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Venezuela feuert mit Verhörprotokollen gegen Regierungen von USA und Kolumbien

Von Marta Andujo, Amerika 21, 14. Mai 2020. Aussagen beleuchten Dienstbarkeit von Söldnern und
Drogenbanden für Ziele der USA.
Enge Mitarbeiter von Guaidó zurückgetreten


Nicht nur der Präsident von Venezuela, Nicolás Maduro, sondern auch der US-Kongress beobachten momentan genau, welche Fakten zu der versuchten Invasion noch auf den Tisch kommen
Caracas. Die venezolanischen Behörden haben
Vernehmungsvideos mit einem Beteiligten an der gescheiterten Söldnerinvasion
vom 3. Mai veröffentlicht, die eine Verbindung der US-Administration mit dem
Unternehmen untermauern sollen. Gleichzeitig 
erneuerte Kommunikationsminister Jorge Rodríguez die
Vorwürfe der Komplizenschaft gegenüber der Regierung von Kolumbien.


Die Aussagen
des in Haft befindlichen Antonio Sequea, den die Ermittler als “operativen
Leiter” der Mission bezeichnen, standen im Mittelpunkt einer weiteren
Pressekonferenz des Ministers. Sequea berichtete in Venehmungen, dass Jordan
Goudreau, der Chef der US-Sicherheitsfirma Silvercorp, Mitte März Kontakt mit
ihm aufgenommen und mitgeteilt hätte, dass er den venezolanischen
Oppositionspolitiker Juan Guaidó im Weißen Haus getroffen habe und als Leiter
der paramilitärischen Operation gegen Venezuela bestätigt worden sei.
Den in
Kolumbien in mehreren paramilitärischen Lagern konzentrierten Personen habe
Goudreau ein Gefühl der Sicherheit und des Schutzes vermittelt, indem er
andeutete, dass der US-Präsident von der geplanten Operation wisse. Der
Silvercorp-Chef habe ihnen “eine Woche im Voraus” den Einsatz der
US-Marine in der Karibik und im Ostpazifik angekündigt, der offiziell den
Drogenschmuggel inmitten der Coronavirus-Pandemie verhindern sollte.
“Alles wurde genau so ausgeführt, wie er es beschrieben hatte. Das gab uns
das Gefühl, dass wir geschützt sind”, führte Sequea aus.
Im Übrigen
habe Goudreau darauf verwiesen, dass die geplante Operation rechtlich
abgesichert sei, da er mit Guaidó einen Vertrag unterzeichnet habe und
letzterer von der Regierung der USA als legitimer Präsident von Venezuela
anerkannt worden ist. Dieser Vertrag war vor Kurzem erst an die Öffentlichkeit
gelangt. Unter anderen die Washington Post hat ihm eine ausführliche Bewertung
gewidmet.
Was eine
Verwicklung Kolumbiens in die Söldneraktion angeht, die die Regierung von Iván
Duque entschieden abgestritten hat, erklärte Venezuelas Kommunikationsminister,
dass seine Behörden alle Daten und Koordinaten der paramilitärischen Lager im
Nachbarland, wo die Operation vorbereitet worden sei, schon frühzeitig an die
dortige weitergaben. Daher sei die bekundete Ahnungslosigkeit unglaubwürdig.
In Kolumbien
finden sich Anhaltpunkte für eine Verwicklung der USA durch Spuren, die zu
deren Antidrogenbehörde DEA führen. Nach den Aussagen des verhafteten Sequea
seien er und seine Männer auf dem Weg von ihren Militärlagern zur venezolanischen
Grenze überrascht gewesen, in der Gegend eine DEA-Basis zu sehen, die nach
ihrem Eindruck über die Bewegungen Bescheid wußte. Bei den Einwohnern bekannte
Drogenbosse schienen in der Region aktiv zu sein.
Mit Verweis
auf diese Schilderung bezichtigte Rodríguez die DEA und die Regierung Duque der
Scheinheiligkeit. Das Land, das das meiste Kokain produziere und das Land, das
am meisten konsumiere, wiesen mit dem Finger auf Venezuela, so der Minister in
Anspielung auf die Beschuldigungen der USA gegenüber Präsidenten Nicolás
Maduro, Drogenhandel zu betreiben. Rodriguez erklärte, dass es für die DEA
gängige Praxis sei, Drogenhändler selbst zu rekrutieren, um sie gegen Venezuela
einzusetzen.
Auch in
Washington artikulieren sich Zweifel, ob die Trump-Regierung nichts über das
Unternehmen gewusst habe. Der Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten des
US-Kongresses hatte das Außenministerium am 5. Mai um “eine sofortige
Unterrichtung” über die Geschehnisse 
gebeten, aber noch keine Erklärungen erhalten. In der
Angelegenheit sind immerhin auch zwei US-Bürger nun wegen Terrorismus
angeklagt.
Außenminister
Mike Pompeo habe lediglich verlauten lassen, dass die USA keine “direkte
Beteiligung” an der Operation hatten. Sie hätten den gescheiterten Versuch
nicht “dirigiert”, “geführt” oder “geleitet”, so
erklärte der Vorsitzende des Ausschusses, der demokratische Abgeordnete Eliot
Engel. Er erwarte stattdessen aber Einzelheiten dazu, was gewesen ist.
Venezuelas
Kommunikationsminister begrüßte, dass der Auswärtige Ausschuss um Aufklärung
der Rolle der Regierung Trump nachgesucht hat. Er schlug zugleich vor, dass das
Gremium auch Iván Simonovis, “Sonderkommissar für Sicherheit und
Geheimdienst von Guaidó”, der sich derzeit in den USA aufhalte, befragen
sollte, ob es stimmt, dass die US-Regierung von den Aktionen gegen Venezuela
wusste.
Indes sind
zwei wichtige Mitarbeiter von Guaidó, Juan José Rendón und Sergio Vergara, von
ihren Funktionen für den selbsternannten Interimspräsidenten 
zurückgetreten. Rendón wurde als “Leiter des strategischen
Komitees der Übergangsregierung von Juan Guaidó” bezeichnet und war wegen
seiner Rolle bei der Ausarbeitung und Unterzeichnung des Vertrags mit dem
US-Militärauftragnehmer Silvercorp, der detaillierte Vorgaben für die gewaltsame
Absetzung der Regierung Maduro enthält, in den Mittelpunkt der Affäre geraten.
Anders als Guaidó gab Rendón zu, den Vertrag unterzeichnet zu haben. Er
lieferte den Medien Erklärungen zur Schadensbegrenzung und versuchte,
angesichts der vielen Widersprüche, in die Guaidó sich verstrickte, eine
Version anzubieten. Rendón erklärte, dass er unterschrieben habe, aber der Plan
wegen seines Misstrauens gegenüber dem Eigentümer von Silvercorp, Goudreau,
nicht ausgeführt wurde. Er war jedoch nicht in der Lage zu erklären, warum auch
die Unterschrift von Guaidó auf dem Vertrag zu sehen ist und warum es eine
Tonaufnahme der Vertragsunterzeichnung gibt, auf der Guaidó und Goudreau zu
hören sind.