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Anselm Lenz: Im Namen des Virus wird das deutsche Grundgesetz außer Kraft gesetzt Interview zur Kommunikationsstelle Demokratischer Widerstand

von Milena Rampoldi, 5. März 2020, ProMosaik. 


Der deutsche Dramaturg, Schriftsteller und Journalist Anselm Lenz (Jahrg. 1980) ist einer der Initiatoren der Kommunikationsstelle Demokratischer Widerstand, die am 24. März 2020 gegründet wurde und am 28. März ihre erste „Hygienedemo mit Grundgesetz“ organisierte. 
Berlin, am 28. März. Foto Martin Lejeune
Dazu berichtete die Berliner Polizei in ihrem unverwechselbarem Stil, in ihrer Meldung vom 29. März, unter der Rubrik „Verstöße gegen das Infektionsschutzgesetz – Tägliche Bilanz der polizeilichen Kontrollmaßnahmen“, folgendes: „Nach einem Aufruf zu einer „Hygienedemo“ in Berlin konnten gegen 15.30 Uhr am Rosa-Luxemburg-Platz 40 Personen festgestellt werden. Noch bevor die Kundgebung stattfand, wurden durch die Einsatzkräfte Platzverweise ausgesprochen und die Kundgebung untersagt. In diesem Zusammenhang leiteten die Beamtinnen und Beamten 17 Strafermittlungsverfahren u.a. wegen Verstößen gegen das Infektionsschutzgesetzes und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte ein“.   Am 4. April wurde ein zweiter Kundgebungsversuch in Berlin gehalten.
Da wir uns mit den Behauptungen der herrschenden Medien zu dieser Initiative nicht zufrieden geben (Erik Peter hat in der TAZ alle Rekorde gebrochen, indem er sie als „rechte Verschwörungstheoretiker und Erdogan-Freunde“ abgestempelt hat…), haben wir uns persönlich mit einigen Fragen an Herrn Lenz gewendet. Anbei finden Sie seine Antworten.
Die Corona-Krise ist eine Krise von Wirtschaft und Politik. Sie hat das Territorium der Virologie und der Medizin schon lange verlassen. Was halten Sie von dieser These?
Von dieser These halte ich recht viel, denn der Erkenntnisstand gibt keine andere Schlussfolgerung her. Seit Mitte 2019 kündigte sich eine Weltrezession an in einem Ausmaß, das keine einzige Regierung der Nordhalbkugel unbeschadet überstanden hätte. Zum Virus gibt es mindestens zwei, stark voneinander abweichende Meinungen. Zum Zustand des Finanzmarktkapitalismus hingegen nur eine logische Lesart: Der war am Ende. Die Regierungen und große monopolkapitalistische Strukturen und deren Medienhäuser versuchen nun, ihr eigenes Versagen zu überdecken. Das ist ein Emergenzeffekt, eine Kombination aus moralischer Panik, ökonomischer Wirklichkeit und falschen BeraterInnen. Es gab zudem in der Bevölkerung des Westens seit Jahren einen Hang zum Untergang. All dies kommt nun auf schrecklichste Weise zusammen.
Welche Hauptziele verfolgt Ihre junge Initiative?
Wir haben drei Ziele: Die Wiederherstellung einer demokratischen Opposition; die geeinte Verteidigung unserer Verfassung, des Grundgesetzes; und schließlich eine basisdemokratische Aushandlung unserer künftigen Wirtschaftsregeln in Form einer “Verfassung der Ökonomie”.
Wie faschistisch klingen bestimmte Notstandmaßnahmen und woran erkennt man dies?
Wenn die Parlamente gleichgeschaltet werden, wenn die oppositionelle Presse ausgeschaltet wird, wenn republikanische Debatten nicht mehr stattfinden oder verleumdet werden, wenn die Polizei regiert, Versammlungen verboten werden, die Unschuldsvermutung und der Rechtsstaat abgeräumt werden, wenn sämtliche Freiheitsrechte ausgeschaltet werden: Dann sind wir in faschistoiden Verhältnissen. Ganz gleich, ob wir es wirklich mit einem Killer-Virus zu tun hätten. Unsere Regierungen müssen uns fragen, bevor sie so agieren dürften.
Wie sehr sind die Medien an der Erzeugung einer Massenpanik beteiligt?
Die großen Medienhäuser versetzen die Menschen in Todesangst und setzen einen Rahmen, der die Opposition ausschaltet. Es handelt sich fast ausschließlich um Propaganda. Die Herrscher brauchen Zeit, um ihre neue Herrschaftsarithmetik einzustellen. Der alte Weltkapitalismus ist kaputt. Jetzt brauchen die Machthaber Zeit, um sich abzusichern. Denn sie wissen, dass sie nicht ewig in ihren Bunkern ausharren können. Und dass sie uns nicht ewig an der Nase herumführen und zu Tode ängstigen können. Wir müssen nun sehr schnell dazu kommen, uns antifaschistisch zu formieren und uns inhaltlich aufzustellen: Welche Wirtschaftsregeln wollen wir uns geben?
Fehlt es im Westen an einem „politischen” Umgang mit Leben und Tod von Unten?
Es gibt auf jeden Fall einen Hang zur moralischen Panik, wenn es einen selber betreffen könnte. 25.000 Menschen verhungern auf unser aller Erde jeden Tag. 15.000 Kinder sterben jeden Tag, 10.000 davon an Mangelerscheinungen. Diese tägliche Katastrophe hat die Machthaber des Westens nie zu Notstands-Regimes veranlasst. Als im März 2020 ältere Leute in der Industrie- und Bankenmetropole leicht erhöhte Infektraten aufwiesen, drehten sie die Demokratie ab und pervertierten das zivile Leben auf unser aller schönen Planeten Erde.
Wie laufen Ihre Initiativen und wie reagieren die Menschen in Berlin darauf?
Die Initiativen laufen sehr gut. Unser liberaler und antifaschistischer Abwehrkampf wird die erreichten liberalen Fortschritte unter allen Umständen verteidigen. Wir sind, wenn es darauf ankommen sollte, zu allem bereit. Hinter die erreichten Fortschritte seit 1789 wird es nicht zurückgehen. Ein neues Wirtschaftsrecht wird nur mit unserer Beteiligung entstehen können. Wir operieren bundesweit und dezentral. Am gestrigen Samstag haben wir 26 Hygiene-Demonstrationen im ganzen Land verzeichnet. Wir wachsen täglich. In einer Woche werden wir Break Even erreichen. Dann wird die öffentliche Meinung gegen die Regierung kippen. Auch Polizisten, Mediziner, Juristen wechseln mittlerweile in großer Zahl auf unsere Seite.
Wie sehen Sie Ihr Land nach der Corona-Krise?
Ich habe Angst, aber auch große Hoffnungen. Ich möchte, dass wir uns friedlich und basisdemokratisch verständigen auf ein faireres, freieres, sozialeres und ökologischeres Wirtschaftsrecht. Dazu müssen wir zunächst unsere gültige Verfassung unter allen Umständen verteidigen. Für alle Parlamente müssen in der Zukunft Kandidat*innen für imperative Mandate gewählt werden, um die Macht von Lobbys, Oligarchen und korrumpierten Parteien zurückzudrängen.