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Einzelhandel und Transport in Kuba gehen in den “Shutdown”

Von Marcel Kunzmann, amerika21, 13. April
2020.
Supermärkte verkaufen nun nur noch Lebensmittel und
Hygieneartikel. Onlinehandel soll rasch ausgebaut werden. Öffentlicher Nah- und
Fernverkehr eingestellt

Mit äußerster Vorsicht wird weiter in der Lebensmittelverteilung gearbeitet
Havanna. Die Anzahl der Covid-19 Erkrankten auf
Kuba steigt weiter. Die langen Schlangen vor den Geschäften gelten als eines
der Hauptprobleme bei der Verhinderung von Neuinfektionen. Jetzt hat die
Regierung mit neuen Maßnahmen reagiert, die den Einzelhandel und
Transportsektor betreffen. Beide Bereiche haben seit Freitag auf eine Art
Notbetrieb umgestellt, der den Kontakt im öffentlichen Raum drastisch
reduzieren soll.
Bis zum 12. April wurden auf Kuba insgesamt 669 Personen positiv auf das
neuartige Coronavirus getestet, 18 sind an den
Folgen des Virus gestorben, 92 sind genesen. 2.302 Patienten wurden zur
klinischen epidemiologischen Überwachung in Krankenhäuser eingewiesen. Weitere
8.348 Personen werden zu Hause durch Mitarbeiter der medizinischen
Grundversorgung überwacht. Die Anzahl der durchgeführten PCR-Tests konnte seit
einer Woche auf nun durchschnittlich über 1.000 pro Tag gesteigert werden.
Unterdessen beteiligt sich Kuba an der weltweiten Forschung zur Entwicklung
eines Impfstoffs gegen das SARS-CoV-2-Virus. Derzeit würden vier mögliche
Impfstoff-Designs erarbeitet, die “zügig” an Tieren getestet werden
sollen, erklärte der Leiter des
staatlichen Pharmakonzerns Biocubafarma, Eduardo Martínez Díaz.
Der Höhepunkt der Infektionen wird auf der Insel für die erste Maihälfte
erwartet. Während beim mittleren Szenario von 2.000 Fällen ausgegangen wird, sind
es im “worst-case” etwa 4.500. Zugrunde liegt die verschieden
geglückte Umsetzung der bisherigen Maßnahmen samt der unten geschilderten
Erweiterungen über einen Zeitraum von vier Monaten..
Supermärkte verkaufen nun nur noch Lebensmittel und Hygieneprodukte. Läden
mit anderem Sortiment werden auf diese beiden Kategorien umstellen. Um die
Verkäufe zu beschleunigen, werden einzelne Produkte zu Warenkörben
zusammengefasst. Vereinzelt sollen in Havanna neue Verkaufsstellen auf der
Straße und in den Betrieben eingerichtet werden. Die größten Supermärkte der
Stadt sind seit Donnerstag geschlossen. Entsprechende Maßnahmen in anderen
Provinzen werden zur Zeit geprüft.
Gastronomische Einrichtungen dürfen nur noch Essen zum Mitnehmen oder per
Lieferung nach Hause anbieten und müssen um 20 Uhr schließen. Geschäfte, die
bisher rund um die Uhr geöffnet haben, dürfen maximal zwölf Stunden öffnen.
Der Öffentliche Nahverkehr in Kuba wird landesweit eingestellt
Quelle: juventudrebelde
Der Onlinehandel, der die Lager von 13 Läden mit der Plattform TuEnvio
verbindet, soll schnell ausgebaut werden.
Bargeldloses Bezahlen per Smartphone wird mit bis zu zehn Prozent Rabatt
gefördert.
Der Öffentliche Nahverkehr wird landesweit eingestellt. Dies betrifft
sowohl innerstädtische als auch regionale Bus- und Zugverbindungen. Private
Transportdienstleister, deren Lizenz vorübergehend ausgesetzt ist, müssen
während des Shutdowns keine Steuern bezahlen. Viele Arbeiter wurden inzwischen
in die Ferien bzw. – wenn möglich – ins Home-Office geschickt. Wer noch zur
Arbeit muss, wird per Werktransport befördert. Bereits Ende März wurde der
Fernverkehr auf der Insel eingestellt.
Die Behörden versuchen, im Rahmen der Rückverfolgung von Infektionsketten
lokale Hotspots auszumachen und gezielt einzudämmen. Zur Identifizierung der
Risikozonen werden neben demographischen Angaben auch Bewegungsdaten von
Mobiltelefonen ausgewertet. Nachdem zuvor bereits Teile von Havannas Stadtteil
Vedado in “soziale Isolierung” gegangen sind, kam am Mittwoch ein
weiteres Gebiet im Stadtteil Cerro hinzu. Dies bedeutet,
dass der öffentliche Raum nur noch für Einkäufe und den Gang zur Arbeit
betreten werden darf. Entsprechende Zonen dürfen nur noch über ausgewiesene
Ein- und Ausgangsschleusen betreten oder verlassen werden. Es finden verstärkte
Polizeikontrollen statt. Das Gebiet “Naranjal” in der
Provinzhauptstadt Matanzas und die Gemeinde Gibara von Holguín
stehen seit Donnerstag bzw Freitag unter strikter Quarantäne.
Die Bewohner müssen ständig in ihren Wohnungen bleiben und werden über die
staatlichen Massenorganisationen mit Lebensmittelpaketen versorgt.
Die Demonstration zum Internationalen Tag der Arbeit, an der in Havanna
sonst rund 700.000 Menschen teilnehmen, wird dieses Jahr nicht stattfinden.
Stattdessen soll es Online-Kundgebungen und andere Aktionen im Netz geben.