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Sepulveda – Opfer des Covid-19, antizipiert eine bessere post-virale Welt

Von Milena Rampoldi, 16. April 2020. Der Autor,
Regisseur und politische Aktivist Luis Sepulveda hat seinen Kampf gegen das
Coronavirus heute verloren und ist im Alter von 70 Jahren in Spanien, wo er
seit einigen Jahren lebte, im Krankenhaus verstorben. Das Schreiben und der
Widerstand gegen Unrecht, Faschismus, Kolonialismus und Umweltzerstörung ziehen
sich wie ein roter Faden durch sein Leben auf zwei Kontinenten und in
zahlreichen Ländern.


Quelle: malsalvaje.com
Sein erstes Werk verfasste er schon als 17-Jähriger in seiner
Heimat Chile. Internationale Berühmtheit erlangte er dann mit seinem Roman „Un
viejo que leía novelas de amor” von 1992, das teilweise autobiografisch
Erfahrungen in der ecuadorianischen Wildnis erzählt. Ein weiteres bekanntes
Werk mit dem Titel „Mundo del fin del mundo” folgte zwei Jahre später und
fokussiert auf den Widerstand gegen den illegalen Walfang durch die japanischen
Unternehmen
.
Sepulveda ist der Autor zahlreicher Romane und 
Kurzgeschichten und auch von Kindergeschichten mit einer Moral für Erwachsene.

Wie er von sich sagte, hatte er immer schon großen Spaß am
Schreiben. Für ihn war das Schreiben immer schon eine Art und Weise, mit der
Welt in Kontakt zu treten und diesen Kontakt aufrechtzuerhalten, somit sein
soziales Projekt für eine bessere Welt.
In Chile studierte er Theaterwissenschaften. 1973 wurde er
nach dem Militärputsch von General Pinochet 1,5 Jahr unter schweren Bedingungen
politisch inhaftiert und kam nur dank Amnesty International unter Hausarrest.

Seine Entscheidung, sich weiterhin Pinochet und seinem
faschistischen Regime zu widersetzen, indem er vor allem kulturellen Widerstand
leistete, kostete ihm eine weitere Verurteilung zu 28 Jahren Haft. Aber Amnesty
International schaffte es, seine Haft in ein achtjähriges Exil in Schweden umzuwandeln.
Hier begann er auch intensiv an seinen Werken zu arbeiten.

Er bereiste ganz Lateinamerika und befasste sich unter anderem
mit den Shuar-Indianern. Im Rahmen einer Initiative der Unesco lebte er sieben
Monate unter ihnen, um die Auswirkungen des Kolonialismus auf sie zu
untersuchen. Er arbeitete auch mit verschiedenen Organisationen zusammen, um
die Alphabetisierung der indigenen Völker Lateinamerikas, unter anderem der
Ibambura-Bauern, voranzutreiben.
1979 gelangte er nach Hamburg und begann seine Zusammenarbeit
mit Greenpeace.

In seinen Werken geht es um soziale und politische Themen, um
Umweltschutz und Humanismus. Er kritisiert sehr stark den Egoismus des
Menschen. Es geht ihm um die Überwindung des Barbarischen im Menschen durch die
Gestaltung einer authentischen gesellschaftlichen Dimension im Sinne der gegenseitigen
Würdigung und der Solidarität.
Bei seiner Rückkehr in die Heimat nach der Diktatur ist er auch
sehr überrascht über die starke Verwurzelung des Rassismus und des
Individualismus im Lande, wie er in einem
Interview
von 2010 mit Casa de America
behauptet. 

Er spricht von einer „Ent“-Hoffnung
nach der großen Hoffnung auf seine Rückkehr in die alte-neue Heimat nach dem
Ende Pinochets. Den Menschen geht es nicht mehr um das Soziale, sondern nur um
die Figur des self-made-man. Die Politik nach der Diktatur braucht eine neue
Carta Magna. Das Land braucht Veränderungen für alle Gesellschaftsschichten.
Man sollte nicht einfach nur zur Wahl gehen, um das kleinste Übel zu wählen.
Denn Politik muss sozial verankert sein und auch tatsächliche Veränderungen in
der Gesamtgesellschaft hervorbringen.

Im Roman „La sombra de lo que fuimos“ von 2009 geht es um
einen Tag vier chilenischer Männer, die an ihre Zeit während der Diktatur
zurückdenken, an die politische Haft und an das Exil, und auch an die Zeit
unter Allende. Zwei Elemente sind für Sepulveda ausschlaggebend, um die
Vergangenheit, auch die eigene, überarbeiten zu können, Liebe und Humor (amor y
humor),
wie er in
einem Interview aus dem Jahre 2009 über das Buch berichtet
. Der
Roman ist wie alle seine Romane auch autobiografisch.
Die Diktatur von General Augusto Pinochet (1973-1990) bedeutete
eine starke politische Zäsur für seine Generation und so auch für ihn. Der
Roman richtet sich an eine Generation, die diese Diktatur nicht erlebt hat. Es
geht um soziale Werte und um den friedlichen Aufbau sozialer Bewegungen, die
sich als demokratisch, umweltfreundlich und antifaschistisch sehen und gerade
auf dieser Grundlage Politik und Gesellschaft neu gestalten.

Es ist nur zur hoffen, dass man sich in der Welt nach dem
Covid-19 am sozialen und antifaschistischen Engagement Sepulvedas und an seinen
Kampf gegen die Zerstörung der Umwelt durch die Barbarei des Menschen erinnern
wird.

Die Utopie einer Welt ohne Umweltzerstörung und gierigen
Egoismus malt uns Sepulveda in seiner Geschichte für Kinder (und vor allem für
Erwachsene) mit dem Titel „Historia de una gaviota y del gato que le enseñó
a volar“
vor. Diese sollten wir
für die Gestaltung unserer Welt nach dem Covid-19 in unsere Agenda aufnehmen.