wie
wichtig ist Prävention und warum?

Prävention
bedeutet, Gewalt vorzubeugen. Das ist deshalb so wichtig, weil immer noch sehr
viel Gewalt passiert. Prävention kann Verschiedenes sein: zum Beispiel
Weiterbildungen für PädagogInnen, oder Workshops für Mädchen oder Burschen.
Sexuelle Bildung und Aufklärung tragen auch zur Prävention bei.

Was
muss sich in Ihrem Land ändern, um eine vergewaltigungsfreie Gesellschaft
anzustreben?

Eine
gewaltfreie Gesellschaft kann nur erreicht werden, wenn wir Gewalt ernst
nehmen. Wir müssen einschreiten, wenn wir glauben, dass Gewalt passiert. In
Schulen, Jugendeinrichtungen, Einrichtungen der Behindertenhilfe sollte es
Angebote zur Prävention geben.  

Was
haben Sie schon erreicht und was wünschen Sie sich für die Zukunft?

Wir
konnten schon  mit vielen Menschen und in vielen Einrichtungen arbeiten,
die sich um Gewaltfreiheit bemühen. Das würden wir gerne weiterhin machen!